Die Oscars 2017 – Pannen und Peinlichkeiten

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Die Oscars 2017 – Pannen und Peinlichkeiten

 

Von Holger Jacobs

27.2.2017

Liebe Kulturfreunde,

diese Oscar-Verleihung wird so schnell keiner vergessen! Das Team um den Film „La La Land“ nicht, das Team um den Film „Moonlight“ nicht, die 2500 geladenen Gäste im Dolby-Theater in Los Angeles nicht und die Millionen Zuschauer an den Fernsehern auch nicht.

Was war passiert?

Als zum Höhepunkt des Abends der Oscar für den besten Film verliehen werden sollte (nach bereits 5 Stunden durchgehender Veranstaltung), wurden die Altstars Warren Beatty und Faye Dunaway als presenter auf die Bühne gebeten. Beide hatten 1968 zusammen in dem berühmten Film „Bonnie and Clayde“ gespielt und waren damals jeweils für einen Oscar nominiert worden.

17 Bilder: Faye Dunaway und Warren Beatty wollen den Oscar für „Best Picture“ präsentieren und nennen fälschlicherweise „La La Land“

Warren und Faye kamen also auf die Bühne und Warren hielt den roten Umschlag mit der Nennung des Films in den Händen. Er öffnete den Umschlag und begann zu lesen und stutzte. Er reichte das Blatt weiter an seiner Partnerin Faye und diese las laut vor „LA LA LAND“.

Das übliche Bravo-Geschrei begann, fast alle anwesenden Mitwirkenden des „La La Land“ Films, einschließlich Regisseur, Hauptdarsteller, Musiccomposer, Kameramann und Produzenten u.s.w. gingen (wie bei diesem Preis üblich) gemeinsam auf die Bühne, laut lachend und mit freudigen Gesichtern.

Vier goldene Oscar-Statuen wurden an die vier Produzenten des Films überreicht. Einer der Produzenten, Jordan Horowitz, ergriff das Mikrofon und begann seine Dankesrede an die Eltern, Freunde, Mitarbeiter, et.c., während sich mittlerweile knapp 20 Männer und Frauen des Filmteams auf der Bühne versammelt hatten, scherzten und sich über den Erfolg freuten.

Plötzlich, als der zweite Produzent Marc Platt ebenfalls seine Dankesrede anzustimmen begann, mischte sich ein Offizieller (mit großem Kopfhörer und Kopfmikrofon bewaffnet) von der Seite her in die jubelnde Menge hinein, schob sich zu Warren Beatty durch und kontrollierte noch einmal den Umschlag mit dem Innenblatt und dem Text. Daraufhin wandte er sich zu Produzent Jordan Horowitz und flüsterte ihm etwas ins Ohr und übergab ihm einen anderen Umschlag.

Das alles passierte, noch während Produzent Marc Platt seine Dankesrede hielt. Horowitz unterbrach seinen Kollegen, nahm das Mikrofon und rief in den Tumult hinein: Nicht „La La Land“ hätte den Preis für „Best Picture“ gewonnen, sondern der Film „Moonlight“. Dabei ruderte er mit den Armen wild gestikulierend in die Richtung des Filmteams von „Moonlight“ und bat sie, bitte doch auf die Bühne zu kommen.

Mittlerweile herrschte im Saal helle Aufregung und auf der Bühne völliges Durcheinander. Teilweise war das Team um „La La Land“ noch auf dem Podium, teilweise waren schon die „Moonlight“ – Leute da. Produzent Horowitz hielt den richtigen Umschlag mit den richtigen Siegern in die Fernsehkameras. Dabei hatte er aber noch immer die goldene Oscar-Statue in der rechten Hand…

Schließlich ergriff Warren Beatty noch einmal das Mikrofon und erklärte, dass ihm schon aufgefallen sei, dass der Text „Emma Stone für La La Land“ gehießen hätte und er deshalb etwas verunsichert das Blatt an Faye Dunaway weitergegeben. Und die hat daraufhin einfach nur „La La Land“ gesagt.

Das lässt die Vermutung zu, dass der Umschlag mit der kurz zuvor ausgezeichneten Emma Stone als „Best Actress“ zurück zu Warren Beatty gekommen sei. Diese verneinte das aber vehement. Sie hätte ihren Umschlag zusammen mit der Oscar Statue den ganzen Abend nicht mehr aus der Hand gelegt.

Dann kam die Auflösung: Alle Umschläge gibt es doppelt. Zwei Personen mit jeweils einem Paket identischer Umschläge positioniert sich entweder auf der rechten Seite oder auf der linken Seite hinter dem Vorhang. Je nach dem, ob ein presenter nun von links oder von rechts auf die Bühne tritt wird ihm dort der entsprechende Umschlag überreicht. Immer hat das geklappt. Nur dieses eine Mal nicht. Und dann gleich beim Hauptpreis!

Das Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PWC) hat die genauere Untersuchung des Falles übernommen. PWC betreut die Oscars seit 83 Jahren. Deren Mitarbeiter, Brian Cullinan, war einer derjenigen, die die Umschläge an die presenter übergaben. Er soll mit einem Post über Oscar Gewinnerin Emma Stone auf Twitter abgelenkt  gewesen sein…

7 Bilder: v.l.n.r. Mahershala Ali aus „Moonlight“, Casey Affleck aus „Manchester by the Sea“. Emma Stone aus „La La Land“, Viola Davis aus „Fences“ © oscars 2017

Über den Rest des Abends wäre zu berichten, dass es natürlich immer wieder Anspielungen auf die Politik von Präsident Donald Trump gegeben hat, ohne dass es aber zu einem echten Eklat gekommen wäre.

Moderator Jimmy Kimmel schickte direkt von der Oscar-Verleihung heraus eine Nachricht per Twitter an den Präsidenten, mit der Frage, ob es ihm gut ginge – und Schauspielerin Meryl Streep würde auch schön grüßen…(Trump hatte sie in einem seiner Tweets als eine unfähige Schauspielerin bezeichnet).

Der hohe Favorit „La La Land“ erhielt von seinen 14 Nominierungen nur 6 Oscars, davon einen für die beste Regie an Damien Chazelle und einen Schauspiel-Preis an Emma Stone. Ebenfalls Bester Filmsong und beste Filmmusik.

„Moonlight“ bekam neben dem Hauptpreis „Best Picture“(wie oben schon erwähnt), den Preis für das beste adaptierte Drehbuch und den besten Nebendarsteller für Mahershala Ali.

„Fences“ von Denzel Washington bekam den Peis für die beste Nebendarstellerin, Viola Davis.

Den Preis für den besten fremdsprachlichen Film (Auslands-Oscar) bekam leider nicht der deutsche Film „Toni Erdmann“ von Maren Ade, sondern der sehr spannungsreiche iranische Film „The Salesman (Forushande)“, den ich bereits vor vier Wochen besprochen hatte. Regisseur Asghar Farhadi war aus Protest wegen Trumps Einreiseverbot von Muslimen aus 7 arabischen Ländern, darunter auch dem Iran, nicht nach Los Angeles gekommen (obwohl ein Gericht dieses Verbot mittlerweile aufgehoben hat).

Nach dem ganzen Chaos zum Schluss der Verleihung erklärte der insgesamt etwas blasse Moderator Jimmy Kimmel, er wolle nach diesem Desaster nie mehr diesen Job übernehmen. Er hätte ihn wohl auch sonst nicht mehr bekommen.

In positiver Erinnerung bleibt die herzliche Umarmung von Ben Affleck mit seinem Bruder Casey Affleck. Dieser hatte gerade den Oscar als bester Darsteller für seine Rolle in „Manchester by the Sea“ bekommen. Und der Gang über den Roten Teppich der Muslimin Hala Kamil, einer der Protagonistinnen des deutschen Kurz-Dokumentarfilms „Das Schicksal der Kinder von Aleppo – Watani, my homeland“. Sie ist ein Flüchtling aus Syrien und lebt heute in der Bundesrepublik. Es ist ein Film über ihr Leben. Gewonnen hat in dieser Kategorie aber der Film „The White Helmets“ über die Weißhelme, die Retter in den Trümmern von Aleppo.

George Clooney war dieses Jahr den Oscars in L.A. fern geblieben, weil ihm einen Tag zuvor der Ehren- César (der franz. Oscar) in Paris überreicht worden war. Er war zusammen mit seiner Frau Amal gekommen, die ja bekanntlich mit Zwillingen schwanger ist. Wir hatten darüber berichtet.

Der César in Paris ist wohl an diesem Wochenende die bessere Veranstaltung gewesen.

Barry Jenkins und Tarell McCraney für bestes Drehbuch für „Moonlight“ © Oscars 2017

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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