PREMIERE von „der die mann“

Ruth Rosenfeld "der die mann" - Volksbühne Berlin © Holger Jacobs

Premiere und Uraufführung von „ der die mann “ von Herbert Fritsch nach Texten von Konrad Bayer an der Volksbühne Berlin am 18.2.2015.

Wertung: 🙂 🙂 🙂          (drei von fünf möglichen)

Von Holger Jacobs (Text und Fotos)

5.3.2015. Bunt und schrill sind wir ja schon von Herbert Fritsch gewohnt, nur Sprache noch nicht. Bisher stand bei seinen Stücken mehr die Optik, Mimik und Musik im Vordergrund, bei „der die mann“ sollte nun auch die Sprache ihre entsprechende Geltung finden – und wie!

Worum geht es?

Das erste, was der Zuschauer sieht, ist ein Meer roter Farbe. Der gesamte Bühnenraum ist in rotes Licht getränkt, auf dem verspiegelten Boden sind eine rote Treppe von 10 Stufen und ein riesiges gelbes Megaphon zu sehen. Nacheinander erscheinen 7 Schauspieler, Ruth Rosenfeld, Annika Meier, Hubert Wild, Florian Anderer, Jan Bluthardt und Werner Eng, in hautengen knallfarbigen Lackanzügen und rekeln sich auf der Treppe, verschwinden in der Treppe, kommen wieder und sprechen Texte von Konrad Bayer.
Konrad Bayer? Who the fuck is Konrad Bayer? Nach intensiver Internet-Recherche stellt sich heraus: Es handelt sich um einen österreichischen Autoren, der in den 50er Jahren dadaistische Texte verfasste und einer sogenannten „Wiener Gruppe“ angehörte. Wie es scheint, ist die Zeit nach dem Krieg für literaturbegeisterte Menschen äußerst schwierig gewesen. Sind doch alle modernen, avangardistischen Bücher von den Nazis verbrannt worden, weshalb viele den einzigen Ausweg in der klassischen Literatur sahen. Aber Schriftsteller wie Konrad Bayer, Oswald Wiener, Gerhard Rühm, H.C Atmann und Friedrich Achleitner wollten einen neuen Weg bestreiten und gründeten die Wiener Gruppe. Einer von ihnen, Oswald Wiener, entzog sich nach einem ausgeartetem Happening an der Uni Wien 1968 der österreichischen Justiz und strandete in Berlin. Hier gründete er in den den 80-er Jahren das noch vielen Westberlinern bekannte Restaurant Exil in Kreuzberg, welches Anziehungspunkt für die Berliner Avantgarde wurde. Tochter Sarah Wiener wiederum ist heute selbst bekannte Gastronomin und Fernsehköchin.
Die Texte Bayers fanden selbst zu seinen Lebzeiten nur wenige Anhänger, weshalb er sich 32-jährig das Leben nahm. Erst viel später erkannte man seine Bedeutung. Zu seinem Todestag 2014 wurden zahlreiche Lesungen, Vorträge und Workshops abgehalten. So kam wohl auch Herbert Fritsch auf die Idee aus seinen Texten den Theaterabend „der die mann“ zu kreieren.
Mittlerweile habe ich schon mehrere Stücke von Fritsch gesehen und ich kann von mir behaupten, ein großer Bewunderer zu sein. Doch mit „der die mann“ konnte ich leider nur wenig anfangen. Sätze wie: „der verzweifelte karl greift zum karl. aber schon hat karl karl genommen. da erscheint karl mit karl auf dem karl und wirft karl auf karl in den karl …“ sagen mir nichts. Für einen Moment scheinen sie komisch, aber einen ganzen Abend damit zu bestreiten finde ich anstrengend.
Wer das Peter Handke Stück “Kaspar” in dem nur 2 Km entfernten Berliner Ensemble gesehen hat, der wird Ähnlichkeiten feststellen können. Doch während bei Handke jeder Satz eine Bedeutung hat und zur Dramaturgie des Stücks beiträgt, so sind die Worte von Konrad Bayer nur für sich selbst da.
Allerhöchstes Lob gebührt den Darstellern! Sich dieses immense Sammelsurium an Worten zu merken, ohne das diese einen Sinn ergeben, ist schon außerordentlich – auch und gerade im Zusammenspiel mit den anderen Schauspielern.

 

 

der die mann - Volksbühne Berlin, Foto: Holger Jacobs, Schauspielerin Ruth Rosenfeld

27 Bilder, „der die mann“ – Volksbühne Berlin, Foto: Holger Jacobs, Schauspielerin Ruth Rosenfeld

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

Cookies help us deliver our services. By using our services, you agree to our use of cookies.