Eröffnung der 72. Berlinale mit dem Film „Peter von Kant“

Berlinale 2022 - Peter von Kant © FOZ/ kultur24.berlin

Eröffnung der 72. Berlinale mit dem Film „Peter von Kant“

 

Von Holger Jacobs

Holger Jacobs

10.02.2022

Trotz der Pandemie wurden gestern Abend die 72. Filmfestspiele von Berlin mit einer Gala-Veranstaltung und einem Roten Teppich eröffnet.

Allerdings kamen zur Eröffnung fast ausschließlich deutsche statt internationale Stars.
Der Rote Teppich erschien teilweise sogar ziemlich leer.
Auch im großen Saal des Berlinale Palastes mussten die Gäste im Schachbrettmuster sitzen, was nur die halbe Stuhl-Besetzung bedeutete.
Selbst Hanna Schygulla, einer der Darstellerinnen des Eröffnungsfilms „Peter von Kant“ von Francois Ozon, hätte hier nach 50 Jahren (damals 1972 als Hauptdarstellerin in dem Film „Petra von Kant“ von Rainer Werner Fassbinder) wieder persönlich auf dem Roten Teppich stehen können. Doch sie hatte als heute 82-jährige Angst, sich möglicherweise mit dem Corona-Virus anzustecken.
Aus diesem Grund kommen auch keine Schauspieler aus Hollywood.
Einzig die international bekannte Emma Thompson aus Großbritannien soll sich für die nächsten Tage angesagt haben.

Roter Teppich mit Francois Ozon zur Berlinale Eröffnung am 10. Februar 2022

Dafür bleibt jetzt ein stärkerer Blick auf die Filme.

Francois Ozon

Als Eröffnungswerk flackerte der französische Streifen „Peter von Kant“ von Francois Ozon („8 Frauen“, Swimmingpool“) über die große Leinwand des Berlinale Palastes. Wer dabei an den Film „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ von Rainer Werner Fassbinder erinnert wird hat völlig recht. Genau auf diesen Film bezieht sich der berühmte französische Regisseur (*1967), der schon ein alter Bekannter auf der Berlinale ist.

Im Jahre 2002 bekommt Francois Ozon einen Silbernen Bären für eine besondere künstlerische Leistung für seinen Film „8 Frauen“ überreicht.
2012 wird er Mitglied der Jury der 62. Internationalen Filmfestspiele von Berlin und 2019 bekommt er für seinen Film „Grace à Dieu“ (über den sexuellen Missbrauch an der katholischen Diözese in Lyon durch den Kardinal Babarin) den Großen Preis der Jury – und damit einen weiteren Silbernen Bären.

„8 Frauen“ von Francois Ozon von 2002, Poster

Rainer Werner Fassbinder

Rainer Werner Fassbinder, welch ein schillernder Name.
Nachdem das deutsche Kino in den 50er Jahren nur kitschige Heimatfilme produzierte und in den 60 Jahren die amerikanischen Blockbuster die deutschen Leinwände überrollten, war es Fassbinder, der in den 70er Jahren das Kino revolutionierte und den Neuen Deutschen Film begründete.

Rainer Werner Fassbinder und Hannah Schygulla bei den Filmfestspielen in Venedig 1980 CC Wikimedia Commons

Seine direkte Art, schrill, grob, schmutzig und brutal, war für das Publikum neu. In den 60er Jahren war er als Autor kleinerer Stücke für Hinterhoftheater nur in der Münchner Kleinkunstszene bekannt. Mit seinen Filmen aber ab Anfang der 70er Jahre wurde er immer berühmter. Einladungen zu verschieden internationalen Filmfestspielen folgten.
Im Jahre 1972 drehte Fassbinder „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“, wofür er den Goldenen Bären als bester Film der Berlinale im selben Jahr bekam.
Darin verliebt sich die bekannte und erfolgreiche Modedesignerin Petra von Kant (Margit Carstensen) in ein junges Fotomodel (Hanna Schygulla), die diese Verbindung nur benutzt, um beruflich voran zu kommen. Als sie Petra von Kant eines Tages ohne großen Abschied verlässt, ist diese am Boden zerstört.

„Petra von Kant“ von Rainer Werner Fassbinder von 1972 © Carlotta Films

„Peter von Kant“ von Francois Ozon

Francois Ozon entwickelt seinen Film genau nach dieser Vorlage von Fassbinder, mit dem großen Unterschied, dass es sich in „Peter von Kant“ nicht um eine lesbische, sondern um eine schwule Liebe handelt.
Ansonsten sind die Figuren gleich: eine manipulative Hauptfigur, gespielt von Denis Ménochet, ein junge Liebhaber, gespielt von Khalil Gharbia, ein vom Hausherren wie ein Sklave behandelter Diener (Stéfan Crépon) und eine mondäne Freundin mit Namen Sidonie (gespielt von Isabella Adjani).
Sogar Hanna Schygulla taucht am Ende es Films als Peters Mutter wieder auf.

Als heterosexuller Mann ist das 90-minütige Anhimmeln eines 20-jährigen Nordafrikaners doch etwas ermüdend anzusehen. Erschreckend auch, wie dieser Peter von Kant als berühmter und wohlhabender Regisseur mit viel Einfluss seine Macht dazu benutzt, den jungen Amir für sich zu gewinnen. Schnell kommt einem dabei die #MeToo Bewegung und solche Typen, wie Harvey Weinstein, in den Sinn, die ihre Machtstellung skrupellos ausnutzen, um ihre sexuellen Gelüste zu befriedigen.
Und wie stereotyp: Kaum, dass Peter von Kant den jungen Amir durch seine Freundin Sidonie kennengelernt hat, bietet er ihm sogleich eine Rolle in seinem nächsten Film an, nur um sich an ihn ranzumachen. Genauso geschieht es wohl auch heute noch weltweit. Ziemlich ekelerregend.

Toll allerdings die Schauspieler. Denis Ménochet sieht Fassbinder mit seiner ziemlich korpulenten Figur auch noch sehr ähnlich, der hübsche Liebhaber ist genau das, was er sein soll und Isabelle Adjani ist die große Diva, die ich schon viel zu lange nicht mehr auf einer großen Leinwand gesehen habe. Vor 30 Jahren gehörte sie zusammen mit Isabelle Huppert zur Star-Riege des französischen Films.
1989 erhielt Isabelle Adjani sogar einen Silbernen Bären bei der Berlinale 1990 als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle in „Camille Claudel“.

Hier ein paar Fotos der Filmproduktion zu „Peter von Kant“:

„Peter von Kant“ von Francois Ozon mit Denis Ménochet und Isabelle Adjani © Beuthuel/ FOZ

 

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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