Unser Restauranttipp – das Prism
Von Josefine Kammerer
03.02.2019
Das israelische Restaurant „Prism“ in Berlin-Charlottenburg
Kaum eine Neueröffnung hat im vergangenen Jahr für mehr Schlagzeilen gesorgt als das neue Restaurant „Prism“ in der Fritschestraße in Charlottenburg. Dessen israelischer Chef Gal Ben Moshe, welcher seine Karriere zusammen mit Kollegen wie beispielsweise Grant Achatz (Alinea, Chicago) begann, kam in 2012 nach Berlin. Hier führte er zunächst erfolgreich das Restaurant „GLASS“ in der Uhlandstraße und wurde währenddessen auch im Wettbewerb der „Berliner Meisterköche“ nominiert. Leider musste er dieses jedoch aufgrund von Baumaßnahmen schließen.
Aus Glas(s) wird nun also ein Prism(a). Auch das Konzept wurde dementsprechend weiterentwickelt: weniger internationale Küche und mehr Fokus auf Levante-Küche und einzelne exotische Zutaten, all jene, welche Gal bei seinen Einkäufen auf der Sonnenallee entdeckt. Die Levante-Küche hat ihren Ursprung in Israel, Jordanien, Syrien und im Libanon, doch insbesondere die israelischen Köche entwickelten die Küche weiter, indem sie sich von hochwertigen und aromatischen Zutaten inspirieren ließen. So fanden Gewürze wie Kardamon, Sumach, Baharat, Kumin und Zaatar(wilder Thymian, welcher geschmacklich an Oregano erinnert) zu uns und erfreuten sich rasch großer Beliebtheit.
Klein aber fein. Mit 26 Sitzplätzen ist das Prism ein intimes Fine-Dining Restaurant. Überwiegend in Anthrazit gehalten, wird ihm durch goldfarbene Elemente wie Geschirrschälchen, den samtbezogenen Sitzbänken oder einer Arbeitsplatte, ein dezenter und stilvoll puristischer orientalischer Tupfer hinzugefügt. Auch hier hatte Patrick Batek, welcher bereits Tim Raue‘s Restaurants gestaltete, seine Finger im Spiel.
Es wird ein 6 bis 8-Gänge Menü angeboten, welches alle zwei Monate nahezu komplett ausgewechselt wird. Zusätzlich gibt es das Prism-Social Menü, bei welchem alle acht Gänge traditionell gemäß israelischer Esskultur zum Teilen serviert werden. Für eine umfangreiche und passende Weinbegleitung, mit zahlreichen Weinen aus Deutschland und der Mittelmeerregion, sorgt Gal‘s Frau und Partnerin Jacqueline Lorenz sehr kenntnisreich.
Zuerst gab es eine Brotvariation von Laugen, Lawashgewürzt mit Zaatarund gerösteten Sesamkörnern – eine knackige Variante des dünnen ungesäuerten orientalischen Fladenbrotes, – und Kaffee-Schokoladenbrot mit wundervoll knuspriger Kruste. Dazu serviert wurde eine Olivenölemulsion und eine Variation aus eingelegten bunten Karotten, Pilzen und Kürbis sowie Kamel-Pastrami. Darauf folgte ein Gruß aus der Küche – eine blanchierte Auster in Crème fraîche, überzogen mit einem froschgrünen Gelée aus der Fingerlimette, verziert mit Limetten-Kaviar, dem kugelförmigen Fruchtfleisch, aus welchem die an einen Finger erinnernde australische Frucht besteht.
Als Vorspeise des Social-Menüs kamen die ersten drei Gänge gleichzeitig auf den Tisch, gedacht zum Teilen: Dreierlei von Gurke– eingelegt, auf Holzkohle gegrillt und als Creme, begleitet von einer Eiscreme aus Laban (in mit Joghurt vergleichbares arabisches Sauermilchprodukt), einem Thunfisch-Sashimi
mit eingelegten Kernen der Okra Schote, gepopptem Reis auf einem Olivenöl-Zitronen-Kohle-Spiegel und ein auf Holzkohle gegrilltes Kalbsbries, mit gebackenem und ebenfalls gegrilltem Kohl und geröstetem Pistazien-Crunsh, abgeschmeckt mit Zitrone. Dazu gab es einen kräftigen, öligen und würzigen Chardonnay aus dem Norden des Libanons.
Anders als bei der Bilderbuch-Levante-Küche, bei der Fleisch eher eine Nebenrolle spielt, muss sich Gemüse hier die Hauptrolle teilen. So ist fast keines der Gerichte vegetarisch und dazu wird dem Fleisch oder Fisch besonders durch den Holzkohlegrill ein deutlicher und stark aromatischer Akzent hinzugefügt. Zusammen mit den frischen Aromen und Gewürzen der Levante-Küche ergeben sich dadurch ein stimmiges Ensemble.
Als Hauptgang folgten die nächsten drei Speisen des Menüs. Ein im Sous-Vide gegarter, butterweicher und anschließend auf dem Holzkohlegrill knusprig gegrillter Pulpo auf frittierten Kichererbsen und begleitet von Mashwia, einem libanesischen Salat aus gebackener Tomate, Paprika und Zwiebel, war säuerlich scharf mit Jalapeños abgeschmeckt.
Die gegrillte Wachtel auf gekochten Molokhia, Spinat ähnelnden Malvenblättern, wurde mit dem in aller Welt heiß geliebten Püree (Baba ghanoush) aus geräucherter Aubergine und Sesampaste und mit Tamarinden-Sauce serviert.
Die scharf gegrillt knusprigen Lammkoteletts und in Malvenblätter eingewickelte zarte Lammschulter wurden mit Sauerkirsche verfeinert und angereicht mit einem Pinienkernmousse. Dazu gab es ein israelischer Marselan, eine Neukreuzung zwischen Cabarnet Sauvignon und Grenache Noir (ursprünglich aus der Region um Marseille) welcher aufgrund seiner vielschichtigen Struktur hervorragend zu allen drei sehr unterschiedlichen Gerichten passte.
Bevor es zu meinem persönlichen Highlight des Abends kam, gab es noch einen weiteren Gruß aus der Küche. Klassisch als Pre-Dessert, kam ein Sorbet aus geräucherten Datteln in Kaffee mit gepufftem Amaranth und mit Kardamom verfeinert.
Danach folgte ein Dessert aus in Rotwein eingelegten Feigen, mit weißer Schokolade, Zimt-Kamelmilcheis und Weizencrunch.
Der absolute Knaller war das weitere Dessert, ein Küchlein aus Mandelkrokant mit einer Eiscreme und Tropfen von Karamell, beides aus Olivenöl, dazu dehydrierte und dadurch salzige Oliven, ein Mandarinensorbet sowie frische Mandarinenstückchen. Auch wenn ich die fruchtige Komponente nicht gebraucht hätte, war der Olivenölteil wundervoll und ich bin noch immer hin und weg davon. Der spielerische Mix aus crispy, cremig und salzig, süß war schlichtweg – on point. Hierzu harmonierte auch der griechische Dessertwein Vin Santo, der an flüssige Rosinen erinnerte.
Wirklich gut gefallen hat auch insgesamt die Weinbegleitung. Die Weine wurden uns auf lehrreiche Weise, gleichzeitig aber auch ratschlagend und ehrlich von der Gastgerberin selbst vorgestellt. So führte sie uns humorvoll und sehr kompetent mit drei Weinen durchs Menü, welche nicht nur das Essen und seine Aromen des Nahen Ostens ergänzten oder für ein abgerundetes Geschmackserlebnis sorgten, sondern auch so hätte man sich gerne von allen drei Weinen eine Flasche mit nach Hause genommen.
Das Prism-Social Menü ist definitiv zu empfehlen, absolut ausreichend und ermöglicht eine wundervoll ausgiebige und bunte kulinarische Entdeckungsreise, denn hier lernt bestimmt jeder eine neue Zutat kennen. Für mich waren es an jenem Abend Kamel Pastrami, Kamelmilcheis und die mir bisher unbekannte Fingerlimette.
Prism Restaurant
Fritschestraße 48
10627 Berlin
Tel. 030 54710861
Do – Mo 18 – 00 Uhr, Di + Mi geschlossen
english text
Hardly any other new opening has made more headlines last year than the new restaurant „Prism“ located in Fritschestraße in Charlottenburg. Its Israeli chef Gal Ben Moshe, who began his career together with chefs such as Grant Achatz (Alinea, Chicago), came to Berlin in 2012. Here, he successfully opened the restaurant „GLASS“ in Uhlandstraße and was even nominated in the competition of the „Berlin Master Chefs“. Unfortunately, he had to close it due to construction.
Glass now becomes a prism. Accordingly, also the concept has been further developed: less international cuisine and more focus on Levante-cuisine and individual exotic ingredients, any that Gal discovers during his shopping tours on Sonnenallee. The Levante-cuisine has its origins in Israel, Jordan, Syria and Lebanon, but especially the Israeli chefs continued to develop the kitchen, drawing inspiration from quality and aromatic ingredients. Spices such as cardamom, sumac, baharat, cumin and zaatar (wild thyme, which tastes like oregano) thereby found their way to us and quickly became very popular.
Small but exquisite. With 26 seats, Prism is an intimate fine-dining restaurant. Predominantly held in anthracite, golden elements such as small bowls, the velvet-covered benches or a preparation table add a discreet and stylishly purist oriental touch to it. Patrick Batek, who already designed Tim Raue’s restaurants, takes the credit for this.
A 6 to 8-course menu is offered, which is almost completely changed every two months. In addition, there is the Prism-Social menu, where all eight courses are traditionally served for sharing according to Israeli food culture. Gal’s wife and partner Jacqueline Lorenz provides an extensive and suitable wine accompaniment, with numerous wines from Germany and the Mediterranean region, very knowledgeably.
First, we were served a bread variation of pretzel roll, Lawash seasoned with Zaatar and roasted sesame seeds – a crunchy variation of the thin unleavened oriental flat bread – and coffee chocolate bread with a wonderfully crispy crust. An olive oil emulsion and a variation of pickled carrots, mushrooms and pumpkin as well as camel pastrami were served. Followed by a greeting from the kitchen – a blanched oyster in crème fraiche, covered with a frog green jelly made of finger lime, decorated with lime caviar, the spherical flesh of the Australian fruit that reminisces of a finger.
As a starter of the Social-Menu, the first three courses were served at the same time intended for sharing: Three kinds of cucumber – pickled, grilled on charcoal and pureed to a cream, accompanied by an ice cream made from labaneh(an Arabic strained yoghurt), a tuna sashimi with pickled seeds of okra, popped rice served on an olive oil lemon charcoal emulsion and a veal sweetbread grilled on charcoal, with baked and grilled cabbage and roasted pistachio crunch, seasoned with lemon. This was accompanied by a strong, oily and aromatic Chardonnay from the north of Lebanon.
Although traditionally in Levante-cuisine meat only plays a minor role, here vegetables have to share the main role. Almost none of the dishes are vegetarian, and the charcoal grill adds a determined, dominant and strongly aromatic taste to the meat or fish. Together with the fresh aromas and spices of Levante-cuisine, this results in a harmonious ensemble.
The main course was composed of the next three dishes of the menu. An octopus cooked in a sous vide, butter-soft and then crisply grilled on a charcoal grill with fried chickpeas and accompanied by mashwia, a Lebanese salad of baked tomatoes, peppers and onions, spicy sour seasoned with jalapeños. The grilled quail on cooked molokhia, spinach-like mallow leaves, was served with the widely beloved puree (Baba ghanoush) of smoked eggplant and sesame paste and tamarind sauce. The crunchy grilled lamb chops and tender shoulder of lamb wrapped in mallow leaves were refined with sour cherry and served with a pine nut mousse. In addition, we were served an Israeli Marselan, a recent cross between Cabarnet Sauvignon and Grenache Noir (originally from the Marseille region) which, due to its multi-layered structure, was an excellent accompaniment to all three very distinct dishes.
Before my personal highlight of the evening, there was another greeting from the kitchen. Classic as a pre-dessert, a sorbet made of smoked dates in coffee with puffed amaranth and refined with cardamom. This was followed by a dessert of figs marinated in red wine, white chocolate, cinnamon camel milk ice cream and wheat crunch. The absolute highlight was the other dessert, a cake made of almond brittle with ice cream and drops of caramel, both made of olive oil, topped by dehydrated and thus salty olives, and accompanied by a mandarin sorbet and fresh pieces of mandarin. Even if I didn’t need the fruity component, the olive oil tartelette was wonderful and I’m still blown away by it. The playful mix of crispy, creamy and salty, sweet was simply on point. The Greek dessert wine, Vin Santo, which was reminiscent of liquid raisins, also harmonized with it perfectly.
The wine accompaniment that evening was really good. The wines were presented to us by the hostess herself in a very educative and knowledgeable manner, but at the same time advising and honest. We were guided humorously and very competently through the menu with three wines, which not only complemented the food and aromas of the Middle East, but one would have also liked to take home at least a bottle of all three wines.
The Prism-Social menu is definitely recommendable, absolutely sufficient and enables a wonderfully extensive and colourful culinary expedition, as most certainly everyone will get to know a new ingredient. That evening I discovered camel pastrami, camel milk ice cream and the finger lime that I had never seen before.
Prism Restaurant
Fritschestraße 48
10627 Berlin
Tel. 030 54710861
Thurs – Mon 6pm – midnight, Tue + Wed closed
Author: Josefine Kammerer
Josefine Kammerer arbeitet bei einem Incubator von Unternehmen in Berlin und ist Besitzer des neuen israelischen Restaurants AVIV 030 in Berlin-Neukölln. Während eines Sabbatical besuchte sie eine Kochschule in Südamerika und betätigt sich in Berlin als Foodguide für das online Kulturmagazin kultur24.berlin.