Jonas Kaufmann in Berlin

Jonas Kaufmann © Gregor Hohenberg

Jonas Kaufmann in Berlin

Am 18. Mai 2015 um 20.00 Uhr in der Philharmonie Berlin mit Arien und Liedern.

CD-Cover Jonas Kaufmann, credit: Sony-Music

CD-Cover Jonas Kaufmann, credit: Sony-Music

Von Karin Jacobs:

70 Jahre liegt der 2. Weltkrieg zurück und die Jubiläen erinnern in diesen Tagen daran, wie sehr wir auf dem Hintergrund der furchtbaren Geschehnisse leben, denken, und handeln.

Da macht es Sinn, dass eine Tournee von Jonas Kaufmann und dem Münchner Rundfunkorchester unter Jochen Rieder gerade jetzt Komponisten und Sängern der 20er und Anfang der 30er Jahre die Ehre erweist, von denen viele , weil sie Juden waren, aus Hitler-Deutschland- und Österreich vertrieben wurden. Thomas Voigt, Medienmanager von Jonas Kaufmann und Musikjournalist, hat zusammen mit den Künstlern aus bekannten Film-Schlagern , Operetten-Evergreens und in Vergessenheit geratenen Liedern ein herrlich beschwingtes Programm zusammen gestellt, an dem musikdramaturgische Kompetenz und historisches Verantwortungsbewusstsein deutlich wird. Richard Tauber , der sein „Freunde, das Leben ist lebenswert“   als ein Aufbäumen gegen das Grauen der Zeit hinaus schmetterte,  Joseph Schmidt, von dem „Ein Lied geht um die Welt“ stammt und der aus Deutschland fliehen musste und viele andere , deren Lieder auf dem Programm von Jonas Kaufmann stehen , sie alle erinnern daran: die Lieblinge der Zeit damals waren zum größten Teil Juden oder sogenannte „Halbjuden“. Ihre Schicksale blieben nur selten in Erinnerung, während ihre Lieder noch immer um die Welt gehen.

Nicht ganz um die Welt, aber durch viele Städte Deutschlands und Europas führt die Tournee von Jonas Kaufmann. Am kommenden Montag, dem 18. Mai , wird dieses einzigartige Programm in der Berliner Philharmonie zu erleben sein.

„Ich will Freude machen, ich brauche sie“ – dieser Satz von Richard Strauss könnte durchaus das Motto von Jonas Kaufmann sein, wenn er mit seinem strahlenden „Freunde , das Leben ist lebenswert“ – den Auftakt des Abends singt., nachdem er zuvor mit charmanten Sätzen das Mikrophon erklärt hat, an das auch er sich erst gewöhnen musste. Doch einige der Lieder sind als Filmmusiken geschaffen worden und würden von einer noch sehr ins Pianissimo zurückgenommen Operntechnik ihre Intimität verlieren. Im Laufe des Abends stellte sich diese zuerst ein wenig eigenartig anmutende Mischung als sehr natürlich und kaum noch merkbar heraus. Ob mit voller Opernstimme oder vom Mikrofon unterstütztem Parlando , Jonas Kaufmann schafft es, die eigene Freude am wunderschönen Leben in die Säle hinein zu tragen, ernste Minen zu verwandeln und Strahlen von Lebensenergie und Zukunftshoffnung schwingen zu lassen. „Du bist die Welt für mich“, „Grüß mir mein Wien“ , „Gern hab ich die Frau´n geküsst“ , „Heute Nacht oder nie“ – und wie sie alle heißen mögen, die sehnsuchtsvollen, feurigen, sanften und zärtlichen Liebeserklärungen.

Kaufmanns Stimme hat eine Variationsbreite, die Staunen lässt und man spürt, wie sehr er die künstlerische Freiheit genießt, dem Publikum näher zu kommen, als in klassischen Lieder- oder Arienabenden.  Doch weit entfernt ist das Konzert von einem kitschigen Wellness-Wohlfühprogramm. Jonas Kaufmann bleibt seinen eigenen Ansprüchen an die Kunst treu. Nichts Zufälliges ist in dem Vortrag .Jeder Ton sitzt genau so, wie er soll, kein Ziehen, kein Wischen – und jedes Wort, jeder Gedanke ist auf seinen Sinn hinterfragt, auf seine Wirkung abgetastet und wird in dem Augenblick des Singens neu und spontan empfunden. Der Sänger steht zu diesen Lieder, er nimmt sie ernst und weiß, ihren Sinn zu vermitteln. Die Lebensfreude, die das Publikum im Laufe des Konzerts wie einen beglückenden Rausch empfindet, hat ihre Ursache in der emotionalen Ehrlichkeit der Interpretation, durch die die Lieder eine anrührende Zärtlichkeit bekommen. Jeder weiß es am Ende des Abends: das Glück , das man so gern mit nach hause nimmt, gründet auf dem Charme des Sängers und auf seiner Kunst, in jede Nuance ein Stück seines Wesens hinein zu legen.

Wenn der Applaus-Sturm nicht enden will , verabschiedet er sich gern mit einer Zugabe, die scheinbar so passend ist: „Frag nicht, warum ich gehe.“ von Robert Stolz. Die letzte Strophe verändert Kaufmann ein wenig: „Morgen singt hier ein anderer, dann werdet ihr nicht mehr fragen, warum.“

Hier allerdings wird heftig widersprochen: diese Lieder möchte zumindest ich nicht von einem anderen Sänger hören- denn das Leichte ist das Allerschwerste- aber immer wieder gern noch einmal von Jonas Kaufmann!

Jonas Kaufmann © Gregor Hohenberg

6 Bilder: Jonas Kaufmann © Gregor Hohenberg

Author: Karin Jacobs-Zander

Karin Jacobs-Zander, Dramaturgin und Autorin der Bücher „Lebenslotsen“ und „Wo München am schönsten ist“ aus dem Ellert & Richter Verlag, lebt in München als freie Journalistin

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