Die Zauberflöte in der Staatsoper Berlin

Die Zauberflöte -Staatsoper Berlin Foto: Holger Jacobs

Die Zauberflöte in der Staatsoper Berlin

 

Von Holger Jacobs

18.02.2019

Wertung: 🙂 🙂  (zwei von fünf)

english text

Regisseur Yuval Sharon macht aus der Zauberflöte in der Staatsoper Berlin eine Kinderoper.

Wolfgang Amadeus Mozart (*1756 – †1791) hat so viele Musikwerke geschrieben wie kaum ein anderer Komponist (über 600). Das Wunderkind veröffentlichte bereits mit 9 Jahren seine ersten Sonaten für Klavier und Violine. Seine erste Oper komponierte er mit 11 Jahren, 20 weitere sollten in den nächsten Jahren noch folgen, wovon die bekanntesten sicher „Die Entführung aus dem Serail“ (1782), „Die Hochzeit des Figaro“ (1786), „Don Giovanni“ (1787), „Cosi fan Tutte“ (1790) und eben „Die Zauberflöte“ (1791) sind. Letztere entstand kurz vor seinem Tod. Mozart starb mit 36 Jahren.

Die Musik Mozarts ist spielerisch und meistens fröhlich, welches wohl ganz seinem Naturell entsprach. Sein Leben aber war keineswegs immer leicht, viele Niederlagen musste er einstecken. Mozarts „Requiem“, ebenfalls in seinem Todesjahr entstanden, zeugt von großer Romantik und Ernsthaftigkeit. Demnach gibt es in der Regel zwei Möglichkeiten die Musik Mozarts zu interpretieren: heiter, humorvoll oder ernst. Mir persönlich liegt die ernsthafte Interpretation mehr.

Der Vorhang als Bausatz zum Falten mit Knickstellen, „Die Zauberflöte“ © Holger Jacobs

Kritik der Premiere am 17.02.2019

Der US- amerikanische Regisseur Yuval Sharon, geboren 1979 in der Nähe von Chicago, verlegte sich bei der Interpretation seiner „Zauberflöte“ ganz auf das Heitere, das Kindliche bei Mozart. Sharon geht soweit, dass die Texte der Protagonisten mit Kinderstimmen unterlegt werden. So hört der Zuschauer bei Pamina die Stimme einer 7-10-jährigen. Ebenso bei Tamino. Nur wenn die Gesangspartituren beginnen dürfen sie ihre eigenen Stimmen benutzen.

Den entscheidenden Ansatz seiner Inszenierung fand Regisseur Yuval Sharon wohl in der Geschichte des Wien zum Ende des 18. Jahrhunderts.
In dieser Zeit hatte sich eine Form des Singspiels etabliert, welche auch als Wiener Kasperl- und Zauberoper bezeichnet wurde. Mehrere Komponisten aus dieser Zeit hatten sich drauf spezialisiert. Kurz vor Mozarts „Zauberflöte“ war z.B. die Oper „Die Zauberzither“ von Wenzel Müller uraufgeführt worden.

Regisseur Yuval Sharon nahm diese Tatsache wörtlich und inszenierte „Die Zauberflöte“ wie ein Marionettentheater.
Alle Hauptakteure hängen an dicken Seilen von der (Bühnen-) Decke und werden dabei mal hoch, mal runter, mal nach links oder mal nach rechts geschwungen (seht dazu auch unser Video). Das sieht zunächst einmal sehr spektakulär aus, wird aber, so länger das Stück dauert, etwas nervig. Zumal nur einige der Akteure auf der Bühne damit zurechtkommen, andere überhaupt nicht.

Hier unser kurzes Video der Produktion von „Die Zauberflöte“ auf kultur24 TV:

Sichtlich große Schwierigkeiten mit dieser Hängepartie hatte Tenor Julian Prégardien (*1984) als TAMINO. Er hing in den Seilen wie ein nasser Sack und wußte sich nicht so recht damit zu bewegen. Ganz anders der Wiener Theaterschauspieler Florian Teichtmeister (*1979) als PAPAGENO. Er passte sich der Situation am besten an. Überhaupt gefiel mir Florian Teitchmeister bei dieser Premiere sehr. Er weiß als Schauspieler, wie man die Rolle des Papageno interpretiert: Lustig und traurig zugleich, ein bisschen wie ein Hofnarr bei Shakespeare.

Auch die außergewöhnlichen Kostüme des belgischen Modedesigners Walter Van Beirendonck (*1957) sind optisch ein Hingucker. Manga-gleiche Comicgestalten bewegten sich etwas unbeholfen (dank der Seile) über den Boden (oder in der Luft), mit riesigen roten Stiefeln und Handschuhen bewaffnet. Beirendonck kommt aus der Punkszene der 80er und der Grunge-Bewegung der 90er Jahre. Er hatte u.a. die Gruppe U2 bei ihrer PopMart Tour 1997 ausgestattet. Wer ihn engagiert sollte kein Kind von Traurigkeit sein.

Papageno (Florian Teichtmeister) und Papagena (Sarah Aristidou), „Die Zauberflöte“ © Holger Jacobs

Anna Prohaska musste wegen Krankheit auf ihre Partie als PAMINA verzichten und wurde von der jungen Spanierin Serena Saenz Molinero (*1994) akzeptabel vertreten. Da Molinero eigentlich die PAPAGENA spielen/ singen sollte wurde für diese Rolle noch schnell die Französin Sarah Aristidou gefunden. Beide, Molinero und Aristidou, kommen aus den Opernstudios der Staatsoper Unter den Linden.

Dirigentin Alondra de la Parra, 1980 in New York geboren mit mexikanischen Wurzeln, war kurzfristig für den erkrankten Franz Welser-Möst eingesprungen, war aber mit der Partitur etwas überfordert.

Als das Schlussbild eine Gruppe von Kindern zeigt, wie sie ihre Puppen an Seilen in einem Kasten bewegen, wird klar: Die ganze Oper sollte ein Marionettentheater von 10-Jährigen darstellen.

Noch nie habe ich bei einer Premiere solch ein Gewitter von Buh-Rufen gehört. Schon beim Vorhang zur Pause hatte es angefangen und setzte sich dann zwischen den einzelnen Szenen noch weiter fort.

Fazit: Nachdem der Opernfan mittlerweile auf vier verschiedene Inszenierungen der „Zauberflöte“ allein in Berlin zurückgreifen kann (Komische Oper, Deutsche Oper und sogar zwei in der Staatsoper), wird diese Produktion eher in die Kategorie Curiosum fallen.
Aber einen Vorteil gibt es: für die nächste Weihnachtszeit hat die Staatsoper mit dieser „Zauberflöte“ definitiv bereits eine Kinderoper gefunden. Denn die Kleinsten werden diesen Klamauk sicher lieben.

„Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart
Staatsoper Unter den Linden
Premiere war am 17.02.2019

Musikalische Leitung: Alondra de la Parra, Regie: Yuval Sharon, Bühne: Mimi Lien, Kostüme: Walter Van Beirendonck
Mit:Mit: Julian Prégardien (Tamino), Anna Prohaska/ Serena Saenz Molinero (Pamina), Florian Teichtmeister (Papageno), Serena Saenz Molinero/ Sarah Artistidou (Papagena), Kwangchul Lada (Sarastro), Florian Hoffmann (Monostatos), Tuuli Takala (Königin der Nacht).

Nächste Vorstellungen: am 21., 23., 28. Februar, 1., 3., 6., 8., 10., 12. und 16. März 2019

Hier unsere Bilderserie mit 15 Fotos der Produktion von „Die Zauberflöte“:

15 Photos: Papageno (Florian Teichtmeister) und Tamino (Julian Prégardien) bekommen eine Zauberflöte (hier in Form einer Spielzeugrakete) „Die Zauberflöte“ © Holger Jacobs

english text

The Magic Flute in the Staatsoper Berlin
By Holger Jacobs
02/18/2019
Rating: 🙂 🙂 (two out of five)
Director Yuval Sharon turns the Magic Flute into a children’s opera at the Staatsoper Berlin.
Wolfgang Amadeus Mozart (* 1756 – † 1791) has written as many works of music as hardly any other composer (over 600). At the age of 9, the wunderkind published his first sonatas for piano and violin. He composed his first opera at the age of 11, 20 more were to follow in the next few years, of which the most famous certainly are „The Abduction from the Seraglio“ (1782), „The Marriage of Figaro“ (1786), „Don Giovanni“ (1787 ), „Cosi fan Tutte“ (1790) and „The Magic Flute“ (1791). „The Magic Flute“ was written shortly before his death. Mozart died at the age of 36.
The music of Mozart is mostly happy and cheerful, which probably corresponded entirely to his nature. But his life was by no means always easy, he had to suffer many defeats. His „Requiem“, also written in his year of death, testifies to great romanticism and seriousness. Thus, there are usually two ways to interpret the music of Mozart: cheerful, humorous or serious. Personally, I like more the serious interpretation.
Critics
The American director Yuval Sharon, born in 1979 near Chicago, relied on the cheerful, the childlike in Mozart’s interpretation of his „Magic Flute“. Sharon goes so far that the texts of the protagonists are dubbed by children’s voices. So the audience hears the voice of a 7-10 year old child, when Pamina speaks. Same with Tamino. Only when the song begins they use their own voices.
Director Yuval Sharon probably found the decisive approach to his staging in the history of Vienna at the end of the 18th century. At that time, a form of Singspiel had established itself, which was also referred to Marionette Theaters and Magic opera. Several composers from that time were specialized in it. Shortly before Mozart’s „Magic Flute“ came out the opera „The Magic Zither“ by Wenzel Müller was premiered.

Director Yuval Sharon took this idea and staged „The Magic Flute“ like a Marionette Theater. All main actors are hanging on thick ropes from the (stage) ceiling, swinging up and down, left or right (see our video). This looks very spectacular at first, but gets a bit annoying as the opera lasts longer.
Visibly great difficulties with this hanging part had tenor Julian Prégardien (*1984) as TAMINO. He was hanging on the ropes like a wet sack and did not know how to handle it. Quite different is the Viennese theater actor Florian Teichtmeister (* 1979) as PAPAGENO. He adapted to the situation best. I really liked Florian Teitchmeister at this premiere. As an actor he knows how to interpret the role of Papageno: funny and sad at the same time, a bit like a court jester at a drama of Shakespeare.
Even the extraordinary costumes of the Belgian fashion designer Walter Van Beirendonck (*1957) are visually an eye-catcher. Manga-like cartoon characters moved a bit awkwardly (thanks to the ropes) across the ground (or in the air), armed with huge red boots and gloves. Beirendonck comes from the punk scene of the 80s and the grunge movement of the 90s. He had equipped among others the group U2 at their PopMart Tour 1997. Whoever hires him should not be a child of sadness.

Anna Prohaska had to renounce her role as PAMINA due to illness and was represented by the young Spanish soprano Serena Saenz Molinero acceptable. Since Molinero actually plays / sings the PAPAGENA, french soprano Sarah Aristidou was quickly found for this role. Both, Molinero and Aristidou, come from the opera studios of the Staatsoper Unter den Linden.
Conductor Alondra de la Parra, born 1980 in New York, who jumped in for the sick Franz Welser-Möst, was a bit overwhelmed with the Partitur.
When the final scene shows a group of children moving their puppets on ropes in a box, it becomes clear: the whole opera is supposed to be a 10 year old puppet theater.
Never before have I heard such a storm of boos during a premiere. It had already started at the curtain for the break and then continued even further between the individual scenes.
Conclusion: The opera fan can chose now on four different productions of the „Magic Flute“ alone in Berlin (Komische Oper, German Opera and even two in the State Opera). This production at the Staatsoper will fall more into the category Curiosum.
But there is one advantage: for the next Christmas season, the Staatsoper has definitely already found a children’s opera with this „Magic Flute“. Because the little ones will love this crazy scenario.
„The Magic Flute“ by Wolfgang Amadeus Mozart State Opera Unter den LindenPremiere was on 17.02.2019
Conductor: Alondra de la Parra, Director: Yuval Sharon, Stage: Mimi Lien, Costumes: Walter Van BeirendonckWith: Julian Prégardien (Tamino), Anna Prohaska / Serena Saenz Molinero (Pamina), Florian Potty Master (Papageno), Serena Saenz Molinero / Sarah Artistidou (Papagena), Kwangchul Lada (Sarastro), Florian Hoffmann (Monostatos), Tuuli Takala (Queen of the Night).
Next performances: on 21, 23, 28 February, 1, 3, 6, 8, 10, 12 and 16 March 2019

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

Cookies help us deliver our services. By using our services, you agree to our use of cookies.