Orfeo an der Staatsoper Berlin

Georg Nigl Orfeo Staatsoper Berlin © Holger Jacobs

Orfeo an der Staatsoper Berlin

 

Wertung: 🙂 🙂 🙂 🙂   (vier von fünf)

Von Holger Jacobs

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04.07.2015. PREMIERE der Oper „Orfeo“ von Monteverdi an der Staatsoper im Schillertheater am 1. Juli 2015. Choreographie und Regie von Sasha Waltz in Zusammenarbeit mit dem Vocalconsort Berlin und dem Freiburger Barockorchester. Die Musikalische Leitung hatte Torsten Johann.

Tänzerin Zaratiana Randrianantenaina und La Musica (Anna Lucia Richter), "Orfeo" Staatsoper Berlin 2015 © Holger Jacobs

Tänzerin Zaratiana Randrianantenaina und La Musica (Anna Lucia Richter), „Orfeo“ Staatsoper Berlin 2015 © Holger Jacobs

Hintergrund

„Orfeo“ von Montevedi gilt als einer der ersten Opern überhaupt. 1607 im italienischen Mantua uraufgeführt, zeigt sie alle Elemente des Musiktheaters, wie wir sie heute kennen.

Sasha Waltz begann vor gut 10 Jahren ihr künstlerisches Repertoire zu erweitern, indem sie der Bewegung des Tanzes live gespielte Musik wie hinzufügte. Der Erfolg ermunterte sie weiter zu gehen und auch den Gesang mit einfließen zu lassen. So entstand 2005 ihre erste Opernregie zu Purcel’s „Dido und Aeneas“, welche in der Staatsoper Unter den Linden zur Aufführung kam. Legendär ist dabei das große Wasserbassin, indem sich die Tänzer bewegen. Ich selbst hatte das Vergnügen, bei einer der Aufführungen dabei zu sein. Gerade erst war ich nach Berlin gezogen und dachte sofort – das ist die Stadt, in der Du bleiben möchtest…

Euridice (Anna Lucia Richter), Chor und Tänzer, "Orfeo" Staatsoper Berlin 2015, © Holger Jacobs

Euridice (Anna Lucia Richter), Chor und Tänzer, „Orfeo“ Staatsoper Berlin 2015, © Holger Jacobs

Handlung

„Orfeo“ ist eine Oper in 5 Akten. Im Prolog tritt eine Person als „La Musica“ (Anna Lucia Richter) auf und verkündet die Geschichte von Orpheus (Georg Nigl), der die Hölle bezwang und zum Himmel aufstieg. 1. Akt: Hirten und Nymphen feiern ein freudiges Fest. Man erzählt sich die große Liebe von Orpheus (Georg Nigl)zu seiner Eurydike (Anna Lucia Richter). 2. Akt: Orpheus und Eurydike treten auf. Orpheus singt von seinen Liebesqualen, bis er Eurydike endlich für sich gewinnen konnte. Nachdem Eurydike sich entfernt hat kommt die Botin Messagera (Charlotte Hellekant) und erzählt, dass Eurydike von einer Schlange gebissen wurde und daran gestorben ist. Orpheus Entsetzen über das Geschehene ist so groß, dass er verkündet, er würde in die Unterwelt gehen, um selber seine geliebte Eurydike wieder aus der Welt der Toten herauszuholen. Im 3. Akt begleitet La Speranza (wieder Charlotte Hellekant) Orpheus bis zum Rand des Totenreichs, um ihm Mut zu machen. Dort wartet der Hüter der Unterwelt, Caronte (Douglas Williams) und verwehrt ihm den Zugang. Doch Orpheus fängt an zu Singen und durch seine lieblichen Klänge fällt Caronte in den Schlaf. Also schnappt sich Orpheus das Boot und setzt zum Totenreich über. 4. Akt. Proserpina (Luciana Mancini), die Frau von Pluto (Konstantin Wolff), dem Herrscher der Unterwelt, ist von der Geschichte des Orpheus so gerührt, dass sie ihren Mann Pluto bittet, Eurydike frei zu lassen. Dieser willigt ein, mit der Bedingung, dass Orpheus sich so lange nicht zu Eurydike umdrehen darf, bis er die Unterwelt verlassen hat. Doch Orpheus wird von seinen Gefühlen übermannt und kann nicht warten, seine Geliebte wieder zu sehen. Aber in dem Moment, in dem er sich umdreht, ist sie wieder verschwunden. 5. Akt. Zu Tote betrübt kehrt Orpheus heim und ist verzweifelt. Seine Trauer schlägt in Wut um und er fängt an alle Frauen zu verfluchen. Da schwebt plötzlich sein Vater Apollo (Julian Millan)aus den Wolken herbei und mahnt ihn zur Einsicht. Er hätte doch zu sehr das Glück heraufbeschworen und dürfe sich jetzt nicht wundern, wenn dies nicht geklappt hätte. Schließlich wäre das Glück auf Erden nie von Dauer, weshalb er ihm anbietet ihm zu folgen. So steigen beide in den Himmel auf. Der Schluss ist ein fröhliche Gesang der Hirten, die von Orpheus erzählen, dass er am Ende doch noch himmlische Ehre und Frieden fand.

"Orfeo", Staatsoper Berlin 2015 © Holger Jacobs

„Orfeo“, Staatsoper Berlin 2015 © Holger Jacobs

Kritik

Wenn man über Sasha Waltz spricht (bzw. schreibt) darf man eine wichtige Kollegin von ihr, Pina Bausch, nicht unerwähnt lassen. Schon in den 70 Jahren experimentierte Bausch als Chefin des Wuppertaler Tanztheaters mit neuen Formen, indem sie das theatralische Element des Schauspiels mit in den Tanz einfügte. Sogar „Orpheus und Eurydike“, allerdings in der Fassung von Christop Willibald Gluck (1762) wurden von ihr als Thema einer Choreographie genommen. Der Unterschied zwischen beiden liegt vielleicht darin, dass Bausch mit ihrer Arbeit in die Seele des Menschen eindringen wollte, Waltz eher in die Seele der Musik. So auch bei der Arbeit zu „Orfeo“ von Monteverdi. Bei Sasha Waltz ist alles fließend nach der Musik: Die Sänger, der Chor und natürlich die Tänzer selbst. Sogar die Musiker des Orchesters, welche links und rechts an der Bühne platziert sind, bewegen sich mit. Somit schafft Sasha Waltz eine Einheit von Musik, Gesang, Schauspiel und Tanz. Die Tänzer singen, die Sänger tanzen und das Alles miteinander zu der Handlung einer Oper. Waltz hat damit ein neues Genre geschaffen: die choreographierte Oper. Schon bei „Dido und Aeneas“ 2007 war ich ganz entzückt und auch der „Orfeo“ konnte mich jetzt überzeugen. Die Musik von Monteverdi ist vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig für unsere heutigen Ohren, aber schließlich war ich doch auch von ihr recht begeistert. Einschließlich dieser besonderen Art zu singen, von Georg Nigl als Orfeo meisterhaft beherrscht. Gerade auch seine schauspielerische Darbietung mochte ich sehr. Ein Augen – und Ohrenschmaus ist natürlich die noch sehr junge Anna Lucia Richter als Eurydike und La Musica. Schlank und zierlich kommt sie daher und verwundert doch mit ihrer Klangfülle. Man muss also keineswegs wie Jessie Norman aussehen, um noch bis in die letzte Reihe gehört zu werden. Wunderbar auch der Chor der Vocalconsorten und die Freiburger Barockmusiker mit ihren außergewöhnlichen Instrumenten. Besonders beeindruckt hat mich auch das sehr simple, aber effektive Bühnenbild von David Chipperfield’s Assistenten Alexander Schwarz.

"Orfeo", Staatsoper Berlin 2015 © Holger Jacobs

Orfeo (Georg Nigl), „Orfeo“, Staatsoper Berlin 2015 © Holger Jacobs

Großer, nicht enden wollender Applaus am Schluss. Auf jeden Fall ein weiterer Erfolg von Sasha Waltz und ihrer fabelhaften Company.

"Orfeo", Staatsoper Berlin 2015 © Holger Jacobs

Pluto (Konstantin Wolff), der Herrscher der Unterwelt mit Prosperina (Luciana Mancini), „Orfeo“, Staatsoper Berlin 2015 © Holger Jacobs

Nächste Vorstellungen: 5. Und 6. Juli 2015 in der Staatsoper im Schillertheater, Bismarckstrasse 110, jeweils um 19.30 Uhr

Hier zwei Ausschnitte auf unserem Kulturkanal kultur24 TV:

 

https://youtu.be/GtW-TKql7wI

https://youtu.be/tOKAi-Gh_XI

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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