The GREEN ACTORS LOUNGE in Berlin
Von Holger Jacobs
10.05.2022
Erfolgreiche zweite Auflage der GREEN ACTORS LOUNGE für Nachhaltigkeit, Fairness und soziale Gerechtigkeit in der Filmbranche
Wenn der engagierte Bürger an NACHHALTIGKEIT denkt, kommt ihm sicher zuerst der Klimaschutz und alle Formen neuartiger Energiegewinnung in den Sinn.
Dass diese Themen auch in ganz anderen Bereichen, wie z.B. in der Filmbranche, eine große Bedeutung haben können, fällt einem nicht so schnell ein.
KERSTIN SCHILLY, Gründerin der Event-Agentur La Maison und Mit-Veranstalterin des Deutschen Schauspielpreises, hatte die Idee, mit einer Plattform diesen Fragen ein neues Forum zu geben.
So entstand mit Unterstützung von Partnern, wie Audi, L’Oréal und Tchibo, im letzten Jahr die GREEN ACTORS LOUNGE, in der diese Fragen diskutiert werden sollten.

v.l.n.r. Luise-Céline Gaffron, Kerstin Schilly, Luise Befort, Esther Roling, Green Actors Lounge, Photo: Eventpress
Ort der zweitägigen Veranstaltung war am vergangenen Donnerstag und Freitag wieder einmal das HAUS UNGARN an der Karl-Liebknecht-Strasse, welches sich mit 1000 qm Ausstellungsfläche samt einem Kinosaal mit Bühne, sowie weitläufigen Aufenthaltsräumen einschließlich einer Outdoor-Terrasse, als idealen Meeting-Point herausstellte.
Die Vorgabe war, mit verschiedenen PODIUMSGESPRÄCHEN zahlreiche wichtige Themen zu besprechen und gleichzeitig viele Persönlichkeiten der Film- und Fernsehbranche in einem zwanglosen Get-Together zusammenzubringen.
An jedem Morgen gab es zusätzlich YOGA-Kurse zur Entspannung und Einstimmung in den Tag.
12 Panels waren angesetzt mit so unterschiedliche Themen wie „Mentale Gesundheit für Schauspieler*innen“, „Genderneutralität“, „Soziale Verantwortung in den Medien“, „Gleichstellung in der Filmbranche“, „Diversität“, aber auch „ZwölfvorZwölf – zwischen Politik und TV-Branche“ zur Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine oder „Fair Fashion versus Fast Fashion“.
Die Panels waren kostenlos und wurden zusätzlich per Livestream übertragen.
Ich selbst hatte mich für Panel 7, „INTIMITÄT VOR DER KAMERA“ und Panel 8 „NACHHALTIGE SCHAUSPIELVERTRÄGE“ entschieden.
PANEL 7 hatte natürlich besondere Brisanz, da durch die #METOO Debatte, eingeleitet durch den Harry Weinstein-Skandal im Jahre 2017, sich immer mehr meist junge Frauen gemeldet hatten, die sich von Männern in Führungspositionen der Filmbranche bedrängt fühlten.
HARRY WEINSTEIN, einer der größten Filmproduzenten der letzten 30 Jahre („Pulp Fiction“), sitzt mittlerweile eine 23-jährige Haftstrafe wegen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung ab.
Ganz so dramatisch ging es in PANEL 7 dann aber nicht zu.
Doch Referentin Julia Effertz berichtete, dass es seit einiger Zeit üblich ist, vor Drehbeginn eines Films einen sogenannten „INTIMACY COORDINATOR“, oder zu deutsch „Intimitätskoordinator“ zu engagieren, um alle Fragen rund um Intim-Szenen vorher mit den Schauspielern und auch dem Regisseur zu besprechen.
Dabei geht es um Kameraeinstellungen, welche Kleidungsstücke oder auch nicht, welche Form von Berührungen, Küssen et.c.
Wichtig dabei ist zu klären, warum eine Liebesszene so oder so gezeigt werden soll, was der Regisseur damit ausdrücken möchte und welche Reaktionen beim Publikum erreicht werden sollen.
Regisseur Felix Fuchssteiner erzählte, dass er zwar auf einer der renommiertesten Filmhochschulen der Welt studierte, der Hochschule für Film und Fernsehen in München, dort aber nie gelernt hat, wie man eigentlich Liebesszenen dreht.
Das überließ man jedem Filmschüler selber.
Und Schauspielerin Sofie Eifertinger berichtete, dass sie am Anfang ihrer Karriere grundsätzlich keine Intimszenen annahm.
Auch PANEL 8 war überaus interessant. Hier ging es um Schauspielverträge.
Der Vorsitzende des BUNDESVERBAND SCHAUSPIEL (BFFS), Heinrich Schafmeister, erzählte, wie er es über die vielen Jahre seines Engagements geschafft hatte, einheitliche Verträge für die Branche durchzusetzen, die mittlerweile von allen Seiten akzeptiert werden.
Des weiteren hat er die DESKA gegründet, die Deutsche Schauspielkasse, die sich darum kümmert, dass auch bei Zweitverwertungen von Filmen die Schauspieler eine gerechte Vergütung bekommen.
Weiter ging es um sozialen Schutz, genauer um Sozialversicherungen, Betriebliche Altersversorgung und natürlich die Künstlersozialkasse.
Aber es gibt mittlerweile seitens der Schauspieler auch andere Dinge, die verlangt werden.
Schauspielerin LUISE BEFORT erzählte, dass sie sich per Vertag zusichern lässt, dass sie nur VEGANES ESSEN am Set bekommt, dass das Make-Up nicht aus tierischen Produkten besteht und kein Plastik enthält.
Und auch auf Klimaschutz wird geachtet.
Der CO2-ABDRUCK soll bei einer Produktion so gering wie möglich gehalten werden. Bei der hohen Energie, die die großen Scheinwerfer benötigen, kein leichtes Unterfangen.
Außerdem wird darauf geachtet, dass die Schauspieler nicht mehr alle einzeln, sondern gemeinschaftlich in Bussen zum Drehort gebracht werden und bei Fernreisen darf erst ein Flugzeug benutzt werden, wenn der Drehort weiter als 5 Stunden Bahnfahrt entfernt liegt.
Am Abend gab es dann ein herzliches Miteinander-Feiern und eine Preisverleihung: Es wurden fünf Stipendien vergeben für eine 5-wöchige Ausbildung zum „GREEN CONSULTANT“, welcher bei Dreharbeiten für grüne Standards (GREEN MOTION) sorgen soll.
Fazit: Hinter den Kulissen der Filmbranche tut sich einiges.
Das 21. Jahrhundert hat für die „Motion Pictures“ neue Herausforderungen gebracht, welche es zu bewältigen gilt.
Ob die Filme dadurch besser werden, ist nicht garantiert.
Aber sicher umweltschonender und gerechter für die Schauspieler*innen.
Bilderserie mit 16 Fotos von bekannten Persönlichkeiten der Filmbranche, die die Green Actors Lounge bereicherten:
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.