Restaurant mit Techno – das Lamifa im Anomalie Art Club

Restaurant Lamifa-Anomalie-Club © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

Restaurant mit Techno – das Lamifa im Anomalie Art Club

 

Von Josefine Kammerer


14.01.2019

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Wie man Essen mit Kunst und Techno-Musik verbindet zeigt das neue Restaurant Lamifa im dazugehörigen Anomalie Art Club

Fine-Dine, Kunst & Techno – kaum ein Konzept könnte besser zu Berlin passen. Im Prenzlauer Berg haben vier französisch-deutschen Geschwister Anémone, Camille und die Zwillingsbrüder Jesse und Jeremy, eine einzigartige Kombination aus drei Kreativ-Szenen geschaffen. So werden Gaumen, Augen und Ohren zugleich stimuliert.

Angefangen hat das Projekt vor circa 5 Jahren mit einer Autofabrikhalle, in denen die Zwillinge Underground-Techno-Raves veranstalteten – „Die fabelhafte Welt der Anomalie“. Daraus entstand nach und nach eine Community aus Kreativen, die sich dort zusammenfanden, Ideen austüftelten und gemeinsam arbeiteten.

Da in Berlin das Nachtleben zu weitaus späterer Stunde beginnt als an vielen anderen Orten, kamen die vier Geschwister auf die Idee, zu Beginn des Abends Dinner unter Freunden zu veranstalten. Da die ältere Schwester, Anémone, welche nun das Restaurant führt, bereits in Südfrankreich ein Trüffel-Wein-Lokal besaß, wurden nun die zwei Konzepte zusammengeführt – Trüffel-Dinner und Techno-Parties. An die Idee glaubten auch Investoren, wodurch es möglich wurde, das Konzept von Grund auf neu und detailreich auszugestalten. Im April 2018 öffnete dann das Restaurant Lamifa und der Anomalie Art Club seine Türen.

Deren Triologie-Konzept wird auch in unterschiedlichen Veranstaltungen erfolgreich in Szene gesetzt. So fand im letzten Sommer ein persischer Abend statt, an welchem Kunst von iranischen Künstlern ausgestellt wurde, Musiker traditionell persische Instrumente spielten und dazu persische Köstlichkeiten gereicht wurden. Im Anschluss brachten persische Techno-DJs die Tanz-Säle des Anomalie zum Beben – ganz im Stil des Films „Raving Iran“, welcher an diesem Abend draußen im Kunstgarten gezeigt wurde.

Baguette mit Trüffelbutter, Restaurant LAMIFA © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

Aufgewachsen auf vielen Kontinenten, haben sich die Geschwister vorgenommen, ihr Glück der unterschiedlichen Genüsse, welches sie in ihrem Leben erfahren durften, mit anderen, weniger Glücklichen, zu teilen. Sie bieten Raum für junge Berliner Künstler, fangen Verlorene und Gestrandete auf und geben ihnen eine Möglichkeit sich ins Kollektiv einzubinden und Teil eines Gemeinschaftsprojekts zu werden. So stehen beispielsweise auch in der Küche des Restaurants nicht etwa nur ausgebildete Gourmetköche, sondern vor Ort angelernte Kochkünstler. Wahrhaftig eine große Familie – und dieses Gefühl ist auch sofort spürbar, sobald man das Restaurant betritt und herzlich umsorgt wird. „Lamifa“ steht auch in der französischen Jugendsprache verlanfür „la famille“.

Eine Trüffelwolke: Windbeutel gefüllt mit Parmesancreme Restaurant LAMIFA © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

Von der damaligen Autowerkstatt ist bis auf die hohen Wände und Decken nicht mehr viel übrig. Von außen nach wie vor eine Fabrikhalle, bei der man nicht erwarten würde, dass dies der Schauplatz für ein Fine-Dining Lokal ist. Doch von innen ist sie komplett durchgestylt. Riesige Türen und in die Höhe gezogene spitzbogige Durchgänge wirken imposant und fast mystisch – ideal für Kunst und Club-Räume. Im Restaurant wird dies durch farbige Samtkissen, vertikale Gärten und ein Meer von Kerzenarrangements aufgelockert und gemütlicher.

Eine Winterwanderung: Reblochon Raclette, Restaurant LAMIFA © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

Das Trüffelmenü besteht aus 3, meist vegetarischen, Gängen (es kann aber auch à la carte bestellt werden) und wechselt saisonal. Auch wechselt der Trüffel je nach Saison, denn kaum etwas spielt hier eine größere Rolle als die Wertschätzung für die einzelnen Produkte. So wird man im Spätherbst oder Winter keine Tomaten auf dem Teller finden, sondern das Menü wird durch Wurzelgemüse und Kürbis bestimmt. Auch der Wein wird nur von befreundeten provenzalischen Winzern bezogen, welche Acht auf Qualität und Nachhaltigkeit nehmen. Es gab kaum einen schöneren Moment als jenen, in welchem die Gastgeberin uns den Rosé vorstellte und von der einzigartigen Farbe des Weins, welche an das warme Licht Südfrankreichs erinnert, schwärmte –ihre Augen leuchteten im Einklang.

Geröstete Haselnüsse mit Kastanien Sauce in einem Kürbis serviert, Restaurant LAMIFA © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

Wir lernten bei unserem Besuch einiges über Trüffelsorten, deren Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Anbau. Die Wertschätzung für Zutat war auch hier zu spüren. Aufgewachsen mit dem Bild des Le caveur (Trüfflesucher), welcher die Löcher, die durch das Abernten des unterirdisch an Baumwurzeln wachsenden Trüffels entstehen, wieder mit Haselnüssen und Blattwerk verschloss. Somit gab er dem Baum, den er um seine symbiotische Beziehung mit dem Trüffel beraubt hatte, wieder etwas zurück. Denn es blutet nicht nur ein zu früh geernteter Trüffel, sondern auch das Trüffelherz der Gastgeberin bei dem Gedanken an die vorzeitige Ernte. Mit Herz dabei.

Ravioli mit Wurzelgemüse, Restaurant LAMIFA © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

Das Menü bot eine Auswahl an zwei Gerichten, je Vorspeise, Hauptgang und Dessert. Wir bestellten alle sechs Gerichte, um alles probiert zu haben. Nach erster Begeisterung über das luftig feuchte Baguette mit perfekt abgeschmeckter, salziger Trüffelbutter katapultierte man uns zunächst auf eine „Trüffelwolke“: ein herzhafter Windbeutel gefüllt mit Parmesancreme auf knackigen, geraspelten und mit Sesam verfeinerten Kaiserschoten. Dann führte man uns auf eine „Winterwanderung“ aus Kartoffel-Lauch-Pilz-Karotten Raclette vom nussig buttrigem Reblochon-Käse, welcher das Nussaroma des Trüffels wiederum fabelhaft untermalte.

Lebkuchen mit Orangensauce, Restaurant LAMIFA © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

Auch das Plating (das Anrichten der Speisen) hat mir sehr gut gefallen, da es die Saison, ihre Früchte und Farben spielerisch in Szene setzte. So wurde die Hauptspeise „Clockwork Orange“, eine dem Namen entsprechende, samtig cremige Kürbis-Kastanien Véloute (französische Samtsauce) mit in Pilz-Pesto gerösteten Haselnüssen, in einem Kürbis serviert. Der Clue daran war, dass man den Kürbis noch etwas auskratzen konnte und dadurch die moussige Véloute um ein paar knackigen Fruchtfleischstückchen ergänzen konnte – je nach Gusto. Auch die selbstgemachten Ravioli wurden auf fein entlang der Ursprungsform geschnittenem Wurzelgemüse serviert – orangefarbene Karotten, roter Radicchio, beigefarbene Pastinaken – das Farbenspiel des Herbstes.

Kürbis Fondant mit Rosmarin Schokoladensauce,Restaurant LAMIFA © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

Zum Abschluss gab es einen an Pumpernickel erinnernden Lebkuchen mit Orangensauce und Cashew Nusscreme, der mir insbesondere wegen seiner ganz dezenten Lebkuchennote gut gefiel. Überzeugend war das Kürbisfondant, welches mit einer Rosmarin-Schokoladensauce serviert wurde. Denn Gewürze, welche insbesondere aus herzhaften Gerichten bekannt sind, tragen oft zu einem schönen und jedes Mal aufs Neue überraschenden Twist bei.

Ob nur für ein leckeres Abendessen en truffe (von Mittwoch bis Samstag) oder ein spätes Dinner am Wochenende (Küchenschluss: 24 Uhr!) mit anschließendem Nachtschwärmen, garantiert das Lamifa einen wundervollen, herzlichen und köstlichen Abend. Laut Erzählungen der Gastgeberin sind im kommenden Jahr viele aufregende Veranstaltungen zu experimentellen Musik-, Kunst- und Dinner-Specials geplant. Ein Ort, der nicht nur durch das Essen die Seele wärmt!

Lamifa- Anomalie Art Club
Storkower Str. 123
10407 Berlin
Tel. 030 61098455

Hier unsere Bilderserie mit 4 Fotos vom Restaurant Lamifa:

Interieur des Restaurant Lamifa © Josefine Kammerer/ kultur24.berlin

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Restaurant with techno – the Lamifa at Anomaly Art Club
By Josefine Kammerer
01/14/2019

How to combine food with art and techno music shows the new restaurant Lamifa in the associated Anomaly Art Club

Fine-Dine, Art & Techno – hardly any concept could be better suited to Berlin. In Prenzlauer Berg, four French-German siblings have created a unique combination of three creative scenes. Itstimulates palate, eyes and ears at the same time.

About 5 years ago, the project started with a garagewhere the twins organized underground techno-raves – „The Fabulous World of Anomalie“. This gradually created a community of creative people who came together, worked out ideas and created art together.

As the nightlife in Berlin starts much later than in many other places, the siblings came up with the idea of ​​having dinner with friends before at the locality. Since the older sister, who now runs the restaurant, already had a truffle&wine restaurant in the south of France, the two concepts have now been brought together – truffle dinners and techno parties. Investors also believed in the ideaandmade it possible to design the concept from scratch in moredetail. In April 2018, the restaurant Lamifa and the AnomalieArt Club opened their doors

Thetrilogy concept is also successfully staged in various events. For example, a Persian evening took place last summer, where art by Iranian artistswas exhibitedandmusicians playedtraditionalPersian instrumentsto whichPersian delicacies were served. Afterwards, Persian techno-DJs madethe floors of the dance halls of the Anomalieshake- in line with the movie „Raving Iran“, which wasalsoshown outside in the “Kunstgarten”that evening.

Growing up on many continents, the siblings have decided to share their luckof the different pleasures they were able toexperiencewith others,less fortunate. They provide a space for young Berlin artists, catching the lost and stranded and giving them a chance to get involved in acollective and become part of a collectiveproject. For example, in the kitchen of the restaurantthe chefs are not alltrained gourmet chefs, but have beenlearned their skills on-site. Truly onebig family – and that feeling is immediately noticeable as soon as you enter the restaurant and are warmly cared for.In the French youth language verlan„Lamifa“ also stands for „la famille“.

Not much is left fromthe former garage besidesthe high walls and ceilings. From the outsidestill a factory hall, where onewould not expect a fine-dining eatery, but from the inside completely styled. Huge doors and pointed arched passages look imposing and almost mystical – perfect for art and club spaces. In the restaurant, such flairis softened by colored velvet pillows, vertical gardens and a sea of ​​candlearrangements

The truffle menu consists of three, mostly vegetarian courses (but it can also be ordered à la carte) and changes seasonally. Also, the truffle changes depending on the season, ashardly anything plays a greater role here than the appreciation for the individual products. Thus, in late autumn or winteronewill not find tomatoes on the plate, but the menu is dominatedby root vegetables and pumpkin. Even the wine stemsonly from befriendedwinemakers from the Provence who put emphasis onquality and sustainability. There was hardly a more touchingmoment than the one in which the hostess presented tous the Roséand raved about the unique color of the wine, which is reminiscent of the warm light of Provence, her eyes shiningin harmony.

We also learned a lot about the different truffle types, their differences, similarities and cultivation. The appreciation for ingredient was also felt here. Growing up with the image ofLe caveur(Truffle Seeker), which closedupthe holes hecreated by harvesting the truffle growing underground on rootsof treeswith hazelnuts and foliage. Thus, he gave the tree, which he had deprived of his symbiotic relationship with the truffle, something backin return. Not only does a truffle that has been harvested too early bleed, but also the truffle heart of the hostess at the mere thought of the premature harvest. Committed by heart.

The menu offered a choice of two dishes per starter, maincourse and dessert. We ordered all six dishes to try everything. After the first enthusiasm over the airy and moist baguette with perfectly flavored, salted truffle butter, we were catapulted on a“truffle cloud“: a hearty cream puff filled with Parmesan cream on crunchy, grated and sesame-flavored snap peas. Then we were led on a „winter hike“ composed of apotato,leek,mushroom and carrotRaclette made from thenutty andbuttery Reblochon cheese, which in turn underlined the nut flavor of the trufflefabulously.

I also liked the Plating(the way thedishes were served) very much, as it was a playful stagingof the season, its fruits and colors. The main course „Clockwork Orange“, a velvety and creamy pumpkin-chestnut Véloute (French velvet sauce) with in mushroom-pestoroasted hazelnuts, was served in an entirepumpkin. The clue was also that you could scratch out the pumpkin a bit and thus could supplement the creamyVéloute with a few crisp pulppieces. The homemade ravioli were served on finelycut, and according to their natural shape,root vegetables – orange carrots, red radicchio, beige parsnips – the colorplayof autumn.

To conclude, there was a gingerbread reminding of Pumpernickel served with orange sauce and creme of cashew, which I liked especially dueto the onlyvery subtle gingerbread flavor. Convincing was also the pumpkin Fondant, accompanied pnied bya rosemary chocolate sauce. Spices, which aregenerallyknown from savory dishes, often contribute to a beautiful and repeatinglysurprising twist.

Whether it’s just for a delicious dinner (from Wednesday to Saturday) or a late dinner on the weekend (kitched closes onlyat midnight!) followedby a night out, the Lamifa guarantees a wonderful, hearty and delicious evening. According to the hostess, many exciting events are planned for next year’s experimental music, art and dinner specials. A place where not only the foodwarms the soul!

Lamifa – Anomalie Art Club
Storkower Str. 123
10407 Berlin
phone 030 61098455

 

 

 

 

Author: Josefine Kammerer

Josefine Kammerer arbeitet bei einem Incubator von Unternehmen in Berlin und ist Besitzer des neuen israelischen Restaurants AVIV 030 in Berlin-Neukölln. Während eines Sabbatical besuchte sie eine Kochschule in Südamerika und betätigt sich in Berlin als Foodguide für das online Kulturmagazin kultur24.berlin.

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