Fedora von Giordano an der Deutschen Oper Berlin

Fedora - Deutsche Oper Berlin - ph: Holger Jacobs

Fedora von Giordano an der Deutschen Oper Berlin

 

Von Holger Jacobs

04.12.2025

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Wertung: 🙂 🙂 🙂 🙂 (vier von fünf)

Mit der bezaubernden Musik von Umberto Giordano und einer gekonnten Regie von Christof Loy kann die Deutsche Oper einen Erfolg verbuchen

Es gibt in der Opernwelt die Blockbuster, wie die Da-Ponte-Opern von Mozart oder der Ring der Nibelungen von Wagner. Daneben gibt es aber auch viele wunderbare Opern, die sich lohnen gesehen und gehört zu werden.
Dazu gehört zweifellos auch „Fedora“ von UMBERTO GIORDANO.

Umberto Giordano und Familie, Anfang des 20. Jahrhunderts, Fotograf unbekannt

Umberto Giordano

Der Komponist UMBERTO GIORDANO (1867 – 1948), Zeitgenosse von GIACOMO PUCCINI,  hatte es am Anfang nicht leicht.
In seiner Heimatstadt Foggia fiel er durch die Aufnahmeprüfung zum Musikkonservatorium.
Daraufhin nahm er Privatunterricht bei dem Musikpädagogen PAOLO SERRA in Neapel.
Und gleich seine erste Oper bekam soviel Aufmerksamkeit, dass er den Auftrag für „Mala Vita“ bekam, die aber wegen ihres Realismus bei der Uraufführung 1892 einen Skandal auslöste und nicht mehr gespielt wurde.
Zum Glück ermöglichte ihm die Heirat mit der Hotel-Erbin OLGA SPATZ (Grand Hotel Milano) ein finanziell sorgloses Leben, so dass er sich ganz auf das Komponieren konzentrieren konnte.
Daraufhin entstanden seine bekanntesten Werke „André Chenier“ 1896 und „Fedora“ 1898.
GIORDANO schrieb insgesamt 14 Opern, von denen heute aber nur noch „André Chenier“ und „Fedora“ gespielt werden.

Handlung

1.Akt in St. Petersburg, kurz vor der russischen Revolution

Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

In St. Petersburg freut sich Fürstin Fedora Romazov (VIDA MIKNEVICIUTE) auf die Rückkehr Ihres Verlobten Graf Vladimir Andrejevich, den sie am nächsten Tag heiraten soll.
Doch plötzlich wird der Graf schwer verletzt ins Haus gebracht und stirbt noch in ihren Armen.

Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Polizeiinspektor Gretch (TOBIAS KEHRER) und der franz. Diplomat Giovanni de Siriex (NAVASARD HAKOBYAN) vermuten, dass es sich um einen politischen Mord handelt.
Man hätte Graf Loris Ipanov (JONATHAN TETELMAN) vom Tatort fliehen sehen.
2. Akt in Paris
Graf Ipanov ist vor der Polizei nach Paris geflüchtet.
Gefolgt von Fedora, die den Tod ihres Verlobten rächen will.
Sie gibt sich als russische Lebedame aus in Begleitung ihrer Cousine Olga (Julia MUZYCHENKO).

Julia Muzychenko (Olga), Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Fedora lädt Loris zu einem Empfang ein und befragt ihn nach den Gründen seiner Flucht aus Russland.
Er gesteht ihr, dass er nicht aus politischen Gründen, sondern wegen eines Mordfalls, an dem er beteiligt war, aus St. Petersburg fliehen musste.
Außerdem gesteht ihr, dass er sich in sie verliebt hätte (Arie „Amor ti vieta“), was sie sich nur widerwillig anhört.

Jonathan Tetelman (Loris), Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Plötzlich wird der Empfang durch die Nachricht beendet, man hätte in Moskau auf den Zaren geschossen.
Fedora bittet aber Ipanov später in der Nacht zurückzukommen, um ihr die ganze Geschichte zu erzählen.
In der Zwischenzeit schreibt Fedora an die russische Polizei, dass sie Ipanov in Paris gefunden und er den Mord gestanden hätte.
Als später Loris wiederkommt erzählt er ihr die wahre Geschichte:
Loris hatte entdeckt, dass Fedoras Verlobter Vladimir eine Affäre mit Ipanovs Ehefrau Wanda hatte.
Eines Abends folgte Loris seiner Frau und überraschte die Ehebrecher.
Beide Männer schossen aufeinander; Loris wurde nur leicht verletzt, Vladimir aber tödlich.
Fedora ist erschüttert über die Untreue ihres ehemaligen Verlobten und verzeiht Loris.
Beide verbringen die Nacht miteinander.

„Fedora“, Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

3. Akt in der Schweiz
Fedora und Loris sind in die Schweiz geflüchtet und verbringen die Zeit als Liebespaar.

Als eines Tages Fedoras alter Freund de Siriex vorbeikommt erzählt er ihr, dass auf Grund ihres Briefes Loris Bruder Valeriano als Mitverschwörer verhaftet worden war und im Kerker verstarb.
Loris Mutter starb wenig später ebenfalls aus Gram über den Tod ihres Sohnes.
Fedora ist entsetzt, da sie sich verantwortlich fühlt für den Tod des Bruders und der Mutter von Loris.
Wenig später erhält Loris einen Brief aus St. Petersburg mit der Nachricht über den Tod seines Bruders und seiner Mutter.
Und dass eine Frau aus Paris ihn wohl verraten hätte.
Als Loris begreift, wer ihn in Paris verraten hat, nimmt das Schicksal seinen Lauf.

In dedr Schweiz, „Fedora“, Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Kritik

Der Abend wird bestimmt durch drei Elemente:
Erstens durch die wunderbare Musik von GIORDANO, die im Gegensatz zur Dramatik des Stücks eigentlich eher fröhlich und heiter daherkommt.
Zweitens durch die hohe Qualität der Sängerinnen und Sänger, allen voran von JONATHAN TETZELMAN als Loris und VIDA MIKNEVICIUTE als Fedora.
Und drittens durch ein feststehendes Bühnenbild, welches im Laufe des Stücks einige Überraschungen zu bieten hat.

JONATHAN TETELMANS Stimme ist voll und kräftig und mit seinem guten Äußeren stellt er einen überzeugenden Liebhaber dar.
Allerdings sehe ich bei ihm stimmlich noch Luft nach oben. Es hört sich alles gut und richtig an, aber irgendwie fehlt noch etwas.
Vielleicht kommt das noch im Laufe der Jahre.

Jonathan Tetelman (Loris), Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

VIDA MIKNEVICIUTE ist eine wunderbare Fedora, vom Spiel, Ausdruck und Gesang.
Einzig beim fortissimo überzieht sie ein bisschen und die Stimme wird etwas verzerrt.
Um die Dramatik darzustellen und zu singen würde 10 % weniger an Stimmenkraft immer noch völlig ausreichen, um die entsprechende Wirkung zu erzielen.

Jonathan Tetelman (Loris), Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

JULIA MUZYCHENKO als Olga ist der hübsche Wirbelwind, der die frivole Gesellschaft der französischen Belle Epoque vortrefflich darstellt und singt.
Eine absolut gelungene Besetzung für diese Rolle.

Die musikalische Leitung unter JOHN FIORE war mir etwas zu langatmig.
Wenn DANIEL BARENBOIM seine Piani manchmal auch sehr ausdehnte, so kam dann aber ein entsprechend gewaltiges Crescendo hinterher.
Das war bei FIORE nicht der Fall. Über die gesamte Strecke der Partitur war mir das Tempo zu langsam.
Dadurch fehlte der Inszenierung der Schwung.

Dagegen bot das Bühnenbild (HERBERT MURAURER) umso mehr Überraschungen.
Der über alle drei Akte sich nicht verändernde Raum wurde von einem riesigen goldenen Bilderahmen beherrscht, der sowohl als Leinwand für Projektionen diente, als auch ein weiteres Zimmer beherbergte, in dem sich zusätzliche Szenen abspielten.
Besonders beeindruckend, als ein kleiner Junge durch den Rahmen hindurch direkt in das hintere Zimmer läuft, wodurch dieser Raum zweifellos als real und nicht nur als Projektion erkennbar wird.
Klasse Idee!

Fazit: Tolle Musik, tolle Sänger*innen, tolles Bühnenbild.
Eine Empfehlung für die grauen Winterabende.

„Fedora“ von Umberto Giordano
Deutsche Oper Berlin
Premiere war 2016 in Stockholm, danach 2023 in Frankfurt und jetzt in Berlin
Musikalische Leitung: John Fiore, Inszenierung: Christof Loy
Bühne und Kostüme: Herbert Murnauer
Mit: Vida Mikneviciute (Fedora), Jonathan Tetelman (Loris Ipanov), Julia Muzychenko (Olga), Tobias Kehrer (Gretch), Navassard Hakobyan (de Siriex)

Hier mein Videotrailer mit Auszügen aus „Fedora“, u.a. der Arie „Amor ti vieta“.

Video „Fedora“ © kultur24 TV

 

English Text

 

 

Fedora by Giordano at the Deutsche Oper Berlin

 

By Holger Jacobs


December 4, 2025

With the enchanting music of Umberto Giordano and skillful direction by Christof Loy, the Deutsche Oper Berlin can celebrate a success.

In the opera world, there are blockbusters like Mozart’s Da Ponte operas or Wagner’s Ring of the Nibelung.
But there are also many wonderful operas that are well worth seeing and hearing.
„Fedora“ by Umberto Giordano undoubtedly belongs among them.

Umberto Giordano und Familie, Anfang des 20. Jahrhunderts, Fotograf unbekannt

Umberto Giordano

The composer Umberto Giordano (1867–1948) didn’t have an easy start. In his hometown of Foggia, he failed the entrance exam for the music conservatory. He then took private lessons with the music teacher Paolo Serra in Naples. His very first opera garnered so much attention that he was commissioned to write „Mala Vita,“ which, however, caused a scandal at its premiere in 1892 due to its realism.
Fortunately, his marriage to hotel heiress Olga Spatz allowed him a financially secure life, enabling him to concentrate entirely on composing.
His most famous works, „André Chénier“ (1896) and „Fedora“ (1898), followed.
Giordano wrote a total of 14 operas, of which only „André Chénier“ and „Fedora“ are performed today.

Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Story

Act 1 in St. Petersburg, shortly before the Russian Revolution
In St. Petersburg, Princess Fedora Romazov (VIDA MIKNEVICIUTE) is looking forward to the return of her fiancé, Count Vladimir Andrejevich, whom she is to marry the next day. But suddenly, the Count is brought into the house severely injured and dies in her arms. Police Inspector Gretch (TOBIAS KEHRER) and the French diplomat Giovanni de Siriex (NAVASARD HAKOBYAN) suspect that it is a political assassination.
The likely culprit is Count Loris Ipanov (JONATHAN TETELMAN).

Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Act 2 in Paris
Count Ipanov has fled to Paris to escape the police. He is followed by Fedora, who wants to avenge her fiancé’s death. She poses as a Russian socialite, accompanied by her cousin Olga (Julia MUZYCHENKO).

Julia Muzychenko (Olga), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Fedora invites Loris to a reception and questions him about the reasons for his escape from Russia. He confesses to her that he had to flee St. Petersburg not for political reasons, but because of a murder case in which he was involved.
He also confesses that he has fallen in love with her (aria „Amor ti vieta“), which she listens to reluctantly.

Jonathan Tetelman (Loris), Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

The reception is suddenly interrupted by news that the Tsar has been shot in Moscow. Fedora asks Ipanov to return later that night to tell her the whole story.
Meanwhile, Fedora writes to the Russian police that she has found Ipanov in Paris and that he has confessed to the murder.
When Loris returns later, he tells her the true story:
Loris had discovered that Fedora’s fiancé, Vladimir, was having an affair with Ipanov’s wife, Wanda.
One evening, Loris followed his wife and surprised the adulterers.
Both men shot at each other; Loris was only slightly wounded, but Vladimir was fatally shot.
Fedora is devastated by her former fiancé’s infidelity and forgives Loris.
They spend the night together.

„Fedora“, Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Act 3 in Switzerland
Fedora and Loris have fled to Switzerland and spend their time as lovers. One day, Fedora’s old friend de Siriex visits and tells her that, because of her letter, Loris’s brother Valeriano was arrested as a co-conspirator and died in prison.
Lori’s mother also died of grief over her son’s death shortly afterward. Fedora is horrified, as she feels responsible for the deaths of Loris’s brother and mother.
A little later, Loris receives a letter from St. Petersburg with news of his brother’s and mother’s deaths, and that a woman from Paris has likely betrayed him.
When Loris realizes who betrayed him in Paris, fate takes its course.

In der Schweiz, „Fedora“, Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

Critics

The evening is defined by three elements: First, by Giordano’s wonderful music, which, in contrast to the drama of the piece, is actually quite cheerful and lighthearted. Second, by the high quality of the singers, especially Jonathan Tetzelman as Loris and Vida Miknevicuûte as Fedora. And third, by a fixed set design that offers a few surprises as the piece unfolds.

JONATHAN TETELMAN’s voice is full and powerful, and with his good looks, he portrays a convincing lover. However, I see room for improvement in his voice. It all sounds good and right, but something is still missing. Perhaps that will come with time.

Jonathan Tetelman (Loris), Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

VIDA MIKNEVIVIUTE is a wonderful Fedora, in terms of acting, expression, and singing.
Only in the fortissimo passages does she overdo it a bit, and her voice becomes distorted. To portray and sing the drama, 10% less vocal power would still be perfectly sufficient to achieve the desired effect.
JULIA MUZYCHENKO as Olga is a beautiful whirlwind who superbly portrays and sings the frivolous society of the French Belle Époque.
An absolutely perfect casting choice for this role.

Jonathan Tetelman (Loris), Vida Mikneviciute (Fedora), Deutsche Oper, ph: Holger Jacobs

The musical direction under JOHN FIORE was somewhat too long-winded for my taste. While DANIEL BARENBOIM sometimes extended his pianissimos considerably, he always followed them with a correspondingly powerful crescendo. This was not the case with FIORE. Throughout the entire score, the tempo was too slow for my liking. As a result, the production lacked momentum.

In contrast, the set design (HERBERT MURAURER) offered all the more surprises. The space, which remained unchanged throughout all three acts, was dominated by a huge golden picture frame that served both as a screen for projections and as an additional room where further scenes could take place. It was particularly impressive when a small boy ran through the frame directly into the back room, making this space undeniably real and not merely a projection. Brilliant idea!

Conclusion: Great music, great singers, great set design.
A recommendation for those dreary winter evenings.

„Fedora“ by Umberto Giordano
Deutsche Oper Berlin
Premiere was in Stockholm in 2016, then in Frankfurt in 2023, and now in Berlin
Conductor: John Fiore, Stage Director: Christof Loy
Set and Costume Design: Herbert Murnauer
With: Vida Mikneviciute (Fedora), Jonathan Tetelman (Loris Ipanov), Julia Muzychenko (Olga), Tobias Kehrer (Gretch), Navassard Hakobyan (de Siriex)
Here’s my video trailer with excerpts from „Fedora,“ including the aria „Amor ti vieta.“

Video „Fedora“ © kultur24 TV

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and videographer.

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