Der Schatz des Priamos – 200 Jahre Heinrich Schliemann

Heinrich Schliemann - Der Schatz des Priamos © kultur24.berlin

Der Schatz des Priamos – 200 Jahre Heinrich Schliemann

 

Von Holger Jacobs

17.05.2022

Zum 200. Geburtstags des großen Archäologen Heinrich Schliemann zeigt die James-Simon-Galerie und das Neue Museum die Ausstellung „Schliemanns Welten“

Um es gleich vorneweg zu sagen:
Bis heute ist man sich nicht sicher, ob es die Stadt Troja, die der griechische Dichter Homer in seiner „Ilias“ beschrieben hat, überhaupt gegeben hat. Und wenn ja, wo sie lag.
Aber der Mythos ist ungebrochen, in dessen Bann auch der reiche deutsche Kaufmann Heinrich Schliemann Mitte des 19. Jahrhunderts gezogen wurde.

Der sogenannte „SCHATZ DES PRIAMOS“, den Schliemann bei seinen Ausgrabungen im vermeintlichen Troja 1873 fand und der bis 1945 im Besitz der Preußischen Museen in Berlin war, wurde zum Ende des 2. Weltkriegs von russischen Truppen entwendet und galt zunächst als verschollen.
Erst Anfang der 90er Jahre nach dem Ende der Sowjetunion wurden die Gegenstände in Moskau wiedergefunden und werden seit 1996 im Puschkin Museum in Moskau ausgestellt.
Jeder Versuch seitens der Deutschen Bundesregierung die wertvollen Ausgrabungsstücke wieder zurückzubekommen ist bisher gescheitert.

Das goldene Diadem aus dem „Schatz des Priamos“, Puschkin Museum in Moskau -cc-Wikimedia Commons

Heinrich Schliemann

Der sogenannte „SCHATZ DES PRIAMUS“ ist nur ein Teil der Ausstellung (die goldenen Fundstücke sind Kopien der Originale aus dem Puschkin Museum in Moskau) über das Leben und Werk Heinrich Schliemanns.
Vielmehr wird versucht seinen überaus spannenden Lebensweg nachzuvollziehen.
Denn ähnlich, wie die Brüder Humboldt Hundert Jahre zuvor, war Schliemann ein ruheloser Geist mit unstillbarem Wissensdurst.
Erst diese Eigenschaft brachte ihm die Befähigung seinen „SCHATZ DES PRIAMOS“ am frühen Morgen des 31. Mai 1873 im vermeintlichen Troja zu finden.

Die Ringmauer in Troja, „Schliemanns Welten“ © Staatliche bMuseen zu Berlin

Jugend und erste Anstellung in Amsterdam

Geboren am 6. Januar 1822 wächst Heinrich Schliemann in einem kleinen Ort in Mecklenburg als fünftes von neun Kindern auf. Nur mit einem Realschulabschluss entschließt er sich mit 19 Jahren nach Südamerika auszuwandern. Ein Sturm auf der Nordsee bringt ihn stattdessen nach Amsterdam, wo er in einem Handelshaus eine Stelle annimmt.
Und er beginnt seine erste Passion: Fremdsprachen.
Innerhalb eines Jahres lernt er Niederländisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch.
Zurück in Hamburg setzt er seine Tätigkeit in einem Handelshaus fort und wird von seinem Chef kurze Zeit später zu deren Niederlassung nach St. Petersburg versetzt.

Heinrich Schliemann, „Schliemanns Welten“ © Staatliche bMuseen zu Berlin

St. Petersburg

Hier beginnt seine zweite Leidenschaft: Geld verdienen.
Er eröffnet mit 25 Jahren sein eigenes Handelshaus und wird durch geschickten Handel mit Rohstoffen aus Asien innerhalb von drei Jahren ein reicher Mann.

Reise nach Kalifornien

Doch bereits 1950 wird er wieder unruhig und gibt seiner größten Leidenschaft nach: Ferne Länder und unbekannte Kulturen zu erkunden.
Er fährt zu seinem Bruder nach Kaliforniern, der dort als Goldschürfer arbeitet. Doch als schlauer Geschäftsmann beteiligt er sich nicht am mühevollen Goldschürfen, sondern wird erfolgreicher Goldhändler.
Und verdient noch mehr Geld.
Zurück in St. Petersburg heiratet er 1852 eine Tochter aus wohlbanden Kreisen. Bei Ausbruch des Krimkrieges (1853 – 1856) versorgt er die russische Armee mit notwendigem Material und wird noch reicher. Und lernt Latein und Altgriechisch. Am Ende seines Lebens soll er 12 Sprachen mehr oder weniger fließend beherrscht haben.

Reise nach China und Japan

Des Geldverdienens müde gibt er 1864 seiner früheren Leidenschaft wieder nach und beginnt eine Asienreise.
Zunächst reist er über Ägypten und Indien nach China, welches zu dieser Zeit noch wenig Besuch von Europäern erhielt. Hongkong, Shanghai und Peking sind die Stationen.
Dann geht es weiter nach Japan, welches nach 200- jähriger Isolation von der restlichen Welt erst 10 Jahre zuvor durch amerikanische Truppen gezwungen wurde, den Handel mit der westlichen Welt wieder aufzunehmen.

Paris

Über die USA kehrt er 1866 nach Europa zurück und landet in Paris.
Dort angekommen ist er fasziniert von der Französischen Kultur und seinen Gelehrten.
Er nimmt Kurse an der Universität Sorbonne und beschäftigt sich intensiv mit der Griechischen Geschichte und den Schriften Homers.

Die Ebene TROAS in der heutigen Türkei-cc-Wikimedia Commons

Griechenland und Troja

Fasziniert von der „Ilias“ und der „Odyssee“ von Homer bricht Heinrich Schliemann schließlich 1868 zu einer Forschungsreise nach Griechenland auf.
Zunächst sucht er den Palast des Odysseus (einer der Helden des Trojanischen Krieges) auf der Insel Ithaka, aber vergeblich.
Am 9. August 1864 kommt er zum ersten Mal in die Ebene von Troas (heutige Türkei), nahe der Meeresenge der Dardanellen, wo auch Homers Troja gelegen haben soll.
Mit Homers „Ilias“ in der Hand sucht er die Gegend Stein für Stein ab und findet den Hügel Hisarlik, auf den ihn ein Freund hingewiesen hatte. Es erscheint ihm die einzig mögliche Stelle.
1870 beginnt er mit den ersten Grabungen, obwohl er noch keine Grabungslizenz hat.
Er heuert örtliche Hilfskräfte an und gräbt zunächst einen sehr tiefen Graben („Schliemann-Graben“) quer durch den Hügel, um mehrere übereinander liegende Schichten freizulegen (es werden insgesamt 10 Siedlungsschichten aus der Zeit zwischen 3000 v.Chr. bis 400 n.Chr. entdeckt; die Zeit von Homer liegt bei ca. 800 v. Chr.).

Die Siedlungsschichten auf dem Hügel von Troja-cc-Wikimedia Commons

Endlich die Lizenz in der Hand findet er schnell antike Vasen und Alltagsgegenstände aus unterschiedlichen Epochen.
Nach einer Winterpause, welche er mit seiner neuen griechischen Frau verbringt, geht es im Jahre 1871 weiter. Nach zwei weiteren Jahren, am 31. August 1873, findet Heinrich Schliemann schließlich an einer Stelle unter den Steinen der Ringmauer eine silberne Schale mit verschiedenen Goldketten und einem goldenen Kopfschmuck:
Den „SCHATZ DES PRIAMOS“.
Auf Grund der Grabungstiefe müssen die gefundenen Gegenstände aber mindestens 1000 Jahre älter sein, als die Geschichte Homers.
Doch Schliemann war so begeistert von seinem Fund, dass er ihn spontan zum SCHATZ DES PRIAMOS (laut Homer war Priamos der König von Troja) erklärte.

Der Siedlungshügel von Troja -cc- Wikimedia Commons

Aus Angst, er müsse seinen „Schatz“ entweder den Osmanen oder den Griechen aushändigen, ließ er die Fundstücke heimlich außer Landes bringen, bis sie zum ersten Mal 1877 im Londoner South Kensington Museum der Öffentlichkeit präsentiert wurden.
Sein deutscher Freund Rudolf Virchow überredete Schliemann schließlich die Gegenstände den Berliner Museen als Geschenk zu vermachen.
Bis zum Kriegsbeginn 1939 war der „SCHATZ DES PRIAMOS“ im Völkerkundemuseum in Berlin.

Die Ausstellung „Schliemanns Welten“

Die Ausstellung ist sehr umfangreich und geht über zwei Häuser.
In der James-Simon-Galerie sehen wir die Anfangsjahre von Heinrich Schliemann, im Neuen Museum kommen die spektakulären Ausgrabungen aus Griechenland und der Türkei (damals Osmanisches Reich).
Mit meiner Bilderserie weiter unten könnt Ihr durch die gesamte Ausstellung gehen.

Fazit: Die Ausstellung gibt einen sehr detaillierten Einblick über das außerordentliche Leben dieses Mannes voller Leidenschaft und Intelligenz.
Sehenswert!

„Schliemanns Welten – Sein Leben. Seine Entdeckungen. Sein Mythos“
James-Simon-Galerie und Neues Museum
Museumsinsel Berlin
Vom 13. Mai – 6. November 2022

Mit meiner Bilderserie einmal durch die Ausstellung:

Der Schatz des Priamos, „Schliemanns Welten“, Staatliche Museen zu Berlin, Photo: Holger Jacobs

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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