Kosmos Blauer Reiter im Kupferstichkabinett Berlin

Kosmos Blauer Reiter - Franz Marc - Kupferstichkabinett

Kosmos Blauer Reiter im Kupferstichkabinett Berlin

 

Von Holger Jacobs

11.03.2025

Der Blaue Reiter ist endlich auch in der Hauptstadt zu sehen.

Anfang des 19. Jahrhunderts war der Fokus der Malerei noch überwiegend auf die realistische Darstellung von Mensch, Tier und Umwelt gerichtet.
Mitte des 19. Jahrhunderts begann mit dem Impressionismus eine langsame Abkehr vom Naturalismus, indem die Gegenstände, natürlich immer noch deutlich als solche zu erkennen, mit Tupf- und Wischtechnik ihre ursprünglichen Formen verloren. Ausgehend von Frankreich und England, erreichte diese Bewegung Ende 19. Jahrhunderts auch Deutschland, deren Hauptvertreter MAX LIEBERMANN, MAX SLEVOGT und LOVIS CORINTH waren.

Der Blaue Reiter in München

Neben diesen Schwergewichten der damaligen Kunstszene in Deutschland begannen aber junge Kreative Anfang des 20. Jahrhunderts in München sich Gedanken zu machen, wie weiter gehende, radikalere Darstellungen in der Malerei aussehen könnten.

Wassily Kandinsky, 1913 -CC-Wikimedia Commons

Die Begründer der Künstlergruppe „Blauer Reiter“, FRANZ MARC und WASSILY KANDINSKY, hatten beide auf der Kunstakademie in München studiert.
Ob sie sich dort schon begegnet sind ist nicht belegt.

Franz Marc und seine Schwester Maria, 1911 -CC-Wikimedia Commons

Doch im Frühjahr 1911 trafen sie sich  in der Atelierwohnung (Giselastrasse 23) von MARIANNE VON WEREFKIN, einer russischen Malerin, die mit ihrem Liebhaber ALEXEJ JAWLENSKY 1896 nach München gezogen war.

Alexej Jawlensky, 1910, Neue Nationalgalerie

Im Herbst 1911 bildeten MARC und KANDINSKY die Redaktionsgemeinschaft „Blauer Reiter“, um eine Publikation mit Werken junger Künstler zu veröffentlichen, die aus der Neuen Künstlervereinigung München ausgeschieden waren, um neue künstlerische Wege zu gehen.

Franz Marc, 1912, aus dem Almanach „Blauer Reiter“

Daraus entstand der Almanach Blauer Reiter, der im Mai 1912 veröffentlich wurde.

Wassily Kandinsky, 1912, aus dem Almanach „Blauer Reiter“

Der Almanach gab einer Gruppe von Künstlern, die damals gemeinsam in München lebten und arbeiteten, ihren später berühmt werdenden Namen.

Die erste Ausstellung der Künstlergruppe „Blauer Reiter“ fand am 18. Dezember 1911 in der Galerie Thannhauser in der Theatinerstr. 7 statt.
Mit dabei waren neben FRANZ MARC und WASSILY KANDINSKY auch HEINRICH CAMPENDONK, AUGUST MACKE und GABRIELE MÜNTER.

Gabriele Münter, 1903 -CC-Wikimedia Commons

Die Ausstellung wurde anschließend bis 1914 noch in 14 weiteren Städten gezeigt, darunter Frankfurt, Hamburg, Bremen, Oslo, Helsinki und Göteborg.
In Berlin war es HERWARTH WALDEN (eigentlich Georg Lewin), der die Künstler der „Blauen Reiter“ in seiner Galerie Der Sturm präsentierte.

Gabriele Münter, „Der Sturm“, Ausgabe 12/1915

Mit Beginn des 1. Weltkriegs löste sich die Gruppe auf.
FRANZ MARC starb 1916 als Soldat vor Verdun.
AUGUST MACKE starb ebenfalls als Soldat schon kurz nach Beginn des Krieges an der Westfront.
JAWLENSKY und WEREFKIN gingen in die Schweiz.
KANDINSKY kehrte für einige Jahre nach Russland zurück und wurde in Moskau Leiter des Instituts für Künstlerische Kultur, wo er RODTSCHENKO und MALEWITSCH kennenlernte.
Nach der Oktoberrevolution in Russland ging KANDINSKY wieder nach Deutschland und wurde Professor am Bauhaus in Weimar und Dessau.
Er wohnte dort zusammen mit PAUL KLEE in einem der Meisterhäuser.

Die Ausstellung: „Kosmos Blauer Reiter“

Zum ersten Mal zeigt das Kupferstichkabinett in Berlin seine Sammlung von Druckgrafiken der Künstlergruppe „Blauer Reiter“.
Die Ausstellung mit 100 Werken wird vervollständigt mit Leihgaben aus der Neuen Nationalgalerie, der Kunstbibliothek und privater Sammlungen.

Es ist keine Blockbuster-Show mit riesigen Gemälden dieser außergewöhnlichen Künstler.
Dafür muss man schon nach München ins Lehnbach-Museum gehen, wo durch eine großzügige Spende von GABRIELE MÜNTER nach deren Tod die größte Sammlung mit Werken der „Blauen Reiter“ zu finden ist.

Die jetzige Ausstellung im Kupferstichkabinett in Berlin zeigt „nur“ kleine Grafiken.
Dafür aber wunderschöne Aquarelle mit Tusche-Zeichnungen auf Bütten-und Aquarellpapier. und Holzschnitte.
Sie ist in Abschnitte unterteilt, die den einzelnen Künstlern der „Blauen Reiter“ gewidmet ist.
Neben den Arbeiten von WASSILY KANDINSKY, FRANZ MARC, ALEXEJ JAWLENSKY, AUGUAT MACKE, HEINRICH CAMPENDONK und GABRIELE MÜNTER (von letzterer leider nur sehr wenig) werden auch Grafiken von Zeitgenossen präsentiert, wie z.B. von dem in Wien lebenden OSKAR KOKOSCHKA und den in Berlin ansässigen MAX PECHSTEIN und ERNST LUDWIG KIRCHNER.

Mein besonderer Liebling ist AUGUST MACKE (siehe Bilderserie).
Sein Umgang mit Farben und Formen und Komposition geht einem direkt ins Herz.

Überhaupt: Was ist eigentlich der Stil der „Blauen Reiter?
Schaut sich der Betrachter die Bilder an, erkennt er schnell, dass wir uns hier am Übergang der gegenständlichen zur abstrakten Malerei befinden.
Bei FRANZ MARC zum Beispiel erkennen wir noch fast alle Details nur die Farben entspringen MARCS Phantasiewelt.
Die Pferde werden blau, Menschen und Rehe gelb.
Diese Abkehr der Farben von der Realität finden wir zur selben Zeit auch bei den Künstlern der „Brücke“ Gruppe (KIRCHNER, MÜLLER, PECHSTEIN, SCHMIDT-ROTTLUFF) in Dresden und Berlin, deren Stil später als deutscher Expressionismus bezeichnet wird.
In diesem Jahr feiert übrigens das Brücke Museum in Berlin sein 125. Bestehen. Eröffnung der Jubiläums-Ausstellung ist am 29. März 2025.

Fazit: Kleine, aber feine Ausstellung mit ein paar besonders schönen Bildern von AUGUST MACKE und FRANZ MARC

„Kosmos Blauer Reiter“
Kupferstichkabinett Berlin
Kulturforum
Ausstellung vom 1. März bis 15. Juni 2025

Bilderserie mit 18 Beispielen aus der Ausstellung „Kosmos Blauer Reiter“:

August Macke, 1912, „Spaziergang mit Blumen“, Öl auf Leinwand, Neue Nationalgalerie

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and videographer.

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