Tod eines Handlungsreisenden im Deutschen Theater

Tod eines Handlungsreisenden - Foto: Holger Jacobs

Tod eines Handlungsreisenden im Deutschen Theater

 

Von Holger Jacobs

18.3.2017

Hintergrund

Was hat Donald Trump mit Arthur Millers „Death of a Salesman“ zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel, doch auf den zweiten Blick offenbart sich, dass Miller genau diejenigen in seinem 1949 geschriebenen Stück beschrieben hat, die nach Ansicht aller Analysten in großer Zahl 2016 Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt und damit erst seinen Sieg möglich gemacht haben – die Abgehängten.

Es sind auch diejenigen, die überall in der westlichen Hemisphäre den Rechtpopulismus so stark hat werden lassen. Ihre Wut (siehe dazu auch meinen Bericht zum Theaterstück „WUT“ in den Kammerspielen des Deutschen Theaters) lässt Parteien wie die AFD, die Front National, die „Partei für die Freiheit“ von Geert Wilders in den Niederlanden bis zu einem Nigel Farrage, der die Engländer in den Brexit trieb, aus dem Boden wachsen. Die Rückbesinnung auf das Nationale scheint das Heil aus der Krise zu sein. Dieselbe Stimmung brachte schon 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht mit, wie wir wissen, verheerenden Auswirkungen.

Im Amerika der 40er- und 50er Jahre waren es die einfachen Arbeiter und einfachen Angestellten, die es seit der Wirtschaftskrise der USA in den 30er Jahren mit einem Arbeitslosenanteil von 25% der Bevölkerung nicht geschafft hatten sich von dieser Misere zu erholen.

Die damalige Krise der Vereinigten Staaten von Amerika wiegte um so schwerer, da dieses junge Land seit ihrer Gründung 1776 wirtschaftlich nur einen Weg gekannt hatte – den nach oben.

Diesen „American Dream“ träumten alle Bewohner der Neuen Welt. Dessen Zusammenbruch ist das Thema von Arther Millers „Tod eines Handlungsreisenden“. Miller bekam dafür 1949 den Pulitzer Preis und den Tony Award als bestes Theaterstück des Jahres.

Arthur Miller, 1915 geboren, erlebte mit seinen Eltern eine ähnlich finanziell schwierige Situation wie seine Protagonisten in seinem Theaterstück. Seine Eltern waren 1929 mit ihrer Schneiderei Pleite gegangen. Auch sein berühmter schriftstellerischer Kollege und Zeitgenosse Tennesse Williams hatte mit seinem Theaterstück „Die Glasmenagerie“ (zurzeit ebenfalls im Deutschen Theater, hier der Bericht) ein fast autobiographisches Stück hingelegt.

Handlung

Willy Loman, ein in die Jahre gekommener Handelsvertreter, kommt müde von seiner letzten Fahrt zurück. Er nimmt immer weniger Geld ein, seine Vertreter-Tätigkeit bei seinem Boss Howard wird nur noch auf Provisonsbasis bezahlt, nicht mehr wie früher, mit einem Festgehalt. In seinen früheren Jahren hatte er viele Stammkunden von denen er gut leben konnte. Doch die mesten davon sind mittlerweile verstorben oder in anderen Berufen. Und bei den neuen, deutlich jüngeren Kunden, kann er kaum noch etwas verkaufen. Sein Sohn Biff, den er immer besonders mochte, kommt mal wieder nach längerer Zeit zu Besuch. Doch meistens streiten sie.

Der Vater setzt große Hoffnungen auf Biff, doch leider hat er nicht einmal den Highschool Abschluß geschafft und hält sich mit kleinen Jobs oder Diebstählen über Wasser. Sein älterer Bruder arbeitet seit Jahren für dieselbe Firma für einen Hungerlohn und ist völlig desillusioniert. Beide kommen plötzlich auf die Idee sich bei einem alten Bekannten Geld zu leihen und „etwas Großes“ aufzuziehen. Als dieser aber Biff gar nicht mehr wiedererkennt und dieser Traum zerplatzt und am selben Tag auch der Vater seine endgültige Kündigung durch seinen Chef bekommt, nimmt sich Willy Loman das Leben, damit seine Familie seine Lebensversicherung kassieren kann.

Kritik

Regisseur Bastian Kraft hat eine extrem reduzierte Inszenierung hingelegt mit nur wenigen Stilelementen und einer kahlen Bühne. Einzig ein Scheinwerfer, in der Mitte des vorderen Bühnenrandes installiert, wirft überlebensgroße Schatten der Darsteller auf die Rückwand. Ein faszinierendes Schattenspiel (Bühne: Ben Baur, Licht: Cornelia Gloth).

Ulrich Matthes als Willy Loman spielt wie immer stark und kraftvoll, lässt aber auch die Zerbrechlichkeit der Hauptfigur wunderbar durchscheinen. Seine Darstellung zeigt genau das Dilemma dieses Mannes: einerseits der Wunsch nach finanziellem Erfolg und die Anerkennung durch seine Söhne und durch seine Umwelt und andererseits die grausame Realität. Manchmal möchte man als Zuschauer auf die Bühne gehen und diesen Willy Loman tröstend in die Arme nehmen. Selten war so viel Hoffnungslosigkeit zu sehen. Ein Gesellschaftssystem ohne soziale Hilfen bedeutet der sichere Abstieg in die Armut und vielleicht sogar Obdachlosigkeit. Das Ende scheint wie vorbestimmt. Der Tod ist der einzige Ausweg.

Hier ein kurzer Ausschnitt auf unserem Video-Kanal

Mit: Ulrich Matthes, Olivia Grigolli, Benjamin Lillie, Camill Jammal, Harald Baumgartner, Timo Weisschnur

Deutsches Theater Berlin
Schumannstr. 13a
10117 Berlin

Nächste Vorstellungen: 23. und 30. März; 8., 16. und 29. April 2017

26 Bilder: Olivia Grigolli, Ulrich Matthes; Willy Loman träumt von einer besseren Welt, „Tod eines Handlungsreisenden“, Arthur Miller, Deutsches Theater Berlin 2017 © Holger Jacobs

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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