Jacques Herzog – Gute Architektur ist wie ein schöner Tag
Ein Abend in der Akademie der Künste Berlin
Von Holger Jacobs
16.12.2015
Liebe Kulturfreunde,
die Architektur gehört zu jenen Kunstgattungen (wenn man sie als solche bezeichnen möchte), die weniger im Focus der Öffentlichkeit stehen als die Malerei, Fotografie oder Video. Trotzdem haben wir jeden Tag mit ihr zu tun. Denn wir leben mit ihr und wir sehen sie überall. Doch fällt sie uns nicht mehr auf. Nur in wenigen Fällen werden wir aufmerksam und schauen bewundernd auf das was vor uns steht. Dabei können Gebäude können sogar Wahrzeichen einer Stadt werden, wie der Eiffelturm in Paris von Gustave Eiffel, das Guggenheim Museum in Bilbao von Frank O. Gehry, das Guggenheim Museum in New York von Frank Lloyd Wright oder der Reichstag in Berlin, den Sir Norman Foster komplett renovierte und die heutige Kuppel hinzufügte.
Zu diesen vier Großen der jüngeren Architekturgeschichte gehören zweifellos auch das schweizer Architekten -Team Jacques Herzog und Pierre de Meuron.
Beide Jahrgang 1950 absolvierten sie die technische Universität ETH in Zürich und machten im selben Jahr den Abschluss. Drei Jahre später gründeten sie ihr gemeinsames Architektenbüro im Basel. Ihr Aufstieg begann langsam aber stetig. Der große Durchbruch kam Ende der 90er Jahre, als sie den Auftrag für den Umbau einer alten Bankside Powerstation in London zu einem Museum für zeitgenössische Kunst bekamen, der heutigen Tate Modern. 2001 erhielten sie dafür den Pritzker-Preis, die höchste Auszeichnung in der Architektur.
Weitere herausragende Gebäude folgten: Die Allianz-Arena in München (2005), das National Stadium (“Vogelnest”) in Peking zur Olympiade 2008 und zuletzt die Elbphilharmonie in Hamburg, Fertigstellung 2016. – Zur Polemik über die explodierenden Kosten für das letztgenannte Gebäude wäre zu sagen, dass es sich hier nicht um eine fehlerhafte Planung der Architekten handelt, sondern um eine schlechte Finanz-Planung seitens der Auftraggeber -.
Die Akademie der Künste in Berlin lud Jacques Herzog vergangene Woche zu einem Podiumsgespräch in ihr Haus am Pariser Platz ein. Thema waren “Skills”, Fertigkeiten oder auch Fähigkeiten, die man besonders als Künstler haben muss, um sein Handwerk ausführen zu können. Folgende Fragen stellen sich: Bringt eine veränderte künstlerische Praxis auch veränderte Skills mit? Gibt es künstlerische Fähigkeiten, die mit der Zeit abhanden gekommen sind und gibt es welche, die sich neu entwickelt haben?
Befragt wurde Jacques Herzog von dem Kunsthistoriker Friedrich Teja Bach. Es stellte sich heraus, dass die Architekten Herzog de Meuron besonderen Wert auf Material und Struktur legen. So waren sie die ersten, die ein ganzes Haus aus bedrucktem Glas bauten (Bibliothek Cottbus). Oder weiche Materialien wie Stoff einsetzten. Als Vorbild können auch Ornamente aus dem Orient dienen, deren Herstellung herausragende handwerkliche Fähigkeiten voraussetzt. Dabei ist der Jacques Herzog ein großer Bewunderer der islamischen Baukunst. Als Beispiel nannte er die Mezquita Cathedrale (ursprünglich eine Moschee) in Cordoba. Zur Digitalisierung in der Architektur sagte Herzog, das er animierte Bilder per Rendering zwar sehr praktisch fände, in der Planungsphase aber die klassische Architekturskizze unverzichtbar bleibt. Die Idee einer Architektur mit einen Stift auf Papier zu bringen hilft sehr, sich den späteren Bau in seinen Räumen und Gängen vorstellen zu können. Ähnliches gilt auch für das Model. Wobei das beste Model natürlich der eigentliche Bau selbst wäre. Erst in der Fertigstellung sieht man die Qualität der Planung.
Sein Satz “Gute Architektur ist wie ein schöner Tag” bleibt am Ende nicht nur eine Aussage sondern wird zum Statement.
Siehe dazu auch unsere Videos vom Abend:
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
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Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.