Sturm-Frauen in der Schirn Kunsthalle

Sturmfrauen - Schirn Frankfurt © Marianne von Werefkin

Sturm-Frauen in der Schirn Kunsthalle

 

Liebe Kulturfreunde,

 

heute zum ersten Mal ein Bericht für unsere kulturbegeisterten Leser aus Frankfurt.

Für die Mainmetropole konnte ich als Korrespondentin meine alte Freundin Christiane von Zitzewitz gewinnen, die ich noch aus meinen Studientagen in München kenne und mit der ich damals mein berühmtes Foto von Loriot in seinem Starnberger Haus aufnahm. Hier ihr Bericht über die sensationelle Ausstellung in der Frankfurter SCHIRN über die starken Frauen der Kunstszene Anfang des 20. Jahrhunderts. 280 Arbeiten von 18 Künstlerinnen werden noch bis 7.2.2016 gezeigt.

 

Sturm-Frauen

 

Künstlerinnen der Avantgarde in Berlin 1910-1932

30. Oktober 2015 – 7. Februar 2016

 

Von Christiane von Zitzwitz

Christiane-von-Zitzevitz-100

4.11.2015

Er war ohne Zweifel ein Visionär, er verachtete, was wir heute „Mainstream“ nennen und förderte folglich das Unangepasste, schätzte Wildheit und Mut in der Kunst – ungeachtet der Tatsache, ob es sich bei dem Künstler um einen Mann oder eine Frau handelte – Herwarth Walden.

Kein anderer Galerist und Kunsthändler seiner Epoche vertrat neben so namhaften Malern wie Wassily Kandinsky, Paul Klee, Oskar Kokoschka und Marc Chagall so viele Künstlerinnen wie Walden mit seiner Berliner Galerie und Zeitschrift DER STURM.

Ihm und 18 Künstlerinnen seiner Galerie widmet die Schirn Kunsthalle Frankfurt eine herausragende Ausstellung, die am vergangenen Donnerstag eröffnet wurde.

Jede der 18 STURM-Frauen, die nicht nur aus Deutschland, sondern den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Schweden, der Ukraine und Russland stammten, wird in der Ausstellung in einem eigenen Raum mit ihren Hauptwerken präsentiert. Zu den bekanntesten Künstlerinnen zählen Sonia Delaunay, Alexandra Exter, Natalja Gontscharowa, Else Lasker-Schüler (die erste Ehefrau Waldens), Gabriele Münter und Marianne von Werefkin. Des Weiteren Marthe Donas, Jacoba van Heemskerck, Hilla von Rebay, Lavinia Schulz und Maria Uhden, die heute in der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt sind.

„Die Geschichte der Moderne oder zumindest eine Facette davon neu zu erzählen, ist das Ziel zahlreicher Ausstellungen und Publikationen“, so Max Hollein, Direktor der Schirn, in seiner Eröffnungsrede. „Dass im frühen 20. Jahrhundert eine beachtliche Zahl von Künstlerinnen zur Durchsetzung von neuen Ideen und Kunststilen wie Kubismus, Expressionismus, Futurismus, Suprematismus, Konstruktivismus und anderen Richtungen viel mehr beigetragen haben, als die Kunstgeschichtsschreibung der letzten Jahrzehnte es reflektierte, ist ein Teil dieser Geschichte.“

Bis zum Jahre 1919 waren die Kunstakademien für Frauen verschlossen. Belächelt von der männlichen Kunstwelt, mussten sie sich ihre Ausbildung meist selber organisieren, einzig das Städel hatte in seinen Statuten aus dem Jahr 1870 die Regel, dass Schüler ungeachtet ihres Geschlechts aufgenommen werden sollten, umgesetzt wurde dies allerdings erstmalig 1913.

„Die Künstlerische Leistung von Frauen wurde in der Literatur stets relativiert. Man sprach Ihnen die Originalität ab, die schöpferische Kraft, das Genie. Sie wurden als ewige Nachahmerinnen beschrieben oder als „ungesund männlich“, so Dr. Ingrid Pfeiffer, die Kuratorin, die sich bereits 2008 mit der Ausstellung „Impressionistinnen“ des Themas der Frauen in der Kunst angenommen hatte.

„Der Name STURM war Programm, denn es galt, sich gegen alles Etablierte, gegen die Bürgerlichkeit des Wilhelminischen Zeitalters zu stellen.“

Die 280 Arbeiten, die zwei Drittel der Schirn in Beschlag nehmen, stellen den Betrachter vor eine große Herausforderung. Zum einen sind die hochinteressanten Biographien der Künstlerinnen für sich genommen schon einen Besuch wert, zum anderen erfordert die Auseinandersetzung mit der gezeigten enormen künstlerischen Bandbreite ein gerüttelt Maß an Konzentration und visuellem Fassungsvermögen.

Zwei Mal hingehen oder eine ausgiebige Pause sind empfehlenswert!

„Sturm Frauen“
Schirn Kunsthalle Frankfurt
Römerberg
60311 Frankfurt
Öffnungszeiten: Di – So 10 – 19 Uhr, Mi + Do – 22 Uhr

Die Ausstellung „STURM-Frauen“ läuft noch bis zum  7.2.2016

STURM-Frauen, Schirn Kunsthalle Frankfurt @ Marianne von Werefkin 1913

24 Bilder: STURM-Frauen, Schirn Kunsthalle Frankfurt @ Marianne von Werefkin 1913

 

Author: Christiane von Zitzewitz

Journalistin und Buchhändlerin

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