Ein Jahr Corona-Pandemie – eine Bilanz
Von Holger Jacobs
27.01.2021
Im Jahre 2020 erlebte die Welt eine Pandemie, wie sie seit der Spanischen Grippe im Jahre 1918 nicht mehr vorgekommen ist.
Auf den Tag genau vor einem Jahr wurde ein Mann in das Schwabinger Krankenhaus in München eingeliefert, der unter starkem Fieber, Husten und Muskelschmerzen litt. Wie sich bei einer Blutuntersuchung herausstellte, hatte er sich mit einem neuartigen, noch unbekannten Grippevirus angesteckt.
Die virologische Abteilung des Schwabinger Krankenhauses forschte nach und erfuhr, dass seit Ende 2019 dasselbe Virus in der chinesischen Stadt Wuhan entdeckt wurde, genannt SARS-CoV-2.
Der 33-jährige Mann arbeitete in der Fa. WEBASTO in Gauting bei München. Es wurde bekannt, dass eine chinesische Mitarbeiterin der Firma, aus Wuhan kommend, für ein paar Tage bei der Muttergesellschaft in Gauting zu Besuch und selber von diesem Krankheitserreger infiziert war.
So gelangte am 27. Januar 2020 ein Virustyp nach Deutschland, der in nur kurzer Zeit die ganze Welt befallen sollte.
Die Krankheit wurde als Covid-19 (= CoronaVirusDesease 2019) bekannt, in Deutschland oft auch nur als Corona bezeichnet.
Die Ansteckung erfolgt durch Tröpfenübertragung, sowie durch das Einatmen virusbehafteter Aerosole, also winzig kleiner Tröpfchen, die wir beim Ausatmen und Sprechen in die Luft abgeben.
Der Unterschied zu normalen Grippeviren besteht darin, dass die Grippe-Viren nur sehr kurz oder gar nicht außerhalb ihres Wirtes lebensfähig sind. Deshalb ist die Übertragung bei normalen Grippeviren von Mensch zu Mensch viel schwieriger. Das Corona Virus aber bleibt noch mehrere Stunden nach dem Ausatmen infektiös. Das ist auch der Grund, warum es die sogenannten Superspreader gibt.
Als Superspreader wird eine Person bezeichnet, deren Atemluft einen hohen Anteil an SARS-CoV-2 Viren enthält und der in schlecht gelüfteten, engen Räumen viele weitere Personen ansteckt.
Eine traurige Berühmtheit erlangte der Skiort Ischgl in Österreich, als sich Anfang Februar 2020 abends in einer überfüllten Bar Hunderte Touristen aus ganz Europa durch einen einzigen italienischen Gast mit dem Corona Virus infizierten. Der Italiener hatte sich wiederum kurz vorher unwissentlich in seinem Heimatland bei einer chinesischen Reisegruppe angesteckt.
Allein durch Ischgl wurde der Virus in ganz Europa verteilt, als die Touristen aus dem Urlaub wieder zurück in ihre Heimatländer fuhren und dort das Virus verbreiteten.
Bereits im März 2020, nur drei Monate nach bekanntwerden der ersten Fälle in China, konnte das Corona Virus auf allen fünf Kontinenten dieser Erde nachgewiesen werden.
Das Fatale ist, dass der Corona Virus nicht nur wesentlich ansteckender ist als das normal Grippe Virus, sondern auch deutlich tödlicher. Bei einer Influenza-Erkrankung geht man von einer Sterblichkeitsrate von ca. 0,2 Prozent aus, bei dem Corona-Virus liegen wir bei 2 Prozent – also 10-mal höher!
Bis heute (Stand 27. Januar 2021, 17.10 Uhr MEZ) haben sich laut der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore in den USA (1876 gegründet, brachte bisher 37 Nobelpreisträger hervor) 100.418.923 Menschen auf der ganzen Welt mit COVID-19 angesteckt – und 2.161.547 Menschen sind daran gestorben.
In Deutschland: 2.172.920 Ansteckungen, 54.794 Menschen sind gestorben.
In Großbritannien: 3.700.268 zu 100.359
In Frankreich: 3.138.498 zu 74.250
In Spanien: 2.629.817 zu 56.794
In Italien: 2.485.956 zu 86.422
In den USA: 25.450.135 zu 425.406
Zum Vergleich: In der Grippesaison 2017/ 2018 (schlimmste Grippewelle in Deutschland seit 30 Jahren) starben ca. 25.000 Menschen – und dass, ohne eine einzige Schutzmaßnahme, wie Mundschutz, Abstand halten und intensives Händewaschen und natürlich auch ohne einen einzigen Lockdown.
Kann sich jemand vorstellen, welche Todesrate wir hätten, wenn wir jetzt mit dem Corona Virus nicht strikte Lockdowns in fast allen bevölkerungsreichen Staaten der Erde durchgeführt hätten?
Bei der Spanischen Grippe in den Jahren 1918 – 1920 starben Schätzungen nach ca. 25 Millionen Menschen. Und die hatten keinerlei Schutzmöglichkeiten vor dem Virus, nicht die heutige Krankenversorgung und waren zudem noch geschwächt durch den vier Jahre andauernden 1. Weltkrieg.
Das heißt: Mit dem Corona Virus haben wir eine 2. Spanische Grippe bekommen, mit dem selben Ausmaß und derselben Tödlichkeit, wie die erste.
Als Angela Merkel am 16. März 2020 einen Lockdown für ganz Deutschland ankündigte, waren wir am Anfang einer Krise, die bis heute andauert.
Gestern, am 25. Januar 2021, sprach Angela Merkel (natürlich nur online, wie mittlerweile auf fast allen Meetings) auf dem World Economic Forum in Davos.
Sie zog nach einem Jahr mit dem Corona Virus eine Bilanz:
- Hätte die Corona Krise gezeigt, in welcher globalisierten, vernetzten Welt wir mittlerweile leben. Leider werden dadurch nicht nur Waren und Dienstleistungen, sondern auch Krankheiten in Windeseile über den ganzen Globus geschickt.
- Wie verwundbar wir trotz aller Technik immer noch sind und mit welcher Wucht die Natur uns beherrscht. Einmal mehr sieht man in der Pandemie, wie wichtig es für den Menschen ist mit der Natur und nicht gegen sie zu leben. Naturschutz, Artenschutz und Klimaschutz dürfen nie aus dem Focus des Menschen verschwinden.
- Verbundenheit und Solidarität. Erst durch den Multilateralismus mit einer engen Zusammenarbeit aller Staaten dieser Erde können wir die Herausforderrungen der Zukunft bewältigen.
Für Deutschland sah Angela Merkel als Fazit der Corona Krise Positives und Negatives. Als positiv hätte sich das deutsche Gesundheitssystem gezeigt, ebenso die Solidarität zueinander und die gemeinsame Anstrengung aller Bürger und Politiker, die Krise zu überwinden. Auch die sehr restriktiven Staatsausgaben der letzten Jahre hätten nun ein Polster geschaffen, mit viel Geld die Wirtschaft nach Corona wieder ankurbeln zu können.
Als Negativ bezeichnete Angela Merkel den derzeitigen Stand der Digitalisierung in Deutschland. Weder die staatlichen Behörden noch die Schulen wären auf die Herausforderungen der Corona Krise vorbereitet gewesen. Viele Ämter haben unterschiedliche Software und können ihre Daten nicht untereinander austauschen.
Und die Schulen haben nicht genügend Rechner und keine leistungsfähigen Server, um wirklich einen dauerhaften Unterricht online über mehrere Stunden für bis zu 1000 Schüler aufrecht zu erhalten.
Angela Merkel schloss in ihrem Vortrag in Davos mit einem Zitat von Erich Kästner:
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
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Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.