100 Jahre Leica – C/O Galerie Berlin
Von Holger Jacobs
8.9.2015
Liebe Kulturfreunde,
Vom 22.8. – 1.11.2015 zeigt die C/O Galerie im Amerika-Haus am Bahnhof Zoo in Berlin eine sehenswerte Ausstellung zum Jubiläum der ersten Kleinbildkamera Leica I, deren Technik auf der Erfindung von Oskar Barnack aus dem Jahr 1914 beruht. Barnack war zu dieser Zeit Entwicklungschef der Firma Leitz in Wetzlar, eine Firma, die hauptsächlich optische Geräte aber auch Filmkameras baute. Diese Filmkameras benutzten einen 35 mm Rollfilm mit Perforierung links und rechts an der Aussenkante, um den Film nach jeder Aufnahme weiterspulen zu können (ca. 18 – 24 Bilder pro Sekunde, um einigermaßen ruckfrei ein bewegtes Bild zu erzeugen).
Die Fotografie, 1839 durch den Franzosen Daguerre zum Patent angemeldet, war zu diesem Zeitpunkt schon mehr als 60 Jahre alt. Sie basiert auf der Idee ein Bild mit Hilfe einer lichtempfindlichen Schicht zu fixieren. Die lichtempfindliche Silbernitratschicht wurde auf einen Träger aufgetragen und in eine Camera obscura (ein viereckiger Kasten mit einem Loch auf der Seite) gestellt. Erste Belichtungen dauerten noch Stunden und die Träger waren größere Glasplatten. Im Laufe der Jahre wurden durch bessere und lichtempfindlichere Chemie die Aufnahmezeiten deutlich kürzer und die Träger immer kleiner, bis zu jenem besagten 35 mm Rollfilm, den man nun auch für das neue Medium Film einsetzen konnte.
Oskar Barnack nahm diesen Film und setzte ihn in einen kleinen metallenen Kasten von ca. 15 x 5 x 3 cm Größe. Der Film war in einer lichtundurchlässigen Patrone aufgerollt, aus der der Film Bild für Bild herausgespult wurde. Am Ende drehte man den gesamten Film wieder in seine Patrone zurück und brachte den Film zum Labor. Für die Bildgröße auf dem Negativ wählte Bartnack das ihm als ideal scheinende Verhältnis 2:3, was bei dem 35 mm Film zu einem 24 x 36 mm Bildformat führte. Damit war das sogenannte Kleinbildformat geboren, mit dem sogar die heutigen Digitalkameras arbeiten. Im Bestfall hat nämlich der digitale Chip, welcher heute die Chemie ersetzt, die Größe von 24 x 36 mm, was auch als „Vollformat“ bezeichnet wird. Die meisten Kompaktkameras und Smartphones haben allerdings eine wesentlich kleinere Chip-Größe. Deshalb die schlechtere Qualität.
Was bedeutete die Erfindung der Leica für die Fotografie?
Durch die geringe Größe des Aufnahmeapparates und sein wesentlich geringeres Gewicht als herkömmliche Platten- oder Box-Kameras wurde es zur „überall dabei“ – Kamera. Die Fotografen konnten selbst unter schwierigen Bedingungen Aufnahmen machen. Es war die Geburtsstunde der Pressefotografie. Und auch die Art des Fotografierens änderte sich. Plötzlich gab es extreme Winkel und sogar Schnappschüsse wurden möglich. Wer sich später in meiner Bilderserie die Fotografie von Henri Cartier-Bresson anschaut von dem Mann, der beim Bahnhof Saint-Lazare in Paris 1931 über eine Pfütze springt, der weiß, was ich meine.
Die Ausstellung „100 Jahre Leica“ in der C/O Galerie zeigt sehr anschaulich, wie die Fotografen das neue Medium nutzten und atemberaubende Arbeiten schufen. Viele solcher Ikonen der Fotografie, wie das eben zitierte Bild von Cartier-Bresson, zeigt die Galerie teilweise in Originalabzügen (Vintage). So findet man die Bilder des Revolutionärs Che Guevara von 1960 bis zu den erotischen Fotografien des Japaners Nobuyoshi Araki von 2006.
Zusammen mit der „Im-Ex“ in der Alten Nationalgalerie und der Piet-Mondrian im Martin-Gropius-Bau die zurzeit wichtigste Ausstellung in Berlin.
Die Ausstellung läuft noch bis 1. November 2015-09-08
C/O Galerie Berlin
Hardenbergstrasse 22
10623 Berlin
täglich 10 – 20 Uhr
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.