The Turn of the Screw – Eros an der Staatsoper

The Turn of the Screw - Staatsoper Berlin Foto: Monika Ritterhaus

The Turn of the Screw – Eros an der Staatsoper

Neuinszenierung an der Staatsoper Berlin im Schillertheater

Wertung 🙂 🙂 🙂 🙂      (vier von fĂŒnf möglichen)

Von Holger Jacobs

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19.11.2014.

 

Liebe Kulturfreunde,

 

Selten hat es in dem bĂŒrgerlichen 50er-Jahre Bau des Schillertheaters in Berlin so geknistert wie an diesem Abend. Benjamin Brittens Geisteroper ging ĂŒber die BĂŒhne mit vielen Anspielungen auf Kindesmissbrauch, PĂ€dophilie und inzestuösen Spielchen.

 

Worum geht es?

 

Ende des 19. Jahrhunderts gab es in England eine Welle von Geisterbeschwörungen. Zahlreich waren Augenzeugenberichte, die ĂŒber Geistererscheinungen berichteten. Ähnlich der Ufo-Sichtungen in den 50er-und 60er-Jahren in den USA. Der bekannte englische Autor Henry James interessierte sich brennend dafĂŒr und veröffentlichte 1998 seine Novelle „The Turn of the Screw“. Darin beschreibt er die Geschichte einer Gouvernante, die in ein altes englisches Schloss kommt um 2 Waisenkinder zu betreuen. Bald hört sie Stimmen und sieht die Geister zweier frĂŒherer Angestellten. Auch das Verhalten der beiden Kinder ist mehr als seltsam. Eine HaushĂ€lterin, die einzige weitere erwachsene Person im Schloss, erzĂ€hlt ihr von dem frĂŒheren GĂ€rtner Quint und der Gouvernante Miss Jessel, die beide auf mysteriöse Weise ums Leben kamen. Mit der Zeit steigert sie sich dermaßen in einen zwanghaften Wahn hinein die Kinder vor den Geistern zu schĂŒtzen, dass sie am Schluss keinen anderen Ausweg mehr sieht, als den Jungen zu töten, um ihn von dem Geist zu befreien.

 

Benjamin Britten nahm den Text von Henry James zur Vorlage und schrieb die Oper Anfang der 50-er Jahre. Er hatte, Jahrgang 1913, frĂŒh bemerkt, dass er lieber Jungen als MĂ€dchen mochte. Zu der Zeit noch eine schwierige Situation, zumal er aus gutbĂŒrgerlichem Elternhaus kam. Dies fĂŒhrte dazu, dass mehrere seiner Opernwerke die unterdrĂŒckte SexualitĂ€t zum Thema haben. So auch in der anderen Britten Oper, „Die SchĂ€ndung der Lucrezia“, die an 2 Tagen im November von der Deutschen Oper Berlin aufgefĂŒhrt wurde, wohl als Nachtrag zu Brittens 100. Geburtstag, der am 22. November 2013 begangen worden wĂ€re.

 

Ich möchte hier nicht unerwÀhnt lassen, dass ich als kleiner Junge in den 60er Jahren Benjamin Britten selbst erlebt habe, als ich ihn auf Schloss Elmau in Oberbayern durch meine Eltern kennen gelernt habe. Er war mit seinem langjÀhrigen Lebenspartner und Tenor Peter Pears gekommen und begleitete diesen am Klavier.

 

Der alte Regiefuchs Claus Guth, der schon an vielen HĂ€usern inszeniert hat, wie z.B. in Bayreuth oder auch an der MailĂ€nder Scala, fĂŒhrt das StĂŒck sehr geschickt und mit viel GefĂŒhl durch die AbgrĂŒnde sexueller Fantasien. Dazu passt das elegante, aber auch dĂŒster wirkende BĂŒhnenbild von Christian Schmidt. In einer Szene lĂ€sst der Maler Balthus mit seinen sexuell-provozierenden Bilder fröhlich grĂŒĂŸen. Ivor Bolton leitet die Staatskapelle und ihre Musiker gekonnt durch die moderne Komposition.

 

Als SĂ€nger fallen besonders Emma Bells als die Gouvernante hervor, aber auch Thomas Lichtenecker als der Junge Miles und Sonia GranĂ© als MĂ€dchen Flora können ĂŒberzeugen. Insgesamt ein spannender Abend mit einem tollen Opernerlebnis und einem Ensemble auf hohem Niveau. Sehr zu empfehlen!

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and videographer.

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