Eröffnung des Humboldtforums mit ersten Ausstellungen
Von Holger Jacobs
28.07.2021
Wertung: 🙂 🙂 🙂 🙂
Nach acht Jahren Bauzeit ist nun endlich das Humboldtforum eröffnet worden.
Durch die Corona-Pandemie, aber auch durch technische Nachbesserungen an Heizung und Klimaanlage, musste die Eröffnung, eigentlich für September 2020 vorgesehen, immer wieder verschoben werden.
Die Geschichte und damit auch die kontroversen Diskussionen rund um das Humboldtforum dauern nun schon fast drei Jahrzehnte an.
Denn kaum, dass die DDR aufgehört hatte zu existieren, wurde der Förderverein Berliner Schloss unter der Leitung des in Pommern geborenen Wilhelm von Boddien gegründet. Es sollten Spenden für einen Wiederaufbau des alten Berliner Schlosses gesammelt werden, welches die DDR-Regierung 1950 unter Walter Ulbricht hatte sprengen lassen. Das alte Preußenschloss, dessen erste historische Erwähnung bis auf das Jahr 1443 zurückgeht, war im 2. Weltkrieg zwar stark beschädigt worden, hätte aber wiederaufgebaut werden können.
Unsere Bilderserie mit 10 Fotos der Geschichte des Wiederaufbaus des Berliner Schlosses 2006 – 2020:
Auf Initiative des Fördervereins Berliner Schloss und seinem Vorsitzenden Wilhelm von Boddien stimmte der Deutsche Bundestag am 4. Juli 2002 mit einer Zweidrittelmehrheit für den Abriss des an dieser Stelle sich befindenden Palasts der Republik (1974 auf Veranlassung von DDR-Staatsratschef Erich Honecker, auch „Erichs Lampenladen“ genannt, hier gebaut) und den Wiederaufbau des Berliner Schlosses.
Eine von der Bundesregierung und der Stadt Berlin eingesetzte Expertenkommission sprach sich 2002 für eine Nutzung als Museum der Weltkulturen unter der Bezeichnung HUMBOLDTFORUM aus.
Hiermit wollte man auf die kulturelle Tradition des Schlosses anknüpfen und die Stadt Berlin als kosmopolitischen Ort mit Verbindungen in die ganze Welt darstellen. Die Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt (die Universität mit gleichem Namen befindet sich nur 200 Meter entfernt) als um die Welt gereiste Wissenschaftler von internationaler Bedeutung wurden hier als ideale Namensgeber ausgewählt.
Unsere Bilderserie mit 3 Fotos vom Humboldtforum/ Berlin Schloss im Jahre 2021:
Die Ausstellungen
Seit dem 20. Juli 2021 sind jetzt auch die ersten Ausstellungen im Innern des Gebäudes zu sehen (nach Öffnung der Außenbereiche im Dezember 2020).
Sie befinden sich im Untergeschoss, Erdgeschoss und erstem Obergeschoss. Die Ausstellungen im 2. Obergeschoss mit dem Ethnologischen Museum und im 3. Obergeschoss mit dem Museum für Asiatische Kunst werden erst Ende 2021 eröffnet.
Die jetzt gezeigten Ausstellungen sind:
- DIE BRÜDER HUMBOLDT – eine Ausstellung über die beiden berühmten Wissenschaftler und ihren Forschungen.
- NACH DER NATUR – eine Ausstellung im sogenannten Humboldt-Lab. Der Mensch im Anthropozän. Wie wirken sich politische Systeme auf den Klimawandel aus.
- DIE GESCHICHTE DES ORTES. Gezeigt werden der Schlosskeller, der noch teilweise im Original erhalten ist, sowie Skulpturen, die den Krieg und den Abriss des Schlosses überlebt haben und ein großes Video-Panorama-Bild mit Animation über die Geschichte des Ortes.
- BERLIN GLOBAL. Wie wirkt die Welt auf Berlin und welche Impulse strahlt Berlin auf andere Großstädte der Welt aus? Wie hat sich Berlin in den vergangenen Jahren seit dem Mauerfall verändert?
- SCHRECKLICH SCHÖN – Elefant – Mensch – Elfenbein. Eine Ausstellung für Kinder. Es wird gezeigt, wie der Mensch schon immer fasziniert war von den großen Stoßzähnen des Elefanten und es für erste kunsthandwerkliche Arbeiten nutzte. Gleichzeitig aber ist der Elefant durch dieses große Interesse auch in seiner Existenz bedroht.
- NIMM PLATZ. Eine Ausstellung für Kinder über das Sitzen in den unterschiedlichen Kulturen dieser Welt verbunden mit der Frage, welchen Platz der Einzelne in unserer Gesellschaft einnimmt und welche Bedeutung dies für seine Rangordnung hat.
Kritik
Seit die Idee zur Wiederherstellung des Berliner Schlosses in den 90er Jahren konkrete Formen annahm, gab es kritische Stimmen über die Inhalte, die dort gezeigt werden sollten, sowie über das Projekt im Ganzen.
Zunächst einmal gab es viele Stimmen, die meinten, der hässliche Palast der Republik müsste erhalten bleiben.
Als Symbol für die DDR.
Und andere wollten das Schloss nicht als Denkmal für die vergangene Zeit der Preußischen Kultur errichtet sehen.
Andere wiederum fragten (vielleicht nicht ganz unberechtigt), wozu man überhaupt noch ein weiteres Museum in Berlin bräuchte. Außerdem wären viele Objekte des Ethnologischen Museums sogar Raubkunst, die man den Menschen in den früheren Kolonien gestohlen hätte und eigentlich zurückgeben müsste (Stichwort: Benin-Bronzen).
Dann gibt es welche, die sich an dem Kreuz auf der Kuppel des Schlosses stören. Und zum Schluss gibt es auch nicht wenige, die das Gebäude in ihrer Gesamtheit ablehnen.
Auf jeden einzelnen Kritikpunkt näher einzugehen würde Bücher füllen.
Am besten, jeder macht sich selber sein eigenes Bild. Vom Publikum aber wird es bisher sehr gut angenommen. Bereits nach drei Tagen sind trotz Corona-Beschränkungen mehrere Tausend Eintrittskarten verkauft worden. Und jeden Morgen bilden sich lange Schlangen vor dem Eingang. Mein Gefühl sagt mir, dass das Humboldtforum in Zukunft eines der Hauptanziehungspunkte für Touristen wird.
Das Potenzial dazu hat es auf jeden Fall.
Fazit:
Wie immer man zu diesem Bau steht, eines sollte man nicht vergessen:
Nur die Fassaden nach Norden, Westen, Süden und im Schlüterhof und die Kuppel auf der Westseite des Gebäudes sind Repliken der originalen barocken Fassade des Architekten Andreas Schlüter aus dem 18. Jahrhundert.
Dahinter verbirgt sich ein hochmoderner Bau aus dem 21. Jahrhundert mit wunderbarer Architektur, geplant von dem italienischen Architekten Franco Stella.
Ich finde, dass gerade diese Mischung fasziniert.
Ist sie doch ein Symbol für die Geschichte Berlins, welche aus dem Vergangenen und dem Heutigen besteht.
Besser könnte man dies eigentlich gar nicht darstellen.
Humboldt Forum/ Berliner Schloss
Schloßplatz
10117 Berlin
Mi – Mo 10 – 20 Uhr, Di geschlossen
Fr + Sa – 22 Uhr
Eintritt frei, Tickets nur über ein Zeitfenster
Unsere Bilderserie mit Fotos aus dem Inneren des Humboldtforums:
English text
Opening of the Humboldt Forum with first exhibitions
By Holger Jacobs
After eight years of construction, the Humboldt Forum has finally opened.
Due to the corona pandemic, but also due to technical improvements to heating and air conditioning, the opening, actually planned for September 2020, had to be postponed again and again.
The history and with it the controversial discussions surrounding the Humboldt Forum have been going on for almost 30 years.
As soon as the GDR ceased to exist, the Friends of the Berlin Palace was founded under the direction of Wilhelm von Boddien, who was born in Pomerania.
Donations were to be collected for the reconstruction of the old Berlin Palace, which the GDR government under Walter Ulbricht had blown up in 1950. The old Prussian Castle, the first historical mention of which dates back to 1443, was badly damaged in World War II, but could have been rebuilt.
Our picture series with 10 Photos of the reconstruction of the Berliner Schloss 2006 – 2020:
On the initiative of the Friends of the Berlin Palace and its chairman Wilhelm von Boddien, the German Bundestag voted on July 4, 2002 with a two-thirds majority for the demolition of the Palace of the Republic (built here in 1974 at the instigation of GDR State Councilor Erich Honecker – also called „Erich’s lamp shop“) and the reconstruction of the Berlin Palace.
In 2002, an expert commission set up by the Federal Government and the City of Berlin advocated its use as a museum of world cultures under the name HUMBOLDTFORUM.
The aim was to tie in with the cultural tradition of the palace and present the city of Berlin as a cosmopolitan place with connections to the whole world. The brothers Alexander and Wilhelm von Humboldt (the university of the same name is only 200 meters away) as scientists of international importance who have traveled around the world were highlighted here as ideal namesake.
Our picture Series with 3 photos of the new Schlüterhof:
The exhibitions
The first exhibitions inside the building have been on view since July 20, 2021 (after the outdoor areas were opened in December 2020). They are located in the basement, ground floor and first floor. The exhibitions on the 2nd floor with the Ethnological Museum and on the 3rd floor with the Museum of Asian Art will not open until the end of 2021.
The exhibitions shown now are:
1. THE HUMBOLDT BROTHERS – an exhibition about the two famous scientists and their research.
2. AFTER NATURE – an exhibition in the so-called Humboldt Lab. Man in the Anthropocene. How do political systems affect climate change?
3. THE HISTORY OF THE PLACE. The castle cellar, which is still partially preserved in its original form, is shown, as well as sculptures that survived the war and the demolition of the castle and a large video panorama image with animation about the history of the place.
4. BERLIN GLOBAL. How does the world affect Berlin and what impulses does Berlin have on other major cities in the world? How has Berlin changed in recent years since the fall of the Berlin Wall?
5. HORRIBLY BEAUTIFUL – elephant – human – ivory. An exhibition for children. It shows how humans have always been fascinated by the elephant’s large tusks and how they used them for their first handicrafts. At the same time, however, the elephant’s existence is also threatened by this fascination.
6. TAKE A SEAT! An exhibition for children about sitting in the different cultures of this world combined with the question of what place each individual occupies in our society and what significance this has for his or her hierarchy.
Criticism
Ever since the idea of restoring the Berlin Palace took shape in the 1990s, there have been critical voices about the content that should be shown there and about the project as a whole.
First of all, there were many voices who said that the ugly Palace of the Republic should be preserved.
As a symbol for the GDR.
And others did not want to see the castle built as a memorial to the bygone era of Prussian culture.
Others asked (perhaps not entirely unjustified) why we would need another museum in Berlin at all.
In addition, many objects in the Ethnological Museum would have been looted art that would have been stolen from the people in the former colonies and actually had to be returned instead of being exhibited.
Then there were those who were bothered by the cross on the dome of the castle.
And in the end there are quite a few who reject the building in its entirety.
Going into every single point here would fill books.
It is best if everyone makes his own opinion.
So far, however, it has been very well received by the public. After just three days, several thousand tickets were sold despite Corona restrictions. And every morning long queues in front of the entrance. My feeling tells me that the Humboldt Forum will be one of the main attractions for tourists in the future. It definitely has the potential to do so.
Conclusion:
Regardless of how you feel about this building, one thing should not be forgotten:
Only the facades facing north, west, south and in the Schlüterhof and the dome on the west side are replicas of the original Baroque facade by the architect Andreas Schlüter from the 18th century.
Behind the facade, there is a state-of-the-art building from the 21st century with wonderful architecture, designed by the Italian architect Franco Stella.
I find that this mixture is particularly fascinating. It is a typical symbol for the history of Berlin, which consists of the past and the present.
There couldn’t be a better way of presenting this.
Humboldt Forum / Berlin Palace
Schlossplatz
10117 Berlin
Wed – Mon 10 a.m. – 8 p.m., closed Tuesdays
fri + sat until 10 p.m.
Admission free, tickets only over a time slot
Our picture series with 10 photos of the interior of the new Castle:
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.