ROMÉO ET JULIETTE an der Staatsoper Unter den Linden
Von Holger Jacobs
11.11.2024
Wertung: 🙂 🙂 🙂 🙂 (vier von fünf)
Eine gelungene Inszenierung für die berühmteste Liebesgeschichte der Welt
Wie Ihr Euch sicher denken könnt, wurde das Libretto (JULES BARBIER und MICHEL CARRÉ) für die Oper „Roméo et Juliette“ von CHARLES GOUNOD nach dem legendären Liebesdrama von WILLIAM SHAKESPEARE geschrieben, welches der britische Meister des Theaters 1597 veröffentlichte.
Seitdem wurde sein Drama in vielen Opern-Libretti verarbeitet (38 allein im 18. Jahrhundert). Außerdem in über 30 Verfilmungen (u.a. „Romeo + Juliet“ mit LEONARDO DI CAPRIO, der heute seinen 50. Geburtstag feiert und CLAIRE DANES 1996) und mehreren Musicals (u.a. „West Side Story“ von LEONARD BERNSTEIN 1957).
Denn neben Tod, Macht und Verrat ist die Liebe das, was die Menschen am meisten bewegt.
Und SHAKESPEARE hatte hier das ultimative Liebesdrama geschaffen.
Handlung
Soweit es nicht schon jeder kennt:
Im Verona des 16. Jahrhunderts leben zwei verfeindete Familien:
Die Montagues und die Capulets.
Als sich eines Tages Romeo und zwei weitere Mitglieder der Montagues in eine Geburtstagfeier der Capulets einschleichen, sieht Romeo zum ersten Mal Juliette, das Geburtstagkind, Tochter der Capulets.
Romeo schafft es sich Juliette zu offenbaren und beide treffen sich heimlich und gestehen sich ihre Liebe. Wegen der Fehde der Familien lassen sie sich heimlich von Pater Lorenzo trauen. Doch bei einer Begegnung der jugendlichen Mitglieder der beiden Familien am nächsten Tag kommt es zu einer tödlichen Auseinandersetzung und Romeo tötet Thybalt Montague, der kurz vorher den besten Freund von Romeo, Mercutio, erschossen hat.
Als Juliette davon erfährt verzeiht sie Romeo, denn er tat es, um seinen Freund zu rächen. Beide verleben ihre Hochzeitsnacht zusammen.
Am nächsten Morgen wird Romeo als Strafe für seine Tat aus Verona verbannt und Juliette soll stattdessen ihren Cousin Paris heiraten.
Pater Lorenzo gibt ihr einen Schlaftrunk, der sie für die anderen wie tot aussehen lässt, nur um danach aus dem Sarg zu flüchten und mit Romeo zu fliehen.
Doch der weiß nichts davon. Er hört nur vom Tod seiner Geliebten, eilt in die Grabkammer zu Juliette und nimmt sich aus Kummer das Leben. Kurz bevor er stirbt, wacht Juliette auf und sieht Romeo sein Lebenslicht aushauchen. Daraufhin nimmt sie einen Dolch und tötet sich ebenfalls.
Kritik
Ich muss gleich zu Anfang sagen, dass diese Premiere einer meiner schönsten Opernabende in meiner Berliner Zeit war.
Das fängt mit dieser wunderbaren Musik an (eines der Arien ist das berühmte „Je veux vivre“, ein Walzer, gesungen gleich im ersten Akt von Juliette auf ihrer Geburtstagfeier, deren Melodie viele von Euch wiedererkennen werden) und endet mit einer durchaus gelungenen Inszenierung.
Die französische Regisseurin MARIAME CLÉMENT (*1974), die mal vor 25 Jahren als Hospitantin in der Berliner Staatsoper angefangen hat und mittlerweile in allen wichtigen Opernhäusern inszeniert, reduzierte GOUNODs Oper auf ihre wesentlichen Details und transportierte das Geschehen in unsere Epoche.
Bühnenarchitektur und Kostüme könnten aus dem Ende des 20. Jahrhunderts stammen, es könnte aber auch genau heute passieren.
Selbst wenn man in unserer westlichen Kultur solche Familienstreitigkeiten, die bis zum Mord führen, kaum noch kennt, so findet man diese gewaltsamen Auseinandersetzungen immer noch in der arabischen Welt und im Nahen Osten. Sunniten gegen Schiiten, Muslime gegen Christen, Juden gegen Muslime u.s.w. Dabei sterben jeden Tag Menschen, gerade in diesen Tagen.
Bühne
Schade nur, dass die Bühne durch zwei hintereinanderliegende schwarze Rahmen um ca. 3 Meter auf beiden Seiten verkleinert wurde. Ob das schon mit den angekündigten Streichungen im Kulturbudget des Landes Berlin zu tun hat? Oder die Regisseurin einfach mehr Intimität auf der Bühne haben wollte?
Ich vermute eher zweites. Aber bei einem so großen Opernhaus, wie der Staatsoper und einer entsprechenden riesigen Bühne fällt das schon auf.
Während der ganzen 3 Stunden der Aufführung wird immer wieder das Symbol eines Schmetterlings gezeigt, der, laut der Regisseurin, für die Liebe von Romeo und Julia steht und auch für die Verwandlung eines Menschen von der Adoleszenz zum Erwachsen werden.
Gesang
Fast alle Sängerinnen und Sänger konnten überzeugen.
Auch wenn ELSA DREISIG, die die Rolle der Juliette bereits letztes Jahr an der Opera Bastille in Paris gesungen hatte, erst einmal ein paar Takte brauchte, um ihre Nervosität abzuschütteln, hatte sie sich spätestens beim Liebesduett im 2. Akt (Balkonszene, Gartenszene) voll im Griff.
Gerade die Gartenszene, wo das Liebespaar ganz allein nur von einem kleinen Bäumchen begleitet, auf einer abgedunkelten Bühne sitzt, gehörte für mich zu dem schönsten Moment des Abends. Musikalisch und gesanglich ein Genuss. Danach hätte ich eigentlich gleich nach Hause gehen können, so erhaben war dieser Moment.
Über die anderen Gesangsleistungen ist nicht viel zu sagen.
Sie waren alle (bis auf ARTTU KATAJA als Graf Capulet) auf hohem Niveau.
Der aus Samoa stammende AMITAI PATI als Romeo hat eine schöne, kraftvolle Stimme. Sein Rollendebüt für den Part des Roméo gab er letztes Jahr an der Opera Comique in Paris.
Trotz seiner angedeuteten Punk-Frisur, sieht AMITAI PATI recht attraktiv aus, so dass ELSA DREISIG auch gar nicht aufhörten wollte ihn real und in echt auf den Mund zu küssen.
Ob die beiden wohl auch außerhalb der Oper ein Paar sind?
Überhaupt ESLA DREISIG (*1991).
Findet Ihr nicht, dass sie der US-amerikanische Schauspielerin SCARLETT JOHANSSON (*1984) irgendwie ähnlich sieht? Ich finde schon.
ELSA DREISIG singt toll, sieht gut aus und spielt auch ihre Rolle als verliebtes junges Mädchen überzeugend. Ein berechtigter großer Applaus schallte ihr dafür am Ende entgegen.
By the way: Kaum ein Buh-Ruf war nach dem Vorhang zu hören (außer beim Dirigenten).
Ich denke, es hat den Zuschauern genauso gut gefallen, wie mir.
„Roméo et Juliette“ von Charles Gounod
Staatsoper Unter den Linden
Premiere war am 10.11.2024
Inszenierung: Mariame Clément,
Musik. Leitung: Stefano Montanari
Bühne + Kostüme: Julia Hansen
Mit: Elsa Dreisig (Juliette), Amitai Pati (Romeo), Johan Krogius (Tybalt), David Ostrek (Paris), Jaka Mihelac (Mercutio), Nicolas Testé (Frère Laurent), Marina Prudenskaya (Gertrude).
Bilderserie mit 10 Fotos aus „Roméo et Juliette:
English text
Romeo et Juliette at the Staatsoper Unter den Linden
By Holger Jacobs
Rating: 🙂 🙂 🙂 🙂 (four out of five)
A successful production for the most famous love story in the world
As you can probably imagine, the libretto (JULES BARBIER and MICHEL CARRÉ) for the opera „Roméo et Juliette“ was written by CHARLES GOUNOD after the legendary love drama by WILLIAM SHAKESPEARE, which the British master of theater published in 1597.
Since then, his drama has been used in many opera librettos (38 in the 18th century alone). Also in over 30 film adaptations (including “Romeo + Juliet” with LEONARDO DI CAPRIO, who turns 50 today and CLAIRE DANES 1996) and several musicals (including “West Side Story” by LEONARD BERNSTEIN 1957).
Besides death, power and betrayal, love is what moves people the most.
And SHAKESPEARE had created the ultimate love drama here.
Story
If not everyone already knows:
In 16th century Verona there live two feuding families:
The Montagues and the Capulets.
One day when Romeo and two other members of the Montagues sneak into a Capulets‘ birthday party, Romeo sees Juliette, the birthday girl and the Capulets‘ daughter, for the first time.
Romeo manages to reveal himself to Juliette and they both meet in secret and confess their love.
Because of the families‘ feud, they secretly get married by Father Lorenzo.
But when the young members of the two families meet the next day, a deadly argument ensues and Romeo kills Thybalt Montague, who had just shot Romeo’s best friend, Mercutio.
When Juliette finds out about this, she forgives Romeo because he did it to avenge his friend.
They both spend their wedding night together.
The next morning, Romeo is banished from Verona as punishment for his crime and Juliette is supposed to marry her cousin Paris instead.
Father Lorenzo gives her a sleeping poison that makes her look dead to the others, only to then escape from the coffin and flee with Romeo.
But Romeo knows nothing about it. He only hears of the death of his lover, rushes to the burial chamber to Juliette and takes his own life out of grief. Shortly before he dies, Juliette wakes up and sees Romeo dying. She then takes a dagger and kills herself too.
Critics
I have to say right at the start that this premiere was one of the most beautiful opera evenings of my time in Berlin.
It starts with this wonderful music (one of the arias is the famous „Je veux vivre“, a waltz sung in the first act by Juliette at her birthday party, the melody of which many of you will recognize) and ends with a thoroughly successful production.
The French director MARIAME CLÉMENT (*1974), who started as a guest at the Berlin State Opera 25 years ago and now directs in all the major opera houses, reduced GOUNOD’s opera to its essential details and transported the events to our era.
The stage architecture and costumes could be from the end of the 20th century, but it could also be happening right now.
Even if family disputes that lead to murder are hardly known in our western culture, these violent conflicts can still be found in the Arab world and the Middle East. Sunnis against Shiites, Muslims against Christians, Jews against Muslims, etc. People die every day, especially these days.
Stage
It’s just a shame that the stage was reduced by around 3 metres on both sides by two black frames placed one behind the other. Is this something to do with the announced cuts in the cultural budget of the state of Berlin? Or did the director simply want more intimacy on stage?
I suspect the latter. But in an opera house as large as the State Opera and with a correspondingly huge stage, it is noticeable.
During the entire 3 hours of the performance, the symbol of a butterfly is shown again and again, which, according to the director, stands for the love of Romeo and Juliet and also for the transformation of a person from adolescence to adulthood.
Singing
Almost all of the singers were convincing.
Although ELSA DREISIG (who had already sung the role of Juliette last year at the Opera Bastille in Paris, needed a few bars to shake off her nervousness.
By the time of the love duet in the 2nd act (balcony scene, garden scene) she had herself completely under control.
The garden scene in particular, where the lovers sit all alone on a darkened stage accompanied only by a small tree, was one of the most beautiful moments of the evening for me.
Musically and vocally a delight.
I could have gone home straight away afterwards, the moment was so sublime.
There is not much to say about the other singing performances.
They were all of a high standard (except for ARTTU KATAJA as Count Capulet).
AMITAI PATI, who comes from Samoa, has a beautiful, powerful voice as Romeo.
He made his role debut for the part of Roméo last year at the Opera Comique in Paris.
Despite his punk hairstyle, AMITAI PATI looks quite attractive, so much so that ELSA DREISIG couldn’t stop kissing him on the mouth on stage.
I wonder if the two are a couple outside of the opera?
By the way:
Don’t you think ELSA DREISIG (*1991) looks a bit like the American actress SCARLETT JOHANSSON (*1984)?
I think so.
ELSA DREISIG sings well, looks great and plays her role as a young girl in love convincingly.
She received a well-deserved big round of applause at the end.
By the way: There were hardly any boos after the curtain (except from the conductor).
I think the audience enjoyed it as much as I did.
“Roméo et Juliette” by Charles Gounod
Staatsoper Unter den Linden
The premiere was on November 10th, 2024
Direction: Mariame Clément,
Music. Director: Stefano Montanari
Stage + Costumes: Julia Hansen
With: Elsa Dreisig (Juliette), Amitai Pati (Romeo), Johan Krogius (Tybalt), David Ostrek (Paris), Jaka Mihelac (Mercutio), Nicolas Testé (Frère Laurent), Marina Prudenskaya (Gertrude).
Picture series with photos of „Romeo et Juliette“:
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.