Thomas Struth und die neue Kunst der Fotografie

Shipyard - Thomas Struth - Martin-Gropius-Bau © Holger Jacobs

Thomas Struth und die neue Kunst der Fotografie

 

„Thomas Struth – Nature & Politics“ im Martin-Gropius-Bau

Von Holger Jacobs

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14.6.2016

Liebe Kulturfreunde,

am letzten Freitag wurde die Ausstellung „Thomas Struth – Nature & Politics“ im Martin-Gropius-Bau eröffnet. Den meisten wird der Name Thomas Struth nicht sehr viel sagen, jedoch gehört er zu den berühmten Becher-Schülern aus Düsseldorf. Diese Gruppe von Studenten der beiden Professoren Hilla und Bernd Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie begründete Ende der 70-er Jahre in Deutschland eine völlig neue Generation von Fotografen – wohlbemerkt künstlerischer Fotografen, nicht Werbe- oder Modefotografen.

Worum geht es?

Bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts hatte man nur wenig Verständnis dafür die Fotografie überhaupt als Kunstform anzusehen. Und wenn überhaupt, dann nur alte so genannte Vintage Prints, also Bilder bereits verstorbener Fotografen, die ihre Fotografien noch selber in der Dunkelkammer vergrößert hatten. Diese dann als selten oder einmalig deklarierten Abzüge hatten, zumal wenn der Fotograf schon damals ein gewisses Renommee genoss, einen gewissen Wert. Einer der frühen Sammler solcher Bilder waren der Galerist Kicken aus Köln und der Fotograf F.C. Gundlach aus Hamburg. Der Wert dieser Bilder ist heute um das 10 bis 20-fache gestiegen.

Das größte Problem für die Sammler stellte immer die Vervielfältigung der Fotografien dar. Anders als Gemälde kann man durch das Negativ immer neue Abzüge von ein und demselben Motiv machen. Doch ein Sammler möchte ein Einzelstück haben, etwas, was nur er allein besitzt.

Die Professoren Hilla und Bernd Becher waren schon vor ihrem Ruf an die Düsseldorfer Kunstakademie bekannte Fotografen. Sie hatten in den 60er Jahren begonnen Industrieanlagen in Deutschland, England und Frankreich fotografisch zu dokumentieren. Immer schwarz-weiß, immer schattenlos, immer kühl und emotionslos. Ihre ersten Schüler waren Andreas Gursky, Candida Höfer, Thomas Struth und Thomas Ruff, Jörg Sasse, Axel Hütte, Elger Esser und Götz Diergarten – um nur die Wichtigsten zu nennen. Alle diese Fotografen stehen heute in der Welt der Kunst ganz oben. Am höchsten wohl Andreas Gursky, dessen Werke für mehr als eine halbe Million Euro gehandelt werden.

Einer der wesentlichen Neuerungen der Becher-Schüler zur früheren Fotografie bestand darin, wesentlich größere Abzüge von den Negativen zu machen, als das bisher üblich war. Wo früher ein Format von 50 x 60 cm schon als groß galt, wurden jetzt die Bilder auf 120 x 160 bis zu 180 x 240 cm aufgeblasen.

Eine weitere Neuerung war die Limitierung auf eine bestimmte Stückzahl der Abzüge, die der Fotograf festlegte. Damit wollte man das Problem der unbestimmten Vervielfältigung in den Griff bekommen und die Bilder für Sammler attraktiver machen. Andreas Gursky machte z.B. immer 6 Stück von einem Motiv. Allerdings in Größen von über 2 Meter Breite.

Thomas Struth zeigt jetzt in seiner Ausstellung „Nature & Politics“ im Martin-Gropius-Bau großformatige Arbeiten mit Motiven aus Vergnügungsparks, Industrieanlagen und Natur- und Stadtlandschaften. Nach eigener Aussage soll es Dinge zeigen, die sich der Mensch durch seine Kreativität erschaffen hat. Von seiner berühmten Serie der Museumsbilder, die er in den 90er Jahren realisierte, ist dieses Mal nichts zu sehen. Leider.

In unserem Video auf kultur24.berlinTV könnt Ihr eine kurze Begehung der Ausstellung machen.

„Thomas Struth – Nature & Politics“
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstr. 7
10963 Berlin

Öffnungszeiten Mi – Mo 10 – 19 Uhr, Di geschlossen

Die Ausstellung läuft noch bis zum 18. September 2016

Thomas Struth, "Mountain", Anaheim 2013, Martin-Gropius-Bau © Holger-Jacobs

Thomas Struth, „Mountain“, Anaheim 2013, Martin-Gropius-Bau © Holger-Jacobs

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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