Hamburg Kultur September 2016
Von Julia Engelbrecht-Schnür
03.09.2016
Die neue Theatersaison an der Alster verspricht kontroverses Bühnengeschehen voller Zeitgeist und Brisanz.
THALIA THEATER HAMBURG
Die Meinungen über Elfride Jelinek gehen bekanntermaßen weit auseinander. Dennoch wird ihr jüngstes Stück „Wut“ am Thalia Theater mit Spannung erwartet., schließlich spürt die erfolgreiche Theatermacherin einem hochaktuellen und sensiblen Thema nach. Es geht um die wutschwangeren Stimmungen aufgrund der islamistischen Anschläge von Paris. Es geht um die Aggressionen und den Hass auf beiden Seiten: Wutbürger und rechte Demagogen messen sich mit radikalen Moslems in ihrer realitätsfernen Wüterei. Doch damit nicht genug. Ergänzt wird das Bühnengeschehen durch das Stück „Rage“ des englischen Dramatikers Simon Stephens, der in Form szenischer Fragmente von einer enthemmten Silvesternach in Manchester, nicht Köln, erzählt.
„Wut/Rage“, Thalia Theater, Premiere 16. September. 20 Uhr. Außerdem am 17., 24. 25. September.
Außerdem setzt Regisseur Luk Perceval mit „Geld“ die „Trilogie meiner Familie“ aus den Romanen des großen französischen Naturalisten Émile Zola fort. Wieder geht es um Sucht; nicht die nach Alkohol oder Liebe, sondern die Gier nach Sicherheit und Geld. In einem Pariser Varietétheater spiegelt sich das Verlangen einer dem Kapitalismus hörigen Gesellschaft. Zentrale Figur ist der Spekulant Saccard, der im ausgehenden 19. Jahrhundert auf gespenstische Weise die Machenschaften der Finanzwelt von Wall Street und Co vorauslebt.
„Geld“, nach Emil Zola, Thalia Theater, Premiere 1. Oktober, 20 Uhr. Außerdem am 2,.6,.28. Oktober.
SCHAUSPIELHAUS HAMBURG
Um gesellschaftliche Brüche geht es auch am Deutschen Schauspielhaus, wo Intendantin Karin Beier die Spielsaison mit „Hysteria“ nach Motiven von Luis Bunuel eröffnet. Eine Familie kehrt aus Asien zurück in eine deutsche Heimat, die sich befremdlich darstellt. Die Angst vor Terror, Abstieg und Versagen hat eine Gesellschaft im Griff, die sich nach Sicherheit und Ruhe sehnt.
Hysteria, Deutsches Schauspielhaus, Premiere 17. 9.2016 20 Uhr. Außerdem am 21. 9. Sowie 1., 9. Und 23. Oktober.
Im Repertoire bleib die erfolgreiche Inszenierung „Unterwerfung“ nach dem Roman von Michel Houellebecq mit Edgar Selge.
- September sowie 5.,11.,12. Oktober
In Holland 2014 spielt die moderne Familientragödie „Lügen“ von Ad de Bont, die im Jungen Schauspielhaus auf die Bühne kommt. Das politische Aufklärungsstück handelt vom Völkermord in Ruanda und der Rolle, die der geliebte Vater von Pio dort gespielt hat. Eine emotionale Zerrreisprobe für das Einwanderungskind beginnt. Man kann gespannt sein, ob Regisseur Klaus Schumacher den schmalen Grad meistert, den moralische Generationsstücke wie diese samt Fallstricke mit sich bringen.
Junges Schauspielhaus, Premiere 16. September. Außerdem am 19. Und 20. September.
KAMPNAGEL
In mehr als 30 Ländern war die Kompanie bereits zu Gast mit „Shadowland“, dem verzaubernden Schattentheater. Wer die fantasievolle Schattenkunst im Berliner Admiralspalast verpasst hat, kann den Besuch der genialen Show nun auf Kampnagel nachholen.
Shadowland II, Kampnagel K 6, 6. bis 18. September, 20 Uhr, Mo und Sa auch 15 Uhr
MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE
Um die Versportlichung der Mode geht es im Museum für Kunst und Gewerbe gegenüber dem Hauptbahnhof. Unter dem Titel „Sports/No Sports“ scheint das MKG an die noch laufende Ausstellung „Sneaker“ anzuknüpfen, die sich gekonnt mit der Kulturgeschichte des Turnschuhs befasst. In der neuen Schau geht es nun um den Wandel der Bekleidung durch den Sport. Der vitale Sportkörper dominiert die Modewelt. Das Body-Shaping besorgt heute nicht mehr das Korsett, sondern das workout – und Fidel Castro empfing den Papst im Trainingsanzug.
Sports/No Sports, Museum für Kunst und Gewerbe bis 26. Februar 2017 Di bis So 10 bis 18 Uhr, Do bis 21 Uhr.
DEICHTORHALLEN
Inspirierend ist der Besuch der Ausstellung „Visual Leader“ in den Deichtorhallen, die sich mit dem Besten aus Zeitschriften, Zeitungen und Internet befasst. Gezeigt werden im Haus der Fotografie der Deichtorhallen Fotoserien, Magazinstrecken, Zeitungsbeiträge, Werbekampagnen und Websites, insgesamt 280 verschiedenen Arbeiten der deutschen Kreativ-und Medienszene, alle Preisträger der Lead Awards.
Visual Leader 2016, Deichtorhallen, bis 30. Oktober, Di bis So 11 bis 18 Uhr, Do bis 21 Uhr.
STAATSOPER HAMBURG
Die Staatsoper eröffnet die Saison mit Jette Steckels Inszenierung der „Zauberflöte“. Mozarts Meisterwerk wurde mit den jungen Sängerinnen und Sängern der Opernklasse der Theaterakademie und den Hamburger Symphonikern erarbeitet. Die Hamburger fiebern der Premiere entgegen, schließlich ist die Zauberflöte ein Dauerbrenner an der Alster.
„Die Zauberflöte“, Staatsoper Hamburg, Premiere 23. September 2016 18.30 Uhr, außerdem am 25., 27. Und 29. September.
Author: Julia Engelbrecht-Schnür
Journalistin