Review Berlin Fashion Week SS24 – von klassisch bis Berghain

Kilian-Kerner - NAMILIA - Berlin Fashion Week, ph: Holger Jacobs

Review Berlin Fashion Week SS24 – von klassisch bis Berghain

 

Von Holger Jacobs

16.07.2023

for english text click here

Die 31. Ausgabe der BERLIN FASHION WEEK brachte einige Überraschungen durch ungewöhnliche Locations und noch ungewöhnlichere Outfits.

Selbst wenn ich jedes Mal darüber wettere, dass die BERLIN FASHION WEEK sich nicht mit den anderen großen vier Modezentren der Welt (Mailand, Paris, London, New York) messen kann und selbst die Copenhagen Fashion Week die deutsche Hauptstadt in Sachen Bedeutung schon überholt hat, muss ich zugeben, dass mich Berlin doch immer wieder positiv überrascht.

Dieses Mal kam der positive Schub durch mehrere große Kunstinstitutionen, die sich als Austragungsorte zur Verfügung stellten.
Und durch Modekollektionen, die als gut bis teilweise sensationell bezeichnet werden konnten.

Mens-Collection SS24 SAINT-LAURENT, Neue Nationalgalerie © Saint-Laurent

Nachdem vor einem Monat bereits die Luxusmarke SAINT-LAURENT aus Paris ihre Herrenmode in der NEUEN NATIONALGALERIE gezeigt hat, waren es jetzt drei weitere bedeutende Museen, die sich als Plattform für Berliner Modedesigner zur Verfügung stellten.

Neue Nationalgalerie mit Rose von Isa Genzken, ph: Holger Jacobs

– Im MARTIN-GROPIUS-BAU wurde die Frühjahr/ Sommerkollektion 2024 von WILLIAM FAN gezeigt,

WILLIAM FAN im Martin-Gropius-Bau Berlin, ph: Finnigan Godenschweger

– vor der ALTEN NATIONALGALERIE auf der Museumsinsel schritten die Models von RIANNA + NINA die große Freitreppe hinab

– im KRONPRINZENPALAIS Unter den Linden fanden sowohl die große Ausstellung DER BERLINER SALON (Bilderserie am Ende des Artikels), wie auch mehrere Modenschauen statt.

BOBKOVA im Kronprinzenpalais, ph: Holger Jacobs

Auch der Branchentreff der Berliner Mode, das FireSide Dinner des FASHION COUNCIL GERMANY mit 250 geladenen Gästen, fand im wunderschön renovierten TELEGRAPHENAMT am Monbijoupark statt.

FIRESIDE DINNER at Telegraphenamt Berlin, ph: Dominik Tryba

Nachdem früher bevorzugt „trashige“ Orte für die Präsentationen der Berliner Mode ausgesucht wurden, scheint jetzt der Trend in eine andere Richtung zu gehen.
Was letztlich auch der Tatsache geschuldet ist, dass immer mehr heruntergekommene Immobilien aus der DDR-Zeit verschwinden und entweder nach Renovierung im neuen Glanz erstrahlen (das ehemalige Kunstquartier TACHELES eröffnet nach Komplettsanierung samt neuen Wohn- und Geschäftshäusern am 14. September 2023 mit dem MUSEUM FOTOGRAFISKA) oder einem Neubau weichen müssen.

TACHELES 2006, ph: Holger Jacobs

Zuletzt konnte noch die Kunstinitiative „106.berlin“ in einem leerstehenden Gebäude aus der Jahrhundertwende (Friedrichstrasse 112) eine Kunstausstellung plus Musik-Performances organisieren.

„106.Berlin“ – Exhibition and Performances, Friedrichstrasse 112, ph: Holger Jacobs

Ich persönlich finde den Weg der Modepräsentationen vom „Trash“ zu musealer Umgebung interessant.
Vielleicht ein Zeichen dafür, dass sich die Berliner Mode vom Underdog zu einem internationalen Player entwickeln kann, der auch in anderen Metropolen Beachtung findet.

Von den vielen Veranstaltungen der BERLIN FASHION WEEK habe ich mir die zwei wichtigsten herausgesucht.

Meine zwei Favoriten:

WE4.FASHION DAY

Der Berliner Modedesigner KILIAN KERNER war schon immer einer meiner Favoriten. Dieses Mal wollte er aber noch ein soziales Element seiner Veranstaltung hinzufügen: Unterstützung der Deutschen Krebshilfe!
Mehrere Personen aus seinem Umfeld waren in den letzten Jahren an Krebs erkrankt. Und was wir vielleicht durch die Corona-Pandemie vergessen haben: Die Krankheit Krebs bedeutet immer noch den zweitwichtigsten Sterblichkeitsgrund nach Herz- und Lungenkrankheiten!

Aus diesem Grund haben sich KILIAN KERNER mit REBEKKA RUETZ, MARCEL OSTERTAG und DANNY REINKE unter dem Titel „WE4.FASHION DAY“ zusammengetan, um in der großen Konzerthalle Verti Music Hall in Berlin vor 800 begeisterten Fans ihre Kollektionen zu zeigen.

REBEKKA RUETZ, Verti Music Hall, ph: Sebastian Reuter

Hierzu konnten Tickets gekauft werden (Preise zwischen 50 – 200 Euro für alle vier Shows, von 14.00 bis 23.00 Uhr + After Sow Party), deren Erlös der Deutschen Krebshilfe zugute kommt.
Im September soll die Aktion noch einmal wiederholt werden.

Auch das Publikum war trendy gekleidet: Hier singer/ songwriter JENICE in einem transparenten Outfit:

Singer/ Songwriter JENICE, ph: Holger Jacobs

Mein Video von der Runway Show von KILIAN KERNER in der Verti Music Hall:

NAMILIA

Die andere sehr ungewöhnliche Präsentation war die krasse Show von NAMILIA.
Gegründet 2015 von EMILIA PFOHL und NAN LI (ehemalige Studenten des Royal College of Art in London) lassen sich die beiden von der queeren Szene und der LGBTQ Gemeinde inspirieren. Gender-spezifische Kleidung gibt es hier nicht mehr oder sie wird knallhart übertrieben und vice versa an beiden  Geschlechtern getragen.

Mein Video der Show von NAMILIA:

Und jede Art von Models war auf dem Laufsteg vertreten: klein, groß, hässlich, schön, dick, schlank, männlich, weiblich, behindert, divers.
Mein Fazit der NAMILIA Show: Mehr Berlin geht nicht!
Als wenn das BERGHAIN an diesem Tag seinen Club in den Kronprinzenpalais verlegt hätte…
Auch die zahlreich erschienene Fan-Gemeinde sah optisch genauso aus, wie die Models auf dem Laufsteg.

Hier Model FRIEDER SELL mit Model-Freundin FIYORI:

Frieder Sell + Fiyori vor dem Kronprinzenpalais, ph: Holger Jacobs

Fazit: Die Berliner Modeszene wird sich in der Zukunft genau zwischen diesen beiden Polen entwickeln: Dem Traditionellen und dem poly-geschlechtlichen Gendermix.
Trends: Lange, fließende Kleider, häufig transparent und weite, lange Herren-Jackets für Frauen (und Männer).

Hier meine Bilderserie mit 15 Fotos vom BERLINER SALON:

KITSCHY COUTURE by Abarna Kugathasan, Berlin Fashion Week, Kronprinzenpalais, ph: Holger Jacobs

 

English text

 

Review Berlin Fashion Week SS24 – from classic to Berghain

 

By Holger Jacobs


07/16/2023

The 31st edition of BERLIN FASHION WEEK brought some surprises with unusual locations and even more unusual outfits.

Even if I always rant that BERLIN FASHION WEEK cannot compete with the other four major fashion centers in the world (Milan, Paris, London, New York) and that even Copenhagen Fashion Week has overtaken the German capital in terms of importance , I have to admit that Berlin always surprises me positively.

This time, the positive boost came from several major arts institutions volunteering as venues.
And through fashion collections that could be described as good or even sometimes sensational.

Neue Nationalgalerie mit Rose von Isa Genzken, ph: Holger Jacobs

After the luxury brand SAINT-LAURENT from Paris showed its men’s fashion in the NEUE NATIONALGALERIE a month ago, three other important museums have now made themselves available as a platform for Berlin fashion designers.

Mens-Collection SS24 SAINT-LAURENT, Neue Nationalgalerie © Saint-Laurent

– The spring/summer collection 2024 by WILLIAM FAN was shown in the MARTIN-GROPIUS-BAU

WILLIAM FAN im Martin-Gropius-Bau Berlin, ph: Finnigan Godenschweger

– in front of the ALTE NATIONALGALERIE on the Museum Island, the models from RIANNA + NINA walked down the large staircase

– the exhibition DER BERLINER SALON (picture series below) and several fashion shows took place in the KRONPRINZENPALAIS Unter den Linden.

BOBKOVA im Kronprinzenpalais, ph: Holger Jacobs

Also the meeting point for Berlin fashion, the FireSide Dinner of the FASHION COUNCIL GERMANY with 250 invited guests, took place in the beautifully renovated telegraph office at Monbijoupark.

FIRESIDE DINNER at Telegraphenamt Berlin, ph: Dominik Tryba

Whereas in the past „trashy“ locations were preferred for presenting Berlin fashion, the trend now seems to be going in a different direction.
Which ultimately also fits with the fact that more and more run-down properties from the GDR era are disappearing and either shine in new splendor after renovation (the former art quarter TACHELES opens after complete renovation including new residential and commercial buildings on September 14, 2023 with the MUSEUM FOTOGRAFISKA ) or have to give way to a new building.

TACHELES 2006, ph: Holger Jacobs

Most recently, the art initiative „106.Berlin“ was still able to organize an art exhibition plus music performances in a vacant building from the turn of the century (Friedrichstrasse 112).

106.Berlin – Exhibition and Performances, Friedrichstrasse 112, ph: Holger Jacobs

Personally, I find the path taken by fashion presentations from “trash” to a museum setting interesting.
Perhaps a sign that Berlin fashion can develop from being an underdog to an international player that is also attracting attention in other metropolises.
And finally: after years of „trash“ it can now be something different. Because in every change there is also the chance of a new beginning.
From the many events of the BERLIN FASHION WEEK I have tried to select the two important ones.

My two favourites:

WE4.FASHION DAY

Berlin fashion designer KILIAN KERNER has always been one of my favourites. But this time he wanted to add a social element to his event: support for the German Cancer Aid!
Several people around him had been diagnosed with cancer in recent years. And what we may have forgotten due to the corona pandemic: Cancer is still the second most important reason for mortality after heart and lung diseases!
For this reason, KILIAN KERNER has teamed up with REBEKKA RUETZ, MARCEL OSTERTAG and DANNY REINKE to show their collections in front of 800 enthusiastic fans in the large concert hall Verti Music Hall in Berlin.

REBEKKA RUETZ, Verti Music Hall, ph: Sebastian Reuter

My video of the KILIAN KERNER runway show:

Tickets could be bought for this (prices between 50 and 200 euros for all four shows, from 2:00 p.m. to 11:00 p.m. + After Sow Party), the proceeds of which will benefit the German Cancer Aid.
The campaign will be repeated again in September.
The audience was also dressed trendy: here singer/songwriter JENICE in a transparent outfit:

Singer/ Songwriter JENICE, ph: Holger Jacobs

NAMILIA

The other very unusual presentation was the blatant show by NAMILIA.
Founded in 2015 by EMILIA PFOHL and NAN LI (former students of the Royal College of Art in London), the two are inspired by the queer scene and the LGBTQ community. Gender-specific clothing no longer exists or is grossly exaggerated and vice versa worn by both sexes.And every type of model was represented: short, tall, ugly, beautiful, fat, slim, male, female, diverse.
My conclusion of the NAMILIA Show: More Berlin is not possible!
As if the BERGHAIN had moved its club to the Kronprinzenpalais that day…
The numerous fan community that appeared looked just like the models on the catwalk.

Frieder Sell + Fiyori, ph: Holger Jacobs

My video of the NAMILIA runway show:

Conclusion:
In the future, the Berlin fashion scene will develop between these two poles: the traditional and the poly-gender mix.
Trends:
Long, flowing dresses, often transparent, and wide, long men’s jackets for women (and men).

Here is my series of photos from the exhibition DER BERLINER SALON in the Kronprinzenpalais:

KITSCHY COUTURE by Abarna Kugathasan, Berlin Fashion Week, Kronprinzenpalais, ph: Holger Jacobs

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

Cookies help us deliver our services. By using our services, you agree to our use of cookies.