John Malkovich – Just call me God

John Malkovich - Just call me God © Jann Wilken

John Malkovich – Just call me God

 

Von Julia Engelbrecht-Schnür

7.4.2017

 

Elbphilharmonie Hamburg – Residenztheater München

„JUST CALL ME GOD“

Elbphilharmonie, Hamburg 8. März 2017

Es wäre nicht John Malkovich, gäbe es nicht gleich zu Beginn ein schockierendes Bühnenszenario. Bilder an die nächtliche und medial inszenierte Ergreifung Osama bin Ladins werden wach, als mehrere Scharfschützen in Tarnanzügen die Bühne der Elbphilharmonie stürmen, ihre Gewehre vor sich herschwenken und Befehle in ihre Mikos rufen. Das Geschehen wird auf Leinwände übertragen.

Schwarze Banner hängen von den Zuschauerrängen. Der Konzertsaal, das wird schnell klar, fungiert an diesem Abend als Palast des Diktators der fiktiven Republik Cirscassia, der sich das Emblem der Uno, den Ährenkranz, zunutze macht. Doch die US-Tötungsmission misslingt, weil der Tyrann als Putzfrau verkleidet erscheint und fast alle Soldaten hinterrücks erschießt, bevor er sein wahres Gewand zeigt, eine schrullige Uniform.

Hollywood-Star Malkovich, der österreichische Regisseur Michael Sturminger und Organist Martin Haselbrück haben mit „Just call me God“ eine Auftragsarbeit der Elbphilharmonie geschaffen, die nach ihrer Uraufführung am Kaiserkai durch Wien, Amsterdam, Groningen, Birmingham, London, Budapest und Moskau(!) und schließlich München tourt. Was wird wohl Putin dazu sagen?

5 Bilder: „Just Call me God“, John Malkovich, Foto: Jann Wilken

Schließlich dreht sich das Geschehen um einen selbstverliebten, realitätsfernen, von Zynismus und Menschenhass getriebenen Machtmenschen, der am Ende seiner „letzten Ansprache“ erschossen am Boden liegt, nachdem er 90 Minuten lang eine amerikanische TV-Journalistin (Sophie von Kessel) erniedrigt, gedemütigt, bedroht – und auch hofiert hat. Die Anspielungspalette ist enorm, und das österreichisch-amerikanische Künstler-Trio, das bereits für die Produktionen „The Infernal Comedy“ (2009) und „Giacomo Variations“ (2011) viel Lob bekam, kostet die Bandbreite der politischen Hinweise ungeniert aus.

Nur leider kommt der Musikgenuss zu kurz, und die grandiose Akustik des Musikhauses dient einem zuweilen zweifelhaft martialischen Orgel-Sound. Zu hören, aber eben nicht zu genießen, sind Bachs d-moll Toccata, Wagners „Walkürenritt“, Stücke von Charles Widor, Cesar Franck und Franz Schubert.

Während der Diktator von seinem ersten Blowjob erzählt, den er zu den Klängen von Bachs Ave Maria erhielt, kommt dem Zuschauer in den Sinn, dass die blanke Aneinanderreihung vom Bosheit, Hass und Machtgier auf Dauer öde ist – mögen die Formulierungen all dessen auch noch so gelungen sein.

Nächste Vorstellungen in München im Residenztheater am 8. und 9. April 2017

3 Bilder: Elbphilharmonie am 8.3.2017, „Just Call me God“, John Malkovich, Felix Dennhardt, Sophie von Kessel, Martin Haselbock, Errol T, Harewood, Josef Rabitsch, Valentin Ledebur, Foto: Claudia Höhne

 

 

 

Author: Julia Engelbrecht-Schnür

Journalistin

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