Sammlung F.C. Gundlach in Hamburg

Richard Avedon - Nastassjia Kinski - 1981

Sammlung F.C. Gundlach in Hamburg

 

Von Julia Engelbrecht-Schnür

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117.11.2016

Was für ein Glücksfall die opulente private Sammlung von F.C. Gundlach für die Hamburger Fotoszene ist, wird den Besuchern beim Rundgang durch „The Concept of Lines“ im Haus der Fotografie in den Deichtorhallen (wieder einmal) klar. Die Arbeiten von Richard Avedon, George Hoyningen-Huene und Irving Penn widmen sich in wunderbarer Hängung dem Thema Mode und Porträt.

Kuratorin Sabine Schnakenberg führt das Interesse der Besucher auf „die subtile Handhabung der Linie und ihre Abhängigkeit von der jeweiligen Stilistik des Fotografen“. Ein Unterfangen, das ihr gelingt. Während bei Penn das Konzept der Linien sich aus den oft großflächigen Kontrast-Flächen und aufwändigen, zuweilen spontanen Posen seiner Models ergibt, sind es bei Hoyningen-Huene die klassischen und vor allem sachlichen Formen im Bildaufbau und bei Avedon die oft hellen oder beruhigten Bildhintergründe, die das Linienspiel bestimmen.

Auch weniger eingefleischte Fotokenner haben bald das Wesenhafte der drei Künstler erfasst und können die Arbeiten zielsicher zuordnen, so prägnant ist ihre Handschrift, so unverwechselbar ihr Ausdruck. Die Ausstellung macht Freude, indem sie dem feinsinnigen Gespür für formale Ästhetik auf die Sprünge hilft. Meine Highlights sind die Handinnenflächen von Miles Davis (Penn) und der Junge aus dem amerikanischen Westen mit einem Gewehr (Avedon) sowie die frühen Modeaufnahmen von Hoyningen-Huene.

Richard Avedon, "Nastassjia Kinski", 1981 © The Richard Avedon Foundation/ Sammlung Gundlach

9 Bilder: Richard Avedon, „Nastassjia Kinski“, 1981 © The Richard Avedon Foundation/ Sammlung Gundlach

 

Einen guten Ausgleich und wohltuenden Kontrast zu dieser von weiblicher Eleganz und menschlichem Antlitz geprägtem Schau bildet die Ausstellung Peter Keetman – Gestaltete Welt, die gut zwei Drittel der Deichtorhalle ausfüllt und gleichzeitig eröffnet wurde. In der Sichtweise der Neuen Sachlichkeit zeigt die Ausstellung vor allem frühe Arbeiten des jungen Fotografen (1916-2005), dessen Biografie mit der deutschen Geschichte und dem zweiten Weltkrieg stark verbunden ist.

Dieser so deutsche systematische Blick Keetmans auf die technischen Möglichkeiten des fotografischen Arbeitens, indem er fast penibel den Variationen bei Licht- und Schatteneffekten, Spiegelungen, dem Makrobereich sowie Langzeitbelichtungen nachspürt, ist faszinierend. Unermüdlich dokumentiert Keetman die architektonischen Muster vom zerstörten München, kriecht über vereiste Flächen, hockt vor umgeknickten Grashalmen, trockenem Schilf oder auf dampfenden Ackerböden.

Diese Sorgfalt und Liebe fürs Detail treibt er auf die Spitze, als er 1953 eine Woche im Volkswagen-Werk der Produktion des Käfers auf die Schliche kommt. Weil Keetman nicht nur ein untrügliches Gefühl für Komposition, sondern auch einen beträchtlichen Sinn für Humor hat, gleicht der Rundgang einer „visuellen Wellnessbehandlung“, wie es eine Besucherin beglückt formuliert.

The Concept of Lines – R. Avedon, G. Hoyningen-Huene, I. Penn, Peter Keetman – Gestaltete Welt
17.11.2016 – 12.02.2017

Deichtorhallen Hamburg
Deichtorstraße 1 − 2
20095 Hamburg
Di – So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 21 Uhr

Peter Keetman: Graustufen, Schwarzwald 1980© Stiftung F.C. Gundlach

4 Bilder: Peter Keetman: Graustufen, Schwarzwald 1980© Stiftung F.C. Gundlach

 

Author: Julia Engelbrecht-Schnür

Journalistin

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