Mercedes-Benz Fashion Week Berlin s/s 2017
Von Katja Andreae
27.6.2016
It’s that time of the year again …
So oder so ähnlich wird in den sozialen Netzwerken ein Event betitelt, dessen Kontinuität es legitimiert, automatisch von „dieser einen Zeit des Jahres“ zu sprechen. Weitere Details sind hierbei unwichtig, schließlich wird vorausgesetzt, dass jeder weiß, worum es geht.
Wenn wir in diesen Tagen die News Feeds diverser Lifestyle Magazine, Mode Blogs und Stil Rubriken beobachten, dann steht mal wieder eine solche „Zeit des Jahres“ an: Die Berliner Fashion Week.
Es entsteht zunehmend der Eindruck, die Berliner Fashion Week polarisiere so stark wie etwa ein Wahlkampfauftritt Donald Trumps. Die einen zerreißen sich schon jetzt wieder die Mäuler darüber, dass es die Berliner Modewoche (welche Neuigkeit!) nicht mit ihren Schwestern in London, Paris, Mailand und New York aufnehmen kann, die anderen blenden jene Tatsache unbeeindruckt aus und legen vor versammelter ‚Followerschaft’ freudestrahlend ihre Garderobe zurecht.
Als Indikator für den (Miss)erfolg der Fashion Week wird stets auf die hohe Fluktuationsrate hingewiesen. So kehren immer mehr Modelabels Berlin den Rücken, um an einem prestigewürdigeren Standort auf professionelleres Publikum und mehr Aufmerksamkeit von internationaler Seite zu hoffen. Sich ausschließlich auf jene Parameter zu berufen scheint angesichts der Tatsache, dass Berlin jegliche Bemühungen intensiviert, jungen Kreativschaffenden Plattformen und finanzielle Fördermittel bereitzustellen, aber nicht fair.
Das Beispiel des Berliner Modesalons (ein Förderprogramm für Nachwuchsdesigner, mit dem Ziel Mode als Kultur- und Wirtschaftsgut zu manifestieren) belegt, dass es nur eine Frage der Auslegung ist, wie Berlin als Modestandort zu verstehen ist. Dass ein Modehaus wie Dior oder Louis Vuitton eines Tages Berlin als Austragungsort seiner Schauen auswählen könnte auswählen wird scheint selbstverständlich utopisch. Darum geht es hier aber auch nicht.
Berlin darf nicht als Fashion Metropole, sondern als Kreativschmiede verstanden werden. Darauf verwies insbesondere die Nachwuchsdesignerin Marina Hoermanseder (eine der 40 Designer des Berliner Modesalons) auf der ZEITmagazin Konferenz zur letzten Fashion Week im vergangenen Januar. Auf die Frage hin weshalb sie Berlin favorisiere, betonte Hoermanseder die Zurückhaltung der Stadt. Wenn man in Berlin laut sei, so Hoermanseder, könne jeder einen hören.
Die wenig dominante Stellung Berlins im internationalen Markt darf also nicht als Barriere, sondern sollte als Chance gesehen werden. Im Gegensatz zu etablierten Modestandorten wie etwa London oder New York, wird jungen Designern hier noch unter die Arme gegriffen und dafür gesorgt, dass ihre harte Arbeit Früchte trägt.
Die Teilnehmer der Gruppenausstellung des Berliner Mode Salons Juni 2016 im Kronprinzenpalais:
ALLUDE | ANTONIA GOY | ANTONIA ZANDER | AUGUSTIN TEBOUL
BENU BERLIN | BOULEZAR | BRACHMANN | DAWID TOMASZEWSKI
DOROTHEE SCHUMACHER | ESCADA | FELDER FELDER PRÄSENTIERT VON
MERCEDES-BENZ | GABRIELE FRANTZEN | GOLPIRA | HIEN LE | HORROR VACUI
IRIS VON ARNIM | ISABELL DE HILLERIN
| JULIA JENTZSCH | JULIA ZIMMERMANN
LALA BERLIN | LILI RADU | MAIAMI | MALAIKARAISS
| MARINA HOERMANSEDER
MICHAEL SONTAG | MYKITA | NOBI TALAI | ODEEH | PB 0110 | PERRET SCHAAD
RENÉ STORCK | RITA IN PALMA | SASKIA DIEZ | SMINFINITY | STIEBICH & RIETH
TALBOT RUNHOF | TIM LABENDA | TSATSAS | UNÜTZER | VLADIMIR KARALEEV
WILLIAM FAN | 22/4_HOMMES_FEMMES
Für das ein oder andere Label, das schon lange nicht mehr auf Fördermittel angewiesen ist (schließlich fühlen sich nicht nur Jungdesigner auf der Berliner Fashionweek zuhause), ist dies sogar ein Argument langfristig in Berlin zu bleiben. Die Designerin Dorothee Schumacher, deren gleichnamiges Label zu den erfolgreichsten Deutschlands zählt, ist eine der wenigen, die Berlin treu geblieben ist. Schumachers Mantra lautet „Think global act local“, wie sie auf der ZEITmagazin Konferenz im Januar verriet. Berlin, so Schumacher, stecke noch in den Kinderschuhen. Gerade dieser junge dynamische und hin und wieder vielleicht auch naive Spirit sei es, der ihre Arbeit positiv befruchte.
Und so bricht es der Fashion Week auch keinen Zacken aus der Krone, wenn sie räumlich und zeitlich verlegt werden muss.
Aufgrund der Fanmeile zur Fußball Europameisterschaft findet der Großteil der Schauen diesen Sommer nicht im Zelt am Brandenburger Tor, sondern an unterschiedlichen Locations rund um Berlin statt, wie etwa im Erika-Heß-Eisstadion, im Kronprinzenpalais und im MeCollectors Room.
Auch entschied sich die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung, die Fashion Week diesen Sommer bereits Ende Juni stattfinden zu lassen. Damit werden nicht nur Überschneidungen mit den Couture Schauen in Paris vermieden, sondern Berlin startet erstmalig auch als Auftaktveranstaltung im internationalen Modekalender.
Zur Sommerausgabe der Berliner Fashion Week finden neben den gezeigten Frühjahr/Sommer-Kollektionen 2017 wie immer auch die Modemessen Premium, Seek, Panorama, Show&Order, Greenshowroom & Ethical Fashion, Bright, Selvedge Run und Curvy is Sexy sowie zahlreiche Side-Events statt.
In dem U-Bahnhof Friedrichstrasse werden bis Ende der Woche die Sieger-Filme des European Fashion Film Award „FASH“ auf den Wandprojektionsflächen gezeigt:
Alle Runway-Shows werden als Live-Stream auf http://mbfashionweek.com/berlin
Zu sehen sein vom 28. Juni – 1. Juli 2016
Author: Katja Andreae
Journalistin und freie Autorin