Berlinale 2020 – Undine, Berlin Alexanderplatz, The Roads not taken

Berlinale 2020 - The roads not taken © Holger Jacobs

Berlinale 2020 – Undine, Berlin Alexanderplatz, The Roads not taken

 

Von Holger Jacobs

27.02.2020

English text below

Drei Filme im Wettbewerb, die nicht unterschiedlicher sein könnten

„UNDINE“ von Christian Petzlod mit Paula Beer und Franz Rogowski

Der Regisseur Christian Petzold ist mittlerweile ein alter Hase auf der Berlinale. Bereits 2007 mit dem Film „Yella“ im Wettbewerb der Berlinale vertreten, bekam er im Jahre 2012 den Silbernen Bären (Beste Regie) für den Film „Barbara“. In beiden Filmen spielte Schauspielerin Nina Hoss (*1975) die Hauptrolle (für ihre Rolle in „Yella“ gab es einen Silbernen Bären als beste Schauspielerin), wie auch in mehreren anderen seiner Produktionen.
Seit letztem Jahr hat Christian Petzold nun eine neue Muse gefunden: Paula Beer (*1995). Mit dem Film „Transit“ war Petzold 2019 im Wettbewerb der Berlinale vertreten, zum ersten Mal mit Paula Beer. Und dieses Jahr „Undine“, wieder mit Paula Beer in der Hauptrolle.

Bei „Undine“ geht es weniger um das alte Märchen einer Meerjungfrau, sondern vielmehr um eine junge Frau zwischen zwei Männern. Gleich die Anfangsszene zeigt Undine (Paula Beer) mit ihrem bisherigen Freund Johannes (Jacob Matschenz), der ihr schonend beizubringen versucht, dass er eine Neue hat. Zunächst droht sie noch ihn umzubringen, doch nur wenige Stunden später lernt sie einen neuen Mann kennen, Christoph (Franz Rogowski), in den sie sich verliebt. Er ist Industrietaucher. Bei einem Tauchgang geschieht ein Unfall und Christoph bleibt minutenlang ohne Sauerstoff. Er kann gerettet werden, liegt aber im Koma, ohne Chance auf Heilung. Undine, die zwischenzeitlich ihr Vorhaben, Johannes umzubringen, in die Tat umgesetzt hat, begeht Selbstmord. Genau in dem Moment, als sie ins Wasser geht wacht Christoph auf wundersame Weise wieder auf. Doch Undine ist für immer verschwunden.

Ein durchaus gut gemachter Film, aber in seiner Geschichte zu schwerfällig. Der Ton ist schlecht (bei den Nebengeräuschen taten mir die Ohren weh) und der Text wenig realistisch. Auch Paula Beer wirkt eher angestrengt, ganz anders als in ihrem wunderbaren Film „Frantz“ von Francois Ozon aus dem Jahr 2016. Deshalb für mich nur eine bedingte Empfehlung.

Christoph (Franz Rogowski) und Undine (Paula Beer), „Undine“ © Piffl-Medien

„BERLIN ALEXANDERPLATZ“ von Burhan Qurbani mit Welket Bungué, Albrecht Schuch und Jella Haase.

Knapp 100 Jahre ist es her, dass Alfred Döblin seinen berühmten Roman „Berlin Alexanderplatz“ schrieb. Und damit eine bestimmte Zeit wie auch ein bestimmtes Milieu in den 20er Jahren von Berlin beschrieb.
Der deutsch-afghanische Regisseur Burhan Qurbani wollte einen Film über Flüchtlinge im Jahre 2020 in Berlin machen und hatte die Idee, dieses Thema mit der Geschichte von Alfred Döblin zu mischen.
Es geht um Francis (Welket Bungué), der aus Westafrika nach Berlin kommt und versucht irgendwie zu überleben. Vor allem möchte er eine Aufenthaltsgenehmigung oder zumindest eine Duldung mit Arbeitserlaubnis. Doch das wollen viele und nur wenige schaffen es. So muss er zum Geld verdienen für einen Hungerlohn schwarz auf Baustellen arbeiten und sich von seinen Chefs anschnauzen lassen.
Eines Tages taucht der Dealer Reinhold (Albrecht Schuch) auf und will neue Drogenverkäufer für den Görlitzer Park anheuern. Doch Francis sagt nein, er will anständig bleiben. Zunächst. Denn nach weiteren Auseinandersetzungen mit seinen Chefs kommt er doch zu Reinhold und wird sogar dessen zweite Hand. Doch damit hat er den Pfad der Unschuld verlassen und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Auch die Bekanntschaft mit Mieze (Jella Haase), kann Franz letztlich nicht mehr retten.
Ein durchaus engagierter Film mit tollen Schauspielern, besonders Albrecht Schuch als Gangster Reinhold (Silberner Bären?). Aber auch hier wird der Film nach einiger Zeit zu schwerfällig und ist mit 3 Stunden deutlich zu lang.

Albrecht Schuch als Reinhold, „Berlin Alexanderplatz“ © eOne Film

„ROADS NOT TAKEN“ von Sally Potter mit Javier Bardem, Salma Hayek und Elle Fanning.

Dieser Film ist für mich nicht nur wegen seiner Starbesetzung, sondern vor allem wegen seiner berührenden Geschichte und einfühlsamer Regie der beste Film auf dieser Berlinale.
Gerade zu den beiden vorgenannten Filmen kann er sich deutlich absetzen in der Leistung der Schauspieler, der Kameraführung, der Handlung, wie auch der realistischen Umsetzung.

Hier unser Video auf kultur24 TV von der Pressekonferenz mit Salma Hayek, Javier Bardem und Elle Fanning:

Der Film „The Roads not Taken“ von Sally Potter erzählt die Geschichte von Leo (Javier Bardem). Er wohnt in einem heruntergekommenen Appartement an einer lauten Hochbahnstrecke in New York. Er leidet an fortgeschrittener Demenz.
Seine Tochter Molly (Elle Fanning) kümmert sich aufopfernd um ihn. Dabei wird in Rückblenden erzählt, wie Leo vor vielen Jahren seine Familie und damit auch seine kleine Tochter verließ, um sich mehr auf das Schreiben zu konzentrieren. Durch Leos Erinnerungen erfährt der Zuschauer, dass der Vater selbst im entfernten Griechenland dennoch immer an seine Tochter dachte, deren Erwachsenwerden er aber nie miterleben konnte. Eine junge Frau, Anni (Milena Tscharntke), die er am Mittelmeer in seinem selbstgewählten Exil trifft, erinnert ihn in Gestalt und Alter an Molly.
Eine weitere wichtige Erinnerung blendet immer wieder auf: Der Verlust seines Sohnes Nestor, den er mit seiner ersten großen Liebe Dolores (Salma Hayek) hatte. Leos Schicksal ist es, das eine Kind ungewollt und das andere Kind bewusst verloren zu haben. Und doch ist es jetzt Tochter Molly, die sich um ihren Vater kümmert, auch wenn sie dabei beruflich zurückstecken muss.
Der Film endet damit, dass sich Leo plötzlich in einem lichten Moment wieder an den Namen seiner Tochter erinnern kann. Beiden laufen die Tränen über die Wangen.
Fazit: Großartig und bewegend!

Leo (Javier Bardem) und Molly (Elle Fanning) „The Roads not taken“ © Universal Pictures

English Text

Berlinale 2020 – Undine, Berlin Alexanderplatz, The Roads not taken
By Holger Jacobs
02/27/2020
Three films in competition that couldn’t be more different

„UNDINE“ by Christian Petzlod with Paula Beer and Franz Rogowski
The director Christian Petzold is now an old friend at the Berlinale. Already represented in 2007 at the Berlinale competition with his film „Yella“, in 2012 he received the Silver Bear (Best Director) for the film „Barbara“. In both films actress Nina Hoss (* 1975) played the main role (for her role in „Yella“ she received a Silver Bear for best actress), as in several other of his productions. Since last year Christian Petzold has found a new muse: Paula Beer (* 1995). Petzold was represented in the Berlinale competition in 2019 with the film „Transit“, for the first time with Paula Beer.
And this year „Undine“, again with Paula Beer in the leading role.
„Undine“ is less about the old fairy tale of a mermaid, but more about a young woman between two men. The opening scene shows Undine (Paula Beer) with her previous friend Johannes (Jacob Matschenz), who gently tries to teach her that he has now a new girlfriend. At first she threatens to kill him, but only a few hours later she meets a new man, Christoph (Franz Rogowski), with whom she falls in love. He is an industrial diver. During a dive, an accident occurs and Christoph remains without oxygen for minutes. He can be saved, but he is in a coma with no chance of healing. Undine, who in the meantime has implemented her plan to kill Johannes, commits suicide. At the very moment when she goes into the water, Christoph miraculously wakes up again. But Undine’s gone forever.
A well-made film, but too cumbersome in its history. The sound is bad (my ears hurt with the background noise) and the text is not realistic. Paula Beer is also rather strained, very different than in her wonderful film „Frantz“ by Francois Ozon from 2016.
Therefore only a minimal recommendation for this movie.

„BERLIN ALEXANDERPLATZ“ by Burhan Qurbani with Welket Bungué, Albrecht Schuch and Jella Haase.
Almost 100 years ago, Alfred Döblin wrote his famous novel „Berlin Alexanderplatz“. And thus described a certain time and a certain milieu of Berlin in the 1920s. The German-Afghan director Burhan Qurbani wanted to make a film about refugees in Berlin in 2020 and had the idea to mix this topic with the story of Alfred Döblin. It’s about Francis (Welket Bungué), who comes to Berlin from West Africa and somehow tries to survive. Above all, he wants a residence permit or at least a toleration with a work permit. But many want that and only a few make it. For example, to earn money, he has to work without permission on construction sites for very little money in bad conditions. One day the dealer Reinhold (Albrecht Schuch) shows up and wants to hire new drug sellers for Görlitzer Park. But Francis says no, he wants to stay decent. First. After further battles with his bosses, he comes to Reinhold and even becomes his assistant. But with that he left the path of innocence and fate takes its course. Franz’s love affaire with Mieze (Jella Haase) can help his situation only for a short time. A very committed film with great actors. Here too, the film becomes too clumsy after a while and, at 3 hours, is clearly too long.
A good attempt, but ultimately not convincing.

„ROADS NOT TAKEN“ by Sally Potter with Javier Bardem, Salma Hayek and Elle Fanning.
For me, this movie is not only the best film at this Berlinale because of its star cast, but also because of its touching story and empathetic direction.
Especially compared to the two movies mentioned above, this film is much better in the performance of the actors, the camera work, the plot, as well as the realistic implementation.
Sally Potter’s „The Roads not Taken“ tells the story of Leo (Javier Bardem). He lives in a dilapidated apartment on a noisy elevated train in New York.
He has advanced dementia. His daughter Molly (Elle Fanning) takes care of him sacrificially. Flashbacks tell how Leo left his family and thus his little daughter many years ago to concentrate more on writing. Through Leo’s memories, the viewer learns that the father always thought of his daughter, even in distant Greece, but he could never see her grow up. A young woman, Anni (Milena Tscharnke), whom he met in his chosen exile on the Mediterranean, reminded him of Molly in shape and age. Another important memory keeps flashing: The loss of his son Nestor, whom he had with his first great love Dolores (Salma Hayek). It is Leo’s fate to have unintentionally lost one child and deliberately lost the other child. And yet it is now daughter Molly who takes care of her father, even if she has to put her job aside.
The film ends when Leo suddenly remembers his daughter’s name in a bright, short moment. The tears run down on hers and his cheeks.
Conclusion: great performance and very moving!

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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