Pelléas et Mélisande – Komische Oper Berlin
Von Holger Jacobs
16.10.2017
🙂 🙂 🙂 🙂 (vier von fünf)
english text below
Die Premiere gestern Abend von Pelléas et Mélisande in der Komischen Oper wurde zu einem weiteren Erfolg von Regisseur und Intendant Barrie Kosky.
Hintergrund
Claude Debussy hat in seinem Leben nur eine einzige Oper vollendet: „Pelléas et Mélisande“, nach einem Bühnenstück von Maurice Maeterlinck. Die Uraufführung am 30. April 1902 war von Tumulten begleitet, weil Maeterlinck wollte, dass seine Ehefrau die Hauptrolle singt. Debussy sah das aber anders. Anhänger von Maeterlinck störten daraufhin die Aufführung. Letztlich wurde die Komposition trotzdem zu einem großen Erfolg, man spielte lange vor ausverkauftem Haus. Privat hatte Debussy ein bewegtes Liebesleben. Zweimal geschieden, zweimal verheiratet, zwei seiner Frauen brachten sich mit Revolverschüssen um und einer seiner Gespielinnen war keine Geringere als Camille Claudel – die berühmte Muse von Auguste Rodin. Sicher gute Voraussetzungen für eine romantische Oper…
Handlung
„Pelléas et Mélisande“ handelt von zwei Brüdern, die sich um dieselbe Frau streiten. Eigentlich kein ungewöhnliches Thema. Maeterlinck verstand es aber, die Geschichte mit einigen besonderen Wendungen zu würzen. Dazu gehört, dass bis zuletzt unklar bleibt, woher Mélisande eigentlich kommt und was ihr in der Vorgeschichte widerfahren ist. Denn Prinz Golaud findet sie in einem verwirrten Zustand ganz allein in einem Wald. Er verliebt sich in diese mysteriöse Frau, heiratet sie und bringt sie in das königliche Schloss. Doch Mélisande scheint den Prinzen Golaud nur aus Verzweiflung geheiratet zu haben, denn kaum im Schloss angekommen, verliebt sie sich in dessen Bruder Pelléas, der genauso ein Träumer ist wie sie. Das kann natürlich nicht gut gehen. Am Schluss sind Pelléas und Mélisande tot.
Kritik
Debussys Musik kennen wir hauptsächlich durch seine vielen Klavierstücke und Lieder. Seine Orchesterwerke wurden gerne für Ballettchoreographien genutzt, wie zuletzt von Sasha Waltz mit „Prélude à l’ apres-midi d’ un faune“ in der Staatsoper Berlin. Die Komposition von „Pelléas et Mélisande“ ist aber gewöhnungsbedürftig. Debussys Musik vom Ende des 19. Jahrhunderts ist ein Bindeglied zwischen Romantik und Moderne. Es hat nicht mehr das Weiche, Fließende eines George Bizet und auch nicht das Expressive und Kantige eines Strauss oder Stravinsky. Und trotzdem weiß Debussy sehr wohl die Höhen und Tiefen der Gefühle herauszustellen.
Regisseur Barrie Kosky setzt dem eine sehr minimalistische Inszenierung und ein sehr reduziertes Bühnenbild (Klaus Grünberg) entgegen. Ein dunkelgrüner Vorhang bedeckt den gesamten Spielort, nur ein kleiner Ausschnitt zeigt uns das Geschehen. Hierin findet wie einem Brennglas die Geschichte statt (erinnert stark an den Focus einer alten Plattenkamera). Vier unterteilte Kreise bewegen sich darin in unterschiedliche Richtungen. So treten die Darsteller per Drehung auf einem Kreis auf und verschwinden wieder auf einem anderen Kreis. Unterschiedliche Drehrichtungen der Kreise bewirken ein aufeinander zugehen oder auch Abwenden der Protagonisten. Sehr intelligent gemacht.
Auch gesanglich befinden wir uns auf hohem Niveau. Besonders haben mir Günter Papendell als Prinz Golaud und Nadja Mchantaf als Mélisande gefallen. Optik, Spiel und Gesang stimmen. Die wallenden blonden Locken von Nadja Mchantaf können hier auch thematisch gut eingesetzt werden…
Einen kleinen Teaser finde Ihr hier auf unserem Videokanal:
Alles in allem eine gelungene Inszenierung, die thematisch den vielen revuehaften Stücken in der Komischen Oper eine hochdramatische Oper entgegensetzt.
„Pelléas et Mélisande“ von Claude Debussy
Komische Oper Berlin
Behrenstraße 55-57
10117 Berlin
Regie: Barrie Kosky, Musik Leitung: Jordan de Souza, Bühne: Klaus Grünberg, Kostüme: Dinah Ehm
Mit: Günter Pependell (Prinz Golaud), Dominik Köninger (Pelléas), Nadja Mchantaf (Mélisande), König Arkel (Jens Larsen), Nadine Weissmann (Mutter Geneviève), Gregor-Michael Hoffmann (Sohn Yniold)
Nächste Vorstellungen: 21.und 28.Oktober, 17. November, 2., 14. Und 23. Dezember 2017
Pelléas et Mélisande – Premiere Komische Oper Berlin
By Holger Jacobs
16/10/2017
The premiere last night of Pelléas et Mélisande in the Komische Oper became another success of director Barrie Kosky.
Background
Claude Debussy has written only one opera in his life: „Pelléas et Mélisande“, after a theater piece by Maurice Maeterlinck. The premiere on April 30, 1902 was accompanied by riots because Maeterlinck wanted his wife to sing the lead role. Debussy saw it differently. Ultimately, the composition was nevertheless a great success, they played a long time in a sold-out house. Debussy had a very special love life. Twice divorced, twice married, two of his wives shoot themselves with revolvers, and one of his maitresse was Camille Claudel – the famous muse of Auguste Rodin. Surely good conditions for a romantic opera …
Story
„Pelléas et Mélisande“ is about two brothers who argue about the same woman. Actually not an unusual topic. Maeterlinck, however, understood how to spice up the story with some special ideas. This includes the fact that it remains unclear where Mélisande actually comes from, and what has happened in its prehistory. Prince Golaud finds her in a confused state all alone in a forest. He falls in love with this mysterious woman, marries her and takes her to the royal castle. However, Mélisande seems to have married the prince Golaud only out of despair, because she has hardly fallen in love with her brother Pelléas, who is just as much a dreamer as her. Of course this can not go well. In the end Pelléas and Mélisande are dead.
Critics
We know Debussy’s music mainly through his many piano pieces and songs. His orchestral works were often used for ballet choreographies, such as last by Sasha Waltz with „Prélude à l ‚apres-midi d‘ un faune“ at the Staatsoper Berlin. However, the composition of „Pelléas et Mélisande“ is in need of getting used to. Debussy’s music from the end of the 19th century is a link between Romanticism and modernity. It has no longer the soft, flowing of a George Bizet and also not the expressive and bulky of a Strauss or Stravinsky. Nevertheless, Debussy knows very well the ups and downs of emotions.
Director Barrie Kosky sets a very minimalistic staging and a very reduced stage design (Klaus Grünberg). A dark green curtain covers the entire venue, only a small section shows us the happenings. The story takes place like a burning glass (reminds strongly of the focus of an old record camera). Four divided circles move in different directions. Thus, the performers step on a circle and then disappear on another circle. Different rotation directions of the circles cause a change or a turning away of the protagonists. Very smart.
Vocal, we are at a high level. I liked particulary Günter Papendell as Prince Golaud and Nadja Mchantaf as Mélisande. Optics, play and singing were excellent. The flowing blond curls of Nadja Mchantaf hairs could also be used thematically well here …
All in all, a successful production, which gives a highly dramatic opera in comparison of the many broadway-like pieces at Komische Oper.
„Pelléas et Mélisande“ by Claude Debussy
Director: Barrie Kosky
Music Director: Jordan de Souza
Stage: Klaus Grünberg
Costumes: Dinah Ehm
Günter Pependell (Prince Golaud)
Dominik Köninger (Pelléas)
Nadja Mchantaf (Mélisande)
King Arkel (Jens Larsen)
Nadine Weissmann (Mother Geneviève)
David Wittich (son of Yniold)
Next performances: 21 and 28 October, 17 November, 2, 14 and 23 December 2017
Comical Opera Berlin
Behrenstraße 55-57
10117 Berlin, Germany
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.