Inside Staatsballett Berlin – The new member Inara Wheeler
Von Inara Wheeler
11.11.2024
Von den weiten Ebenen Colorados auf die Bühne der Deutschen Oper Berlin
(Die Tänzerin INARA WHEELER ist seit dieser Saison 2024/25 neues Mitglied der Kompanie des Staatsballetts Berlin. Geboren 2002 in Colorado, kam sie über Toronto und Zürich nach Berlin. Hier erzählt sie in ihren eigenen Worten ihren langen Weg aus der tiefsten Provinz der USA in eines der Ballett-Metropolen Europas, Anm. d. Red.)
Der Beginn
Ich begann meine Ausbildung in Broomfield, Colorado, USA, wo mich meine Ballettlehrerin dabei unterstützte, für eine professionelle Ballettschule vorzutanzen.
Das führte dazu, dass ich im Alter von 13 Jahren von zu Hause wegzog, um an der National Ballet School of Canada in Toronto zu studieren.
Ich verbrachte meine Highschool-Jahre dort und trainierte bei Weltklasse-Trainern und -Tänzern. Es war eine intensive und oft schwierige Erfahrung, in so jungen Jahren so weit weg von zu Hause zu sein, aber ich bin so dankbar, dass ich diesen Weg gewählt habe.
Das strenge Training war hart, aber es war absolut die richtige Entscheidung.
Rückschritte
Nach meinem Abschluss an der National Ballet School in Toronto sah ich mich mit mehreren Schwierigkeiten konfrontiert – kanadische Gesetze, Visa-Probleme und die Corona-Pandemie zwangen mich, nach Colorado zurückzukehren, wo ich in meinem Kindheitsstudio erst einmal weiter trainierte.
Doch im Jahre 2021 konnte ich nach Kanada zurückkehren und hatte die Ehre vom National Ballet of Canada aufgenommen zu werden.
Europa
Schon ein Jahr später richtete ich meinen Blick nach Europa und sprach beim Ballett Zürich vor.
Dort wurde ich ab 2022 Mitglied des Junior Ballet.
Im Jahre 2024 bekam ich dann die Gelegenheit beim Staatsballett Berlin vorzutanzen – und wurde genommen.
Es fühlte sich an wie ein Lottogewinn, Mitglied zu werden in einer der größten Ballett-Kompanien Europas.
CHRISTIAN SPUCK, unser Direktor, hat ein unglaubliches Auge und Gespür dafür, was aufgeführt und der Öffentlichkeit präsentiert werden muss.
Das vielfältige Repertoire, das ich in den drei Monaten hier bereits kennengelernt habe, hat meine Neugier und meine Ambitionen mehr befriedigt, als ich es mir hätte vorstellen können.
Ankommen in Berlin
Der Übergang nach Berlin war nicht einfach, aber es war die beste Art von Herausforderung.
Der Umzug in eine neue Stadt und Kultur verläuft nie reibungslos, und ich glaube, dass die Unebenheiten auf dem Weg entscheidend sind, um eine neue Umgebung wirklich zu verstehen.
Logistisch war es stressig, aber was die Integration in die Kompanie angeht, war es großartig. Teil des Staatsballetts Berlin zu sein, ist ein wahres Geschenk.
Ich fühle mich ständig herausgefordert und ermutigt, neue Bereiche, Stile und Ideen zu erkunden.
CHRISTIAN SPUCK, unser künstlerischer Leiter, hat ein außergewöhnliches Auge für das, was dem Publikum gezeigt werden muss.
Das Repertoire, das wir in meinen drei Monaten hier bereits erkundet haben, hat meine künstlerischen Erwartungen völlig übertroffen.
Einstudieren der Neuproduktion „Minus 16“ von Ohad Naharin
Eines dieser außergewöhnlichen Stücke ist „Minus 16“.
Dieses vom israelischen Choreographen OHAD NAHARIN (Batsheva Dance Company, Tel Aviv) geschaffene Werk ist absolut einzigartig.
Es verkörpert sowohl dynamische Kraft, wie auch Zartheit und Schönheit.
Die Zusammenarbeit zum Einstudieren von „Minus 16“ mit MATAN DAVID und IAN ROBINSON, beide ehemalige Batsheva-Tänzer, war inspirierend und lohnend.
Dabei arbeiteten wir ohne Spiegel (wird in der Regel von allen Tänzer*innen benutzt, um sich immer selbst korrigieren zu können, Anm. d. Red.).
Dadurch lernen wir die Freiheit des Tanzes in unseren Körpern ohne die Wahrnehmung unseres Aussehens zu erkunden.
Während des gesamten Probenprozesses mussten wir Gaga-Kurse besuchen, eine einzigartige Tanzform, die OHAD NAHARIN bereits vor vielen Jahren entwickelt hat. Es beinhaltet sowohl freie, improvisierte Bewegungen, wie auch klare Strukturen.
Ein Gaga-Kurs dauert eine Stunde und 15 Minuten und besteht aus ununterbrochener Bewegung und Präsenz.
Während des Kurses erforschen und erkunden wir verschiedene Ansätze und Empfindungen der Bewegung und gehen an unsere körperlichen Grenzen. Diese Kurse waren notwendig, um uns auf die Choreographie „Minus 16“ vorzubereiten. Es ermöglichte uns, aus gewohnten Bewegungs- und Denkmustern auszubrechen.
Die Premiere von „Minus 16“ (kultur24 berichtete)
Beim Tanzen von „Minus 16“ gibt es keinen Moment, in dem der Tänzer abschalten kann.
Du musst ständig präsent sein.
Es gibt Momente, in denen die Choreographie festgelegt ist, und es gibt Momente, in denen wir auf der Bühne improvisieren.
Beim Tanzen in dem Stück geht es, zumindest für mich, nicht darum, wie man die Bewegung auf visueller Ebene erzeugt.
Stattdessen erkundet man die Bewegung durch Empfindung.
Mitwirkung der Zuschauer
Ein ganz besonderer Aspekt von „Minus 16“ ist, dass wir jeder Tänzer und jede Tänzerin eine Person aus dem Publikum auf die Bühne bittet, um gemeinsam mit uns die Bewegungen zu erkunden.
Es ist eine schöne und freudige Erfahrung, diese kreative Reise mit jemandem aus dem Publikum zu teilen.
Abend für Abend wählen wir nach dem Zufallsprinzip ein Mitglied des Publikums aus und jedes Mal ist es völlig anders – völlig ungeplant und spontan.
Dieses Überraschungselement hält das Stück frisch und es ist magisch, die Freude im Gesicht unserer ungewohnten Tanzpartner zu sehen, wenn sie dieses Erlebnis mit uns teilen.
Jeden Tag bin ich hier in Berlin von Künstlern umgeben, die mich inspirieren, die mich herausfordern und die mich dabei unterstützen, als Tänzerin die beste Version meiner selbst zu werden.
English text
Inside Staatsballett Berlin – The new company member Inara Wheeler
By Inara Wheeler
11/11/2024
From the vast plains of Colorado to the stage of the Deutsche Oper Berlin
(The dancer INARA WHEELER is a new member of the Berlin State Ballet company since this 2024/25 season. Born 2002 in Colorado, she came to Berlin via Toronto and Zürich. Here she tells in her own words her long journey from the deepest province of the USA to one of Europe’s ballet metropolises, editor’s note.)
The Beginning
I began my training in Broomfield, Colorado, USA, where my ballet teacher helped me audition for a professional ballet school.
This led to me leaving home at the age of 13 to study at the National Ballet School of Canada in Toronto.
I spent my high school years there, training with world-class coaches and dancers. It was an intense and often difficult experience to be so far away from home at such a young age, but I am so grateful that I chose this path.
The rigorous training was hard, but it was absolutely the right decision.
Setbacks
After graduating from the National Ballet School in Toronto, I faced several difficulties – Canadian laws, visa issues, and the Corona pandemic forced me to return to Colorado, where I continued training at my childhood studio.
In 2021, I was able to return to Canada and had the honor of being accepted by the National Ballet of Canada.
Europe
Just one year later, I turned my attention to Europe and auditioned for the Zurich Ballet.
There I became a member of the Junior Ballet.
In 2024, I was given the opportunity to audition for the Staatsballett Berlin – and was accepted!
It felt like winning the lottery to become a member of one of the largest ballet companies in Europe.
CHRISTIAN SPUCK, our director, has an incredible eye and feeling for what needs to be performed and presented to the public.
The diverse repertoire that I have already gotten to know in the three months here has satisfied my curiosity and ambitions more than I could have imagined.
Arriving in Berlin
The transition to Berlin was not easy, but it was the best kind of challenge.
Moving to a new city and culture is never smooth, and I believe the bumps along the way are crucial to truly understanding a new environment.
Logistically, it was stressful, but in terms of integrating into the company, it was great. Being part of the Staatsballett Berlin is a true gift.
I feel constantly challenged and encouraged to explore new areas, styles and ideas.
CHRISTIAN SPUCK, our artistic director, has an exceptional eye for what needs to be shown to the audience.
The repertoire we have already explored in my three months here has completely exceeded my artistic expectations.
Rehearsing Minus 16 by Ohad Naharin
One of these extraordinary pieces is „Minus 16“.
This work, created by Israeli choreographer OHAD NAHARIN (Batsheva Dance Company, Tel Aviv), is truly unique.
It embodies dynamic power as well as delicacy and beauty.
Working with MATAN DAVID and IAN RONBINSON, both former Batsheva dancers, was inspiring and rewarding.
We worked without a mirror (usually used by all dancers to be able to correct themselves at any time, editor’s note).
This allows us to explore the freedom of dance in our bodies without the perception of our appearance.
Throughout the rehearsal process we had to attend Gaga classes, a unique dance form that OHAD NAHARIN developed many years ago. It includes both free, improvised movements and clear structures.
A Gaga class lasts one hour and 15 minutes and consists of uninterrupted movement and presence.
During the class we explore different approaches and sensations of movement and push our physical limits. These courses were necessary to prepare us for the choreography “Minus 16”. It enabled us to break out of our usual movement and thought patterns.
The Premiere „Minus 16“ (kultur24 reported)
When dancing „Minus 16“, there is no moment when the dancer can switch off.
You have to be constantly present.
There are moments when the choreography is set and there are moments when we improvise on stage.
Dancing in the piece, at least for me, is not about how to create the movement on a visual level.
Instead, you explore the movement through sensation.
Audience participation
A very special aspect of „Minus 16“ is that every dancer invites a member of the audience on stage to explore movement with us.
It is a beautiful and joyful experience to share this creative journey with someone from the audience.
Each night we randomly select a member of the audience and each time it is completely different – totally unplanned and spontaneous.
This element of surprise keeps the piece fresh and it is magical to see the joy on the faces of our unfamiliar dance partners as they share this experience with us.
Every day I am surrounded here in Berlin by artists who inspire me, who challenge me, and who support me in becoming the best version of myself as a dancer.
Author: Inara Wheeler
Inara Wheeler is born 2002 in Colorado, USA, and is since 2024 member of the Staatsballett Berlin