20 Jahre Staatsballett Berlin – Jubiläumsfeier in der Oper
Vielfältige Jubiläumsgala: Staatsballett Berlin feiert 20-jähriges Bestehen
Unsere Gastautorin LINA GUNSTMANN erzählt hier von dem denkwürdigen Jubiläumsabend am 7.7.2024 in der Deutschen Oper aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Staatsballetts Berlin, welches aus den drei vormaligen Ballett-Ensembles der Deutschen Oper (Berlin-West), der Komischen Oper (Berlin-Ost) und der Staatsoper Unter den Linden (Berlin-Ost) hervorgegangen war und heute alle drei Berliner Opernhäuser bespielt. Gründungstag war der 1. Januar 2004.
Das Staatsballett Berlin gehört heute gemeinsam mit den drei staatlichen Berliner Opernhäuser zur Stiftung Oper in Berlin. (Anm. d. Red.)
Vier Stunden, sechzehn Stücke und ein Film:
Am vergangenen Sonntag präsentierte das Staatsballett Berlin seine beeindruckende Vielfalt, sein hohes Niveau und sein Gespür für Kontraste.
Zum 20. Geburtstag zeigte die Kompagnie Uraufführungen, Erstaufführungen und absolute Klassiker des Balletts.
Die Gala bot sowohl eine Rückschau als auch einen neugierig machenden Ausblick auf die Zukunft.
Ein Abend voller Höhepunkte
Lange, ausgestellte Kleider in gedeckten Farben, ein reduziertes Bühnenbild und klassische Ballettsprache mit modernem Twist: Der Abend begann mit der Ballszene aus Christian Spucks „Bovary“.
Hier ein Ausschnitt auf kultur24 TV aus „Bovary“ bei der Premiere im Oktober 2023:
Es folgten drei Pas de Deux, die unterschiedlicher nicht sein könnten:
KSENIA OVSYANICK und DAVID SOARES glänzten in dem verschlungenen und mysteriösen Stück „Aria“ von DOUGLAS LEE.
ELISA CARILLO CABRERA und GIOVANNI PRINCIC zeigten einen kraftvollen Ausschnitt aus MAURO BIGONZETTIS „Caravaggio“.
Ein unbestrittenes Highlight des Abends war der „Schwarze Schwan Pas de Deux“ von IANA SALENKO und MARIAN WALTER.
Jede Bewegung saß perfekt, trotzdem blieb die Emotionalität dabei erhalten. Ein kokettierender Blick hier, ein angedeuteter Kuss da – das Ehepaar – beide Berliner Kammertänzer – weiß, wie es sein Publikum begeistert.
Der Vorhang fiel, und eine kurze Stille erlaubte dem Publikum, sich zu sammeln, um sich auf das folgende Stück zu einlassen zu können.
Wer dieses Traumpaar der Ballettwelt noch nicht kennt, der sollte sich unser Video von der „Charity Gala for Ukraine“ im letzten Jahr im Admiralspalast ansehen mit ihrem Stück „Le Parc“ von Angelin Preljocaj:
Vielfältige Darbietungen und experimentelle Einlagen
CHRISTIAN SPUCK inszenierte für die Gala „Beethoven“ zum 2. Satz des Konzerts für Klavier und Orchester Nr. 5 von LUDWIG VAN BEETHOVEN.
Sechs Tänzer*innen erforschten darin verschiedene Beziehungsdynamiken.
Ein längerer Ausschnitt aus WILLIAM FORSYTHES „Blake Works I“ setzte einen weiteren gekonnten Kontrast:
Pulsierende Energie und ansteckende Freude.
Kein Wunder, dass der Forsythe-Abend in der letzten Spielzeit stets ausverkauft war und in der nächsten Spielzeit wieder auf dem Programm steht.
Das Publikum erwartete danach merklich eine Pause.
Was sollte jetzt noch kommen?
Die Antwort gab der leicht angespannt wirkende Intendant CHRISTIAN SPUCK mit seiner Co-Moderatorin PETRA GUTE:
Ein experimentelles Stück der Choreografin und ersten Solistin beim Norwegischen Nationalballett, SAMANTHA LYNCH.
Titel: „Come Back“.
Die junge Australierin inszenierte fünf Tänzer*innen, die wie zufällig an einer Holzbank zusammentrafen.
Sie bewegten sich um die Bank, legten sich darunter, tanzten auf ihr und interagierten mit ihr.
Die Körper der Tänzer verschmolzen miteinander und entführten das Publikum in eine Welt voller Möglichkeiten.
Die teils tiefgründige, teils humorvolle Choreografie brachte besonders die Kinder im Publikum zum Ende hin laut zum Lachen.
Rückblick und emotionale Höhepunkte
Nach der wohlverdienten Pause ließ das Staatsballett Berlin die letzten 20 Jahre mit einem stimmungsvollen Film Revue passieren.
Ex-Staatsballett Tänzer VLADISLAV MARINOV schnitt mehr als 800 Momente aus der 20-jährigen Geschichte des Ensembles zusammen. Neben tänzerischen Highlights wurden auch alle Intendantinnen und Intendanten des Staatsballetts gezeigt.
Von denen war aber lediglich DR. CHRISTIANE THEOBALD erschienen…
Es folgten VICTOR GVOSKYS „Grand Pas Classique“, meisterhaft getanzt von HARUKA SASSA und MARTIN TEN KORTENAAR, sowie LEROY MOKGATLE und JAN CASIER mit „Nocturne“ in einer charakteristischen Choreografie von CHRISTIAN SPUCK.
DINU TAMAZLACARU (siehe Titelfoto), früherer Erster Solotänzer beim Staatsballett Berlin und leider seit Sommer 2023 nur noch als Gast dabei, durfte in „Les Bourgeois“ von BEN CAN CAUWENBERGH noch einmal seine ganze Tanzkunst zeigen.
Hier noch einmal DINU TAMAZLACARU in einer seiner besten Rollen als die böse Fee Carabosse (eigentlich eine weibliche Rolle) in „Dornröschen“ in einer Choreographie von MARCIA HAYDÉE in unserem Video von 2022 auf kultur24 TV:
Musikalisch begleitet wurde der Abend von MARA SELETSKAJA, einer ehemaligen Tänzerin des Staatsballetts Berlin, die nun als gefragte Dirigentin agiert.
„Ich habe gelernt, die Füße beim Dirigieren still zu halten, aber mein Herz tanzt immer mit“, sagte sie lächelnd auf Nachfrage von CHRISTIAN SPUCK und PETRA GUTE.
„Skew-Whiff“ von SOL LEON und PAUL LIGHTFOOT aus den Niederlanden brachte Unterhaltung auf die Bühne.
LIGHTFOOT (langjähriger Leiter des Netherland Dans Theaters) war persönlich angereist und hatte das Stück mit den vier Tänzer*innen einstudiert.
Am Ende des Abends gab es einen bewegenden Abschied:
Die mexikanische Erste Solotänzerin ELISA CARILLO CABRERA verabschiedete sich mit MARCO GOECKES „Tué“ vom Berliner Publikum. Sie wird sich künftig ehrenamtlichen Projekten widmen und freischaffend arbeiten.
Und noch ein Abschied: Auch KSENIA OVSYANICK, ebenfalls Erste Solotänzerin, wird das Staatsballett zum Ende der Saison 2023/24 verlassen.
Zum letzten Mal tanzte sie die „Giselle“ zusammen mit DAVID SOARES in einer Choreographie von PATRICE BART.
Kurz, aber eindrucksvoll
POLINA SEMIONOVA, unumstrittene Primaballerina des Staatsballetts, beeindruckte zum Schluss mit einem kraftvollen, wenn auch kurzen Auftritt in WILLIAM FORSYTHES „In the Middle, Somewhat Elevated“.
Das Publikum hatte lange auf sie gewartet. Laut Christian Spuck hatte sie sich das Stück selbst ausgesucht.
Fazit
Die Gala des Staatsballett Berlin zum 20-jährigen Bestehen war ein langer, aber grandioser Abend.
Mit einer breiten Palette an Stücken und einem technisch sehr hohen Niveau zeigten die Tänzerinnen und Tänzer die ganze Vielfalt und das Können der Kompagnie.
Ein Abend, der noch lange in Erinnerung bleiben wird und die Vorfreude auf die nächsten 20 Jahre des Staatsballetts Berlin weckt.
English text
20 years of the Berlin State Ballet – big anniversary celebration at the Deutsche Oper
By Lina Gunstmann
Rating: 🙂 🙂 🙂 🙂 (four of five)
Diverse anniversary gala: Berlin State Ballet celebrates its 20th anniversary
Our guest author LINA GUNSTMANN tells us about the memorable anniversary evening on July 7, 2024 at the Deutsche Oper to mark the 20th anniversary of the Berlin State Ballet, which emerged from the three former ballet ensembles of the Deutsche Oper (Berlin-West), the Komische Oper (Berlin-East) and the Staatsoper Unter den Linden (Berlin-East) and today performs in all three Berlin opera houses. The founding day was January 1, 2004. Today, the Berlin State Ballet, together with the three state Berlin opera houses, belongs to the Opera Foundation in Berlin. (Editor’s note)
Four hours, sixteen pieces and a movie
Last Sunday, the Berlin State Ballet presented its impressive diversity, its high level and its sense of contrast.
For its 20th birthday, the company showed world premieres, first performances and absolute classics of ballet. The gala offered both a look back and an intriguing look ahead to the future.
An evening full of highlights
Long, flared dresses in muted colors, a reduced stage design and classical ballet language with a modern twist: The evening began with the ball scene from Christian Spuck’s CHRISTIAN SPUCK’S „Bovary“.
Here is an excerpt from „Bovary“ on our culture channel kultur24 TV from the premiere in October 2023:
This was followed by three pas de deux that couldn’t be more different:
KSENIA OVSYANICK and DAVID SOARES shone in the intricate and mysterious piece „Aria“ by DOUGLAS LEE and ELISA CARILLO CABRERA.
And GIOVANNI PRINCIC showed a powerful excerpt from Mauro Bigonzetti’s MAURO BIGONZETTI’S „Caravaggio“.
An undisputed highlight of the evening was the „Black Swan Pas de Deux“ by IANA SALENKO and MARIAN WALTER. Every movement was perfect, but the emotionality was still maintained.
A flirtatious look here, a hint of a kiss there – the couple – both Berlin chamber dancers – know how to delight their audience. The curtain fell and a brief silence allowed the audience to gather themselves in order to get involved in the following piece.
If you don’t know this dream couple of the ballet world, you should watch our video from the „Charity Gala for Ukraine“ last year in the Admiralspalast with their piece „Le Parc“ by Angelin Preljocaj:
Diverse performances and experimental interludes
For the gala, CHRISTIAN SPUCK staged “Beethoven”, the 2nd movement of the Concerto for Piano and Orchestra No. 5. Six dancers explored various relationship dynamics.
A longer excerpt from WILLIAM FORSYTH’S “Blake Works I” provided another skilful contrast:
pulsating energy and infectious joy.
No wonder that the Forsythe evening was always sold out last season and is on the program again next season.
The audience was clearly expecting a break.
What happened next that evening?
The slightly tense-looking artistic director CHRISTIAN SPUCK and his co-host PETRA GUTE gave the answer:
An experimental piece by the choreographer and first soloist with the Norwegian National Ballet, SAMATHA LYNCH. Title: „Come Back“.
The young Australian staged five dancers who met as if by chance at a wooden bench.
They moved around the bench, lay down under it, danced on it and interacted with it.
The dancers‘ bodies merged with one another and transported the audience into a world full of possibilities.
The choreography, which was at times profound and at times humorous, made the children in the audience laugh out loud at the end.
Review and emotional highlights
After the well-deserved break, the Berlin State Ballet reviewed the last 20 years with an atmospheric movie.
Former State Ballet dancer VLADISLAV MARINI edited more than 800 moments from the history of the ensemble. In addition to dance highlights, all of the State Ballet’s artistic directors were also shown.
All of them were invited, but only former director Dr. Christian Theobald was in the audience…
This was followed by VICTOR GVOSKY’S „Grand Pas Classique“, masterfully danced by HARUKA SASSA and MARTIN TEN KORTENAAR, as well as LEROY MOKGATLE and JAN CASIER with „Nocturne“ in a characteristic choreography by CHRISTIAN SPUCK.
DINU TAMAZLACARU (our cover photo), former first solo dancer with the Berlin State Ballet and unfortunately only a guest since summer 2023, was able to show off his full dancing skills once again in „Les Bourgeois“ by BEN CAN CAUWENBERGH.
Here in retrospect DINU TAMAZLACARU in one of his best roles as the evil fairy Carabosse (actually a female role) in „Sleeping Beauty“ in a choreography by MARCIA HAYDÉE in our video from 2022 on kultur24 TV:
The evening was musically accompanied by MARIA SELETSKAJA, a former dancer with the Berlin State Ballet, who now acts as a sought-after conductor.
„I’ve learned to keep my feet still when conducting, but my heart always dances along,“ she said with a smile when asked by CHRISTIAN SPUCK and PETRA GUTE.
„Skew-Whiff“ by SOL LEON and PAUL LIGHTFOOT (former director of the Netherlands Dance Theater) brought entertainment to the stage.
LIGHTFOOT personally rehearsed with the four dancers.
At the end of the evening there was a moving farewell:
The Mexican first solo dancer ELISA CARILLO CABRERA said goodbye to the Berlin audience with MARCO GOECKE’S „Tué“.
In the future she will devote herself to voluntary projects and work freelance.
And another farewell: KSENIA OVSYANICK, a principal dancer as well, will also leave the State Ballet at the end of the 2023/24 season.
For the last time, she danced „Giselle“ together with DAVID SOARES in a choreography by PATRICE BART.
Short but impressive.
POLINA SEMIONONVA impressed with a powerful, albeit short, performance in WILLIAM FORSYTHE’S „In the Middle, Somewhat Elevated“. The audience had been waiting for her for a long time.
According to Christian Spuck, she chose the piece herself.
Conclusion
The Berlin State Ballet’s gala to mark its 20th anniversary was a long but magnificent evening.
With a wide range of pieces and a very high technical level, the dancers showed the company’s full diversity and ability.
An evening that will be remembered for a long time and arouses anticipation for the next 20 years of the Berlin State Ballet.
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.