„Tessa Blomstedt gibt nicht auf“ an der Volksbühne Berlin

Tessa Blomstedt - Ihm Hermann - Volksbühne Berlin @ Holger Jacobs/ kultur24berlin

„Tessa Blomstedt gibt nicht auf“ an der Volksbühne Berlin

 

Von Holger Jacobs (Text und Fotos)

19.10.2014

Die Thester- und Filmschauspielerin Irm Hermann, die hier in „Tessa Blomstedt“ die Hauptrolle spielt, verstarb am 26. Mai 2020 im Alter von 77 Jahren. Irm Hermann wurde in den 70er Jahren durch Rainer Werner Fassbinder in München entdeckt, später ging sie nach Berlin und arbeitete mit Regisseuren wie Werner Herzog, Geissendörfer, Schlingensief, Percy Adlon und Vicco von Bülow (Loriot). Sie spielte ebenfalls auf vielen Bühnen, so am Schauspielhaus Zürich, dem Hamburger Schauspielhaus, Berliner Ensemble und an der Volksbühne Berlin. Hier war ihr bevorzugter Regisseur Christoph Marthaler, der sie häufig in skurrilen Rollen besetzte, so wie in „Tessa Blomstedt“. Im Jahre 2000 wurde sie auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären geehrt. Bis zuletzt war sie aktiv. (Anm. d. Red. am 28.05.2020).

Der Titel „Tessa gibt nicht auf“ versucht uns schon mit dem Untertitel „Ein Testsiegerportal“ annähernd den Inhalt zu vermitteln:
Fünf Frauen (u.a. Irm Hermann) und ein Mann versuchen im Zeitalter der digitalen Dating-Portale sich so gut wie möglich zu verkaufen (die fünf spielen dabei eine einzige Person in verschiedenen Lebensabschnitten).

Und dies wird vor allem mit den Mitteln der Musik erreicht:
Von barocken Gesängen bis zum Schlager der heutigen Zeit – alles ist erlaubt, um dem anderen Geschlecht zu gefallen. Dabei soll wohl an die Castingshows à la DSDS „Deutschland sucht den Superstar“ und „The Voice of Germany“ erinnert werden.
Einschließlich eines Jurors in rotem Jackett (Ulrich Voß), der ab und zu Kommentare wie Dinter Bohlen von sich gibt.

Doch was hat das mit dem Suchen eines geeigneten Partners zu tun?
Dass das Balzverhalten beider Geschlechter immer schon etwas Groteskes hatte, ist nicht neu und das ändert sich auch nicht mit dem Einsatz der neuen Medien. Nur, die Botschaft will nicht so Recht rüberkommen.
Ist der Kampf um den Siegerpokal im Sängerwettbewerb nun lächerlich oder einfach nur die normale Geltungssucht des Menschen?
Autor und Regisseur Christoph Marthaler läßt viele Fragen offen.

Ein Musikstück nach dem anderen wird aneinandergereiht, ein Zitat folgt dem nächsten (von Shakespeare bis André Michou).
Manches kann man auf das Thema beziehen, vieles aber auch nicht.
Die Schauspieler, allen voran die großartige Irm Hermann, versuchen mit viel Engagement die Ideen des Autoren umzusetzen und der Geschichte eine Handlung zu geben.

Besonders der dauerhafte Einsatz von fast 30 Musikstücken, von Johann Sebastian Bach über Dieter Bohlen bis Helene Fischer, erinnert mehr an ein Musical als an ein Theaterstück.
Am Schluss geht die vermeintliche Siegerin mit Blumenstrauß bewaffnet durch die Zuschauerreihen um den Jubel in Empfang zu nehmen.
Ein letzter Song wird intoniert…

„Tessa Blomstedt gibt nicht auf“
Volksbühne Berlin
Premiere am 14.10.2014
Regie: Christoph Marthaler
Mit: Tora Augestad (Kekke), Altea Garrido (Frauke), Olivia Grigolli (Heike), Lilith Stangenberg (Silke), N. N. (Tessa Blomstedt), Irm Hermann (N.N.), Clemens Sienknecht (Helfried), Ulrich Voß (Ein Retrovirus), Martin Zeller (Young Vallotti), Clara Andrees (Ein junges Paar), Luise Andrees (Ein junges Paar) und die Stimme von Josef Ostendorf (Cantus Firmus)

 

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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