Die Oper NORMA zu den Festtagen in der Staatsoper Berlin

Norma - Staatsoper Berlin - ph: Bernd Uhlig

Die Oper NORMA zu den Festtagen in der Staatsoper Berlin

 

Von Holger Jacobs

17.04.2025

Wertung: 😉 😉 (zwei von fünf)

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Liebes-Drama in Zeiten der Römer und Gallier

Das 19. Jahrhundert brachte eine wahre Flut an Opern hervor.
In Mittel-Europa hatte sich neben dem Clerus und dem Adel bereits ein gehobenes Bürgertum entwickelt, welches nach Amüsement und Zerstreuung suchte.
Zu einer Zeit, in der es noch keine elektronischen Medien gab, war die einzige Möglichkeit der Unterhaltung in Theater- und Opernhäusern zu finden.
Dabei waren die italienischen Opernkomponisten führend und die Mailänder Scala das Mekka der Opernwelt.
Die Partituren der großen Meister, wie GUISEPPE VERDI, GAETANO DONEZETTI, GIOACHINO ROSSINI und VINCENZO BELLINI gingen um die Welt und wurden in Berlin, Wien, Paris und London und New York gefeiert.
Von BELLINI sind 11 Opern überliefert (dabei ist „Norma“ die bekannteste), von VERDI 32, von ROSSINI 42 und von DONIZETTI sogar 70.

Vincenzo BELLINI, 1850, Guiseppe Tivoli

„Norma“ von Bellini zu den Oster-Festtagen in Berlin

Die Oper „Norma“ von BELLINI spielt zur Zeit der römisch-gallischen Kriege kurz vor der Eroberung ganz Galliens (das heutige Frankreich) durch JULIUS CAESAR.
1.Akt. Die Hohepriesterin der Gallier, Norma, hatte sich verbotenerweise in den römischen Statthalter Pollione verliebt und mit ihm heimlich zwei Kinder gezeugt.
Doch nun stehen sich wieder einmal das römische und das gallische Heer gegenüber und Norma soll als Hohepriesterin der Druiden durch Schneiden von Misteln („Asterix und Obelix“ lassen schön grüßen…) den gallischen Kriegern einen erfolgreichen Kampf vorhersagen.
Doch Norma hat Angst vor den Folgen und zögert ihre Weissagung hinaus (Arie „Casta Diva“).
Als sie herausfindet, dass ihr geliebter Römer Pollione mittlerweile die Novizin Adalgisa liebt und mit ihr nach Rom gehen will, kommt es zu einer dramatischen Szene zwischen den Dreien.
2. Akt Norma ist völlig verzweifelt und will sich und ihre Kinder umbringen.
Doch sie entscheidet sich dafür, ihre Kinder zu retten und sie lieber Pollione und Adalgisa zu geben, damit beide mit ihnen nach Rom gehen können.
Doch der Plan scheitert.
Letztlich gibt Norma den Galliern den Befehl zum Angriff auf die Römer.
Dazu soll ein Menschenopfer in Form eines gefangenen Römers erbracht werden. Es trifft ausgerechnet Pollione.
Norma zögert und gestattet Pollione ein letztes Gespräch unter vier Augen.
Sie verlangt von ihm sich von Adalgisa loszusagen, doch er weigert sich und das Schicksal nimmt seinen Lauf mit tödlichem Ausgang.

Kritik

Über die Inszenierung kann ich leider nicht viel Gutes schreiben.
Eine Zuschauerin sagte mir in der Pause: „Augen zu und der schönen Musik zuhören“.
Die Peinlichkeiten fingen gleich nach Beginn der Oper an:
Mitten in der Ouvertüre ging plötzlich der Vorhang runter, um kurz darauf wieder hoch zu gehen, ohne erkennbaren Grund.
Als hätte jemand im Regieraum aus Versehen den falschen Knopf gedrückt.
Dasselbe passierte noch einmal im Terzett am Ende des ersten Aktes:
Nachdem Norma (RACHEL WILLIS-SØRENSEN) und Adalgisa (ELMINA HASAN) sich über ihre Liebe zu Pollione (DMITRY KORCHAK) ausgetauscht hatten, soll dieser eigentlich hinter einer Tür auf seinen Auftritt warten.
Als Norma diese Tür öffnet, um ihn reinzulassen, ist da aber keiner.
Also Tür wieder zu, Augenblick gewartet und dann wieder auf: Jetzt ist er endlich da.
Das Publikum fing an zu lachen…
Der russische Regisseur (russische Sänger und Musiker sind anscheinend wieder uneingeschränkt bei uns willkommen) VASILY BARKHATOV verortet die Oper nicht in das Gallien des 1. Jahrhunderts vor Christus, sondern an den Anfang des 20. Jahrhunderts.
Und zwar in eine Keramikwerkstatt, die zu Beginn von Männchen in grünen Einheitsuniformen ohne Hoheitszeichen gestürmt wird, ganz so, wie die russischen Soldaten 2014 die Ost-Ukraine und die Krim überfallen haben.
Dass in der Inszenierung diese grünen Männchen dann die Arbeiter der Fabrik brutal abstechen, finde ich dann doch ziemlich unpassend, angesichts dessen, was jeden Tag in der Ukraine passiert.

„Norma“, Keramikwerkstatt, ph: Bernd Uhlig

Musikalisch und gesanglich gestaltet sich der Abend schon besser.
Die US-amerikanische Sopranistin RACHEL WILLIS-SØRENSEN (*1984), Ensemble-Mitglied der Dresdner Semperoper von 2012 – 2015, ist eine in ihrem Erscheinungsbild wahre Walküre, bewältigt die Partitur überzeugend, kommt aber nicht an die Qualität der zierlichen MARIA CALLAS heran, deren „Norma“ in der 1960er Jahren wohl das Beste wahr, was der Opernwelt in dieser Rolle je gehört hat.

Maria Callas, 1958 -çç-Wikimedia Commons

Auch die berühmte Arie am Anfang des 1. Aktes,„Casta Diva“, bringt die Sängerin aus Texas gut über die Bühne, nur leider verlangte wohl der Dirigent FRANCESCO LANZILLOTTA (leitete auch in Wien die dortige Koproduktion) eine Verlangsamung im Rhythmus, so dass die Strahlkraft dieses Gesangsstücks ziemlich verloren ging.
Überhaupt empfand ich das Dirigat als sehr leidenschaftslos, obwohl diese Oper große dramatische Höhepunkte hat.

Die schöne und junge ELMINA HASAN aus Aserbaidschan ist eine aufstrebende Sopranistin.
Allein in der Bayerischen Staatsoper singt sie zurzeit in den Opern „Rigoletto“, „Nabucco“ und „Cavaleria Rusticana“.

ELMINA HASAN © Bayerische Staatsoper

In ihrer Rolle der Adalgisa, der Gegenspielerin von Norma, singt ELMINA HASAN auf gutem Niveau, ohne aber der Rolle entscheidende Impulse zu geben.
Besonders auffällig ist dagegen die kräftige Stimme des russischen Tenors DMITRY KORCHAK als Pollione, der gleich in der ersten Sekunde losschmetterte, als müsse er unbedingt die ganze Welt von seiner Qualität überzeugen.
Stimmlich tut er das auch, doch optisch ist er so langweilig, dass man sich als Zuschauer fragt, wie sich wohl zwei Frauen gleichzeitig in so einen Mann verlieben konnten, dass sie für ihn sogar in den Tod gehen würden…
Fazit: Nur für absolute Fans des Belcanto und der Musik von BELLINI.

Premieren Party „Norma“, Staatsoper Berlin, ph: Jakob Tillmann

„Norma“ von Vincenzo Bellini
Staastsoper Unter den Linden
Premiere war am 13.04.2025
Musikalische Leitung: Francesco Lanzilotta
Inszenierung: Vasily Barkhatov
Bühne: Zinovy Margolin, Kostüme: Olga Shaishmelashvili
Chorleitung: Dani Juris
Mit: Rachel Willis-Sørensen (Norma), Dmitry Korchak (Pollione), Elmina Hasan (Adalgisa), Riccardo Fassi (Oroveso), Maria Kokareva (Clotilde), Junho Hwang (Flavio)

Bilderserie mit 5 Fotos der Aufführung:

Rachel Willis-Sørensen, „Norma“, Staatsoper Berlin, ph: Bernd Uhlig

 

English text

 

Bellini’s Opera NORMA at the Berlin State Opera

 

By Holger Jacobs


April 17, 2025

Rating: 🙂 🙂 (two of five)

A Love Drama in the Times of the Romans and Gauls

The 19th century produced a veritable flood of operas.
In Central Europe, alongside the clergy and the nobility, an upper middle class had already developed, seeking entertainment and diversion.
At a time before electronic media, the only source of entertainment was theaters and opera houses.
Italian opera composers were leading the way, and La Scala opera house in Milan was the mecca of the opera world.
The operas of great masters such as GUISEPPE VERDI, GAETANO DONEZETTI, GIOACHINO ROSSINI, and VINCENZO BELLINI traveled the world and were celebrated in Berlin, Vienna, Paris, London, and New York.
BELLINI has written 11 operas („Norma“ being the most famous), VERDI 32, ROSSINI 42 and DONIZETTI even 72.

Vincenzo BELLINI, 1850, Guiseppe Tivoli

Norma by Vincenzo Bellini

BELLINI’s opera „Norma“ is set during the Roman-Gallic Wars, shortly before the Roman JULIUS CAESAR’s conquest all of Gaul (today France).
Act 1. Norma, the High Priestess of the Gauls, had illicitly fallen in love with the Roman governor Pollione and secretly has two children with him.
But now the Roman and Gallic armies are once again facing each other, and Norma, as High Priestess of the Druids, is tasked with predicting a successful battle for the Gallic warriors by cutting mistletoe (the „Asterix and Obelix“ comics send their regards…).
But Norma is afraid of the consequences and delays her prophecy (aria „Casta Diva“).
When she discovers that her beloved Roman, Pollione, is now in love with the novice Adalgisa and wants to go to Rome with her, a dramatic scene ensues between the three.
Act 2. Norma is completely desperate and wants to kill herself and her children.
But she decides to save her children and give them to Pollione and Adalgisa instead, so that they can both go to Rome with them.
But the plan fails. Ultimately, Norma orders the Gauls to attack the Romans.
A human sacrifice is to be made in the form of a captured Roman.
The choice falls on the just captured Pollione.
Norma is horrified and hesitates. She allows Pollione one last private conversation.
She demands that he renounce Adalgisa, but he refuses, and fate takes its course with a fatal outcome.

Critics

Unfortunately, I can’t say much good about the production.
A member of the audience said to me during the break: „Close your eyes and listen to the beautiful music.“
The embarrassments began right after the opera started:
In the middle of the overture, the curtain suddenly went down, only to go up again shortly after without a significant reason.
It was as if someone in the control room had accidentally pressed the wrong button.
The same thing happened again in the terzet at the end of the first act:
After Norma (RACHEL WILLIS-SØRENSEN) and Adalgisa (ELMINA HASAN) had discussed their love for Pollione (DMITRY KORCHAK), Pollione was supposed to be waiting behind a door for his entrance.But when Norma opened the door, no one was there.
So she closed the door again, waited a moment, and then opened it again: Now he was finally there.
The audience started laughing…
The Russian director (Russian singers and musicians are apparently once again fully welcome here), VASILY BARKHATOV, sets the opera not in France in the 1st century BC, but in the early 20th century.
Specifically, in a ceramics workshop, which at the beginning is stormed by men in green uniforms without any insignia, just as Russian soldiers invaded eastern Ukraine and Crimea in 2014.
I find it rather inappropriate that these  green soldiers then killed the factory workers like a massacre, given what happens every day in Ukraine.

„Norma“, Keramikwerkstatt, ph: Bernd Uhlig

Musically and vocally, the evening sounded better.
The American singer RACHEL WILLIS-SØRENSEN (*1984), a member of the Dresden Semperoper ensemble from 2012 to 2015, is a true Valkyrie in her appearance, but doesn’t quite match the quality of a petite MARIA CALLAS, whose Norma in the 1960s was arguably the finest the opera world has ever heard in this role.

Maria Callas, 1958 -çç-Wikimedia Commons

But RACHEL delivers the famous aria at the beginning of Act 1, „Casta Diva,“ well.
Unfortunately, the conductor FRANCESCO LANZILOTTA (who also conducted the co-production in Vienna) apparently demanded a slower rhythm, which largely diminished the radiance of this vocal piece.
In general, I found the conducting to be very passionless, even though this opera has some great dramatic highlights.

The beautiful and young ELMINA HASAN from Azerbaijan is an up-coming soprano.
At the Bavarian State Opera alone, she is currently singing in the operas „Rigoletto,“ „Nabucco,“ and „Cavaleria Rusticana.“
In her role as Adalgisa, Norma’s antagonist, ELMINA HASAN sang at a good level, but without giving the role any decisive impetus.

ELMINA HASAN © Bayerische Staatsoper

Particularly striking, however, is the powerful voice of Russian tenor DMITRY KORCHAK as Pollione, who bursts his voice in the audience from the very first second, as if he absolutely had to convince the whole world of his quality.
Vocally, he does a good job, but visually, he looks so boring, that you wonder how two women could fall in love with him, so much so that they would even die for him.
Conclusion: Only for absolute fans of bel canto and the music of Bellini.

Premieren Party „Norma“, Staatsoper Berlin, ph: Jakob Tillmann

„Norma“ by Vincenzo Bellini
State Opera Unter den Linden
Premiere was on April 13, 2025
Musical Director: Francesco Lanzilotta
Director: Vasily Barkhatov
Stage Design: Zinovy ​​Margolin, Costume Design: Olga Shaishmelashvili
Choral Director: Dani Juris
Starring: Rachel Willis-Sørensen (Norma), Dmitry Korchak (Pollione), Elmina Hasan (Adalgisa), Riccardo Fassi (Oroveso), Maria Kokareva (Clotilde), Junho Hwang (Flavio)

Picture series with five photos of „Norma“:

Rachel Willis-Sørensen, „Norma“, Staatsoper Berlin, ph: Bernd Uhlig

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and videographer.

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