Musikfest Berlin – Brahms Klavierkonzert – Dudamel – Barenboim – Berliner Philharmonie

 

4.9.2014. Ist es möglich immer wieder auf die gleiche Weise begeistert zu sein?

Selbst wenn der Komponist (Johannes Brahms *1833) mir eigentlich nicht so liegt, so muss ich zugeben, dass die Performance der Musiker, des Pianisten und des Dirigenten und auch der Klang der Musik am gestrigen Abend in der Berliner Philharmonie mich einfach hinweggetragen haben…

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Zunächst begann es recht lustig: Der Platz meiner Pressekarte war ganz, ganz, ganz oben im letzten Rang und wer die Berliner Philharmonie kennt, der weiß, dass man ewige Wege nach oben, mal nach links und mal nach rechts, beschreiten muss, um dann endlich seinen Platz zu finden. Der besondere Bau von Hans Scharoun aus dem Jahr 1963 hat im Innern zwar eine sehr verwinkelte Struktur, dafür aber einen überragenden Klang auf fast allen Plätzen. Diese, egal wo sie sich in dem Saal befinden, geben alle einen erstaunlich guten Blick frei über den gesamten Raum. Das Besondere: die ovale Form des Saales und die damit verbundene zentrale Lage des Orchesters gibt auch die Möglichkeit von Zuschauerrängen sogar hinter dem Orchester.

Das Publikum war wie immer etwas älter, eher West-Berlin als Ost-Berlin. Die Kleidung berlin-typisch leger bis klassisch, auch Jeans und T-Shirt wurden gesehen. Was alle vereint: Die Liebe zur Musik und sicher auch die Liebe zu Daniel Barenboim *1942, der in dieser Stadt omni-präsent ist. Seine Tätigkeiten sind zahlreich: Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden, Chefdirigent auf Lebenszeit der Staatskapelle Berlin, Gast-Dirigent bei vielen Orchestern der Welt und eben auch Pianist auf zahlreichen Konzerten. Wenn er spielt oder dirigiert (manchmal tut er auch beides, wie die berühmten 5 Klavierkonzerte von Beethoven, eingespielt auf DVD 2007), dann verzeichnet die Philharmonie regelmäßig ausverkauftes Haus!

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So auch gestern. Den neuen „Rising Star“ am Dirigentenhimmel, Gustavo Dudamel *1981, hatte ich bisher noch nicht in einem Konzert gehört, nur viel über ihn gelesen. Ich war dann ganz überrascht, wie bescheiden und ruhig er auftritt und so auch dirigiert.  Kein überschäumendes südamerikanisches Temperament, keine überflüssigen Gesten oder wildes Haare hin-und-her Gewerfe. Alles sehr beherrscht, sehr souverän, aber auch sehr sensibel. Das erstaunliche war das Zusammenspiel mit Barenboim (knapp 40 Jahre trennen die beiden altersmäßig): Während des gesamten Konzertes hatten sie praktisch keinen Augenkontakt – alles lief über die Musik. Barenboim spielte die gesamte Partitur auswendig und man hatte den Eindruck, dass er jede Note, jedes Tempo, jedes Pianissimo schon lange im voraus wusste und so brauchte er nur gelegentlich zum Dirigenten zu schauen um zu wissen, wann sein Einsatz kommen sollte. Sehr lustig war auch zu beobachten, dass er immer wieder zu den Musikern der Staatskapelle hinüberschaute, um zu sehen, was sie denn so machten. Normalerweise dirigiert er ja selbst „seine“ Staatskapelle.

Der erste Teil, das 1. Klavierkonzert von Brahms, war noch zum Aufwärmen, doch das 2. Klavierkonzert nach der Pause legte dann alle Emotionen frei.

Besonderes Highlight: ein Solo des ersten Cellos im Orchester, gespielt von der finnländischen Cellistin Sennu Laine (1. Preis ARD-Musikwettbewerb 1996), einer attraktiven blonden Musikerin, welche hinterher bei der Verbeugung große Ovationen des Publikums erntete (einschließlich beider Blumensträuße, sowohl dem von Barenboim und als auch dem von Dudamel).

Rauschender Beifall und eine wunderbare zarte Zugabe von Barenboim, welches nach meiner Einschätzung ein Satz aus einer Chopin-Sonate gewesen sein könnte. Der ideale Abschluss eines erinnerungswürdigen Abends in der Berliner Philharmonie.

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Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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