Fashion Week Vorbericht Januar 2017

Seet van Hoot - courtesy Galerie Deschler Berlin

Fashion Week Vorbericht Januar 2017

 

Von Katja Andreae

17.1.2017

Während sich der „normale“ Berliner seit Tagen mithilfe wetterfestem Schuhwerk durch eine matschige Masse aus Schnee und Dreck vorkämpfen zu versucht, stellen sich andere die Frage, ob es sich besser auf Stilettos oder Pumps laufen lässt:

Die Mercedes-Benz Fashion Week Berlin steht bevor. Suboptimale Wetterbedingungen – wie sollte es anders sein – sind Teil der Show. So bedarf es nicht nur ein dickes Fell hinsichtlich schräger Fashion Week Besucher, sondern eben auch im Sinne des Kälteschutzes. Wir nehmen uns auch dieses Mal das modische Unterfangen an und fassen die sehenswertesten Schauen und besten Randveranstaltungen in einem Vorbericht für Sie zusammen.

Den Auftakt bildete bereits zum achten Mal in Folge die ZEITmagazin Konferenz Mode & Stil im Kronprinzenpalais, die unter der Schirmherrschaft von Christiane Arp, Chefredakteurin der deutschen Vogue ausgetragen wurde( genauer Bericht folgt).

Vogue-Chefredakteurin Christiane Arp bei der ZEIT Konferenz @ Zeit Konferenz

Unter dem Leitsatz »It’s The Fashion, Stupid!« sollten Schnittstellen zwischen Mode, Kunst, Konsum und Wirtschaft beleuchtet und in einen globalen Kontext gestellt werden. Gespannt waren wir hier auf den Gastbeitrag von Chis Dercon, ehemaliger Direktor der Tate Gallery of Modern Art in London und designierter Intendant der Volksbühne, dessen Wechsel nach Berlin in den vergangenen Monaten viele Gemüter erhitzte. Auf Kultur24 berichteten wir bereits darüber.

Chris Dercon übernimmt die Volksbühne als neuer Intendant ab der Spielzeit 2017/ 2018 © Holger Jacobs

Ebenso zu Wort kamen Livia Firth, Ehefrau von Colin Firth und allen voran Gründerin und Creative Director der Eco Age Ltd., einer Organisation, die sich für faire und nachhaltige Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie einsetzt. Weitere Podiumsgäste waren Ingo Wilts, Chief Brand Officer von HUGO BOSS, Jungdesigner William Fan, der als deutsches Nachwuchstalent in der Modebranche gehandelt wird und Anum Bashir, Gründerin des arabischen Modeblogs Desert Mannequin und einige mehr.

Am Dienstag ist gutes Zeitmanagement gefragt. Auf dem Laufsteg darf man sich unter anderem auf die neuesten Kreationen von Dorothee Schumacher, Lena Hoschek (die wir auch Backstage interviewen werden) Hien Le, Odeeh, Esther Peerbandt und Malaikaraiss freuen.

Esther Perbandt @ Esther Perbandt

Auch werden die vier Gewinner des Fellowship Programms des Fashion Council Germany in Zusammenarbeit mit H&M bekanntgegeben. Für das Programm bewerben sich jährlich viele junge Labels, wobei nur zehn in die engere Auswahl kommen. In die diesjährigen Top-10 haben es Tim Labenda, Benu Berlin, William Fan (siehe ZEITmagazin Konferenz), Horror Vacui, Nina Karstens, Boulezar, Marina Hoermanseder, Goetze, Rianna+Nina und Steinrohner geschafft. Die Gewinner erhalten die einmalige Chance, hinter die Pforten eines global agierenden Textilkonzerns zu blicken und professionelle Unterstützung für das eigene Label an die Seite gestellt zu bekommen.

Die Finalisten beim Fashion Council Germany Tim Labenda, Benu Berlin, William Fan, Horror Vacui, Nina Karstens, Boulezar, Marina Hoermanseder, Goetze, Rianna+Nina und Steinrohner @ Fashion Council Germany

Am Mittwoch trägt die Premium, als größte Bekleidungs-Messe der Fashion Week, die „Fashion Tech Conference“ aus, auf der eine Vielzahl hochkarätiger Gäste aus den Bereichen Marketing, Digital und Innovation zusammenkommen. Zeitgleich schicken Laurèl, Marcel Ostertag und Perret Schaad ihre Models über die Runways. Der Berliner Mode Salon wird zum fünften Mal seine äußerst sehenswerte Gruppenausstellung deutscher Designer präsentieren.

Der Donnerstag steht im Zeichen der Nachwuchsdesigner. Steinrohner, Marina Hoermanseder, Michael Sontag, Dawid Tomaszewski und William Fan präsentieren ihre Kollektionen an unterschiedlichen Orten.

Marina Hoermanseder 2016, © MBFW

Mein persönliches Highlight findet zum Abschluss der Fashion Week am Freitag statt. Mit seinem Label Sadak hat der gebürtige Serber Sasa Kovacevic bereits viele Preise abgeräumt und Filmkostüme für Weltstars wie Jennifer Lawrence in The Hunger Games entworfen. Seine Kollektionen sind vielversprechend, nicht zuletzt da sie mit dem überwiegend harmlosen Gesamtbild der Berliner Fashion Week brechen und spannende Impulse setzen, die wir rückblickend oft vermissten.

Jennifer Lawrence in „Die Tribune von Panem“ © Studiocanal

Neu bei dieser Fashion Week ist der Hauptaustragungsort, den das Management von IMG im vergangenen Herbst verkündete. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik gehagelt, dass die Straße des 17. Junis für die Veranstaltung gesperrt werden müsse. Entgegenwirken möchte man dieses Jahr mit einer „urbanen“ Alternative, die dem Event den fehlenden und dringend notwendigen Coolness-Faktor einverleiben soll. Denn wie bereits mehrfach betont, soll und darf die Berliner Fashion Week nicht mit seinen „Schwestern“ in Paris, Mailand, London, New York und Kopenhagen verglichen werden. Berlin ist anders und so ist der Location Wechsel eine längst überfällige Maßnahme
Mit dem Kaufhaus Jandorf, einem historischen Warenkaufhaus, das 1904 errichtet wurde und zu DDR Zeiten als Institut für Modegestaltung diente, begräbt der Veranstalter nun also endlich die klägliche Zelt-Vergangenheit am Brandenburger Tor und lässt uns erwartungsvoll auf die kommenden Veranstaltungen blicken.

Kaufhaus Jandorf in der Brunnenstrasse, Berlin-Mitte © Holger Jacobs

In Ergänzung zu den Schauen haben sich einige Designer (teilweise zum wiederholten, teilweise zum ersten Mal) dafür ausgesprochen, auf einen Laufsteg zu verzichten und ihre Kollektionen stattdessen in einem „Showroom“ im Me Collectors Room zu zeigen. Allen voran Lala Berlin, deren zumeist fließende Silhouetten aus Pastell-farbigen und bedruckten Materialien großen Anklang in der Szene finden.

Me Collectors Room in der Augustrasse, Berlin-Mitte © Holger Jacobs

Neben den üblichen Fashion Week „Go-to’s“ freuen wir uns zudem auf einige Randveranstaltungen, die im Rahmen oder in Anlehnung an diese stattfinden. So eröffnete die Galerie Deschler in der Auguststraße vergangenen Freitag die Gruppenausstellung „Handmade“, die sich gänzlich der textilen Kunst widmet. Diverse Künstler, internationaler Herkunft präsentieren ihre Werke aus und mit textilen Fasern, die im Gesamtbild die individuellen Herangehensweisen, basierend auf kulturellen und traditionellen Hintergründen verdeutlichen (siehe dazu auch das Interview mit Galerist Markus Deschler auf unserem Youtube Kanal).

Artwork by Yukiko Terada, courtesy Galerie Deschler Berlin

Ebenso spannend finden wir den erstmalig ins Leben gerufenen „THE SHOP“, der parallel zu den Schauen im Kaufhaus Jandorf installiert worden ist. Getreu dem neuen Retail Trend „Shop the Runway“, können Kollektionen die noch gerade auf dem Laufsteg zu sehen waren direkt gekauft werden. Damit knüpft Berlin an die Strategie großer Modehäuser wie Burberry, Tom Ford, Ralph Lauren oder Tommy Hilfiger an, die es für nicht mehr zeitgemäß halten, Kollektionen erst Monate nach der Präsentation im Laden zum Verkauf anzubieten.

Kaufhaus Jandorf © Holger Jacobs

Der Partymarathon wurde am Montag wieder einmal von Dandy Diary eingeleitet. Dieses Mal lässt das Blogger Duo das Thema Death/Gothic aufleben und lädt seine Fan-Crowd in die Last Cathedral Bar auf der Schönhauser Allee.

Dandy Diary Party Januar 2017 © Dandy Diary

Das in den 00er Jahren gehypte Rucksack Label Eastpak erlebt derzeit ein regelrechtes Come-back. Zusammen mit dem Berliner Jungdesigner Ivan Batman wurde eine Accessoire Linie produziert, die am Dienstag Abend im Soto Store Premiere feiert. Kultur24.berlin berichtete jüngst über den Soto Store.

Soto Store in der Torstrasse, Berlin-Mitte © Holger Jacobs

Auch Reebok nimmt sich die Fashion Week zum Anlass, eine limitierte Kollektion ihrer Klassiker zu lancieren. Der Launch wird mit einem feinen DJ Line-Up am Mittwoch Abend im Säälchen gefeiert. Wer auf der Suche nach einer etwas unkonventionelleren Show ist, sollte am Donnerstag im Showroom von OBECTRA IS F*CK vorbeischauen. Das junge Berliner Label provoziert mit einer Streetwear Linie, die sich sexuellen Vorlieben und schmutzigen Gelüsten annimmt. Unter dem Titel „einBlick“ präsentiert der Lette Verein zeitgleich die aufwendig produzierte Teamkollektion seines 3. Semesters.

Wer zum Ende der Woche immer noch nicht genug vom Fashion Zirkus hat, sollte sich nicht die SLEEK ART MEETS FASHION PARTY entgehen lassen, die im Tube (auch ohne Einladung) stattfinden wird.

Sleek Party © Sleek

In diesem Sinne: Let the games begin!

Hier der finale Plan der Modenschauen:

Schedule Fashion Shows January 2017 © MBFW

 

 

Author: Katja Andreae

Journalistin und freie Autorin

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