Tanz im August 2014

Tanz im August 2014

 

Text: Holger Jacobs

Fotos: Denis Faley, Hugo Glendinning, Hakan Larson, Urban Jören

15.8.14. Heute beginnt für 2 Wochen das Internationale Tanzfestival „Tanz im August“ , welches nun schon zum 26. Mal in der Hauptstadt durchgeführt wird. 1988, noch zur Mauerzeit, wollte die isolierte Stadt Berlin internationale Tanzkompanien nach Berlin holen, um den Berlinern die Möglichkeit zu geben, die Verschiedenartigkeit des zeitgenössischen Tanzes rund um den Globus kennenzulernen. Dieses Jahr sind 21 Kompanien eingeladen, von Südamerika über Europa bis Japan.

Vier der Kompanien sollen hier kurz  in Wort, Bild und Video vorgestellt werden.

Michael Clark am 19. und 20.8.2014 jeweils um 20.00 Uhr im Haus der Berliner Festspiele (Schaperstr. 24) mit seinem Stück „animal, vegetable, mineral“.

Mit seiner neuesten Arbeit, in der Michael Clark sich gereift auf seine Ballettherkunft besinnt, kehrt die britische Tanz-Ikone zurück nach Berlin – selbstverständlich mit Glamour und Punk. Das neoklassische Bewegungsvokabular verbindet Clark auf kongeniale Weise mit der rohen Energie der Musik von den Sex Pistols, Scritti Politti, Jarvis Cockers Relaxed Muscle und anderen. Wie in der Architektur zeichnen die sechs Tänzer und das Lichtdesign des Videokünstlers Charles Atlas Linien und Muster in den leeren Raum, dabei entstehen Bilder von meditativer Schönheit.

Michael Clark hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass für ihn Leben und Kunst eine Einheit bilden. Immer wieder spiegeln sich Details seiner schillernden Biographie in seinen provokanten Arbeiten. In Schottland geboren, begann Clark als Eleve an der Royal Ballet School in London, tanzte beim renommierten Ballet Rambert, ließ sich von Merce Cunningham, John Cage und Karole Armitage inspirieren, um dann als immer auch umstrittener Ausnahme-Tänzer und -Choreograph sowohl gegen die Verkrustungen der Ballettwelt als auch gegen die Zumutungen der Politik und der Heuchelei zu rebellieren. 1984 gründet er seine eigene Kompanie und tourte mit oft schrillen Produktionen vielfach um die Welt. Bis heute arbeitet er eng mit Modemachern, Künstlern und Musikern der Avantgarde zusammen. Seit 2005 ist die Michael Clark Company Artistic Associate am Londoner Barbican Centre beheimatet.

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Cristina Caprioli am 16. Und 17. 8.2014 jeweils um 16.00 Uhr in den Sophiensälen (Sophienstr. 18) mit ihrem Stück „att – att“.

Die Choreografin Cristina Caprioli wuchs in Italien auf, wurde in Schweden und den USA ausgebildet und lebt und arbeitet in Stockholm. In über zwei Jahrzehnten der unentwegten Innovation in ihren Arbeiten hat sich Caprioli einen Ruf als eine der führenden Choreografinnen Schwedens erarbeitet. Ihre Arbeiten zeichnen sich nicht nur durch ihre Klarheit, Stringenz und Präzision aus, sondern auch durch eine besondere Komplexität und starke Körperlichkeit. Über die Jahre entstanden über 30 Werke, mehrere Filme und Installationen, zwei Konferenzen/Festivals, ein Symposium, eine Ausstellung und Publikationen. Mit ihren Choreografien tourt Caprioli weit über die Grenzen Schwedens hinaus, ebenso wird sie regelmäßig als Dozentin an führenden Institutionen geladen.

Die Deutschlandpremiere ihrer neuesten Arbeit „att att“ erzählt von Gesten, die zu niemandem gehören. Es ist ein schnelles Stück, das einen hyper-klaren Gedanken verwischt. Fünf Tänzer geben sich der absoluten Genauigkeit der Nachahmung hin, was sie zu einem ‘Pack willenloser anthropomorpher Sprechmaschinen’ macht. att att zeigt das Ergebnis einer neuerlichen Beschreibung von Bewegungssequenzen auf der Grundlage eines poetischen Essays. Die Tänzer widerstehen der Versuchung, sich eine Interpretation zu eigen zu machen, und lösen sich von sich selbst und allem anderen in bedingungsloser Loyalität zum Gegebenen.

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Daniel Léveillé am 15. und 16. 8.2014 um 19.00 und 21.30 Uhr im Theater HAU 2 (Hallisches Ufer 32) mit seinem Stück „Solitudes Solo“.

Daniel Léveillé, einer der Pioniere und Vorreiter der Quebecer Tanzszene, arbeitet oft mit nahezu unmöglich zu realisierenden Choreographien für nackte Körper, die Tänzer und Publikum gleichermaßen herausfordern. In „Solitudes Solo“ untersucht er mit fünf Tänzern das Alleinsein und die Einsamkeit. Die von Bachs Musik begleiteten Soli sind brillante Studien des menschlichen Körpers in seiner verstörenden Schönheit und Zerbrechlichkeit, seinen physischen und geistigen Fähigkeiten. Auch wenn hier die Tänzer bekleidet sind, scheinen sie ausgezogen zu sein, und nur die wesentlichsten Gesten verbleiben, um die Schönheit und den Schmerz des Menschseins zu erfassen. Obwohl sich die Soli mit Begehren und Verlangen auseinandersetzen, bleibt wenig Raum für Verführung und Vergnügen. Dennoch wird das Publikum emotional berührt und spürt diese Wirkung auch körperlich.

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Cullberg Ballett von Jefta van Dinter  am 29. Und 30.8.2014 jeweils um 20.00 Uhr in der Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz mit „Plateau Effect“.

Der junge in Berlin und Stockholm ansässige Tänzer und Choreograf Jefta van Dinther konnte sich innerhalb kurzer Zeit mit seinem wilden und extrem physischen Stil in der Tanzwelt einen Namen machen.

Für das renommierteste Tanzensemble Schwedens, 1967 von Birgit Cullberg gegründet, von ihrem Sohn Mats Ek zu Weltruhm geführt und derzeit von Gabriel Smeets geleitet, entwickelt Jefta van Dinther in seiner ersten Zusammenarbeit mit der Kompanie eine Choreographie der Verstörung und Überforderung.

Neun hochenergetische Tänzerkörper lassen die Geschichte einer nahenden Katastrophe erahnen. Eine zentrale Rolle spielt ein riesiger Vorhang und ein mächtiges Segel. Jefta van Dinther thematisiert das Leben einer Gemeinschaft unter Druck – in einer poetisch-utopischen Landschaft. Alle sind ständig in Bewegung, bauen etwas auf, reißen es wieder ein, ziehen sich zusammen und lassen los. Sein Alptraumszenario wird angetrieben durch die pulsierende Musik David Kiers‘ und Minna Tiikkainens dramatische Lichtgestaltung. Auf dem höchsten Punkt der Spannung, dem Plateau, wirken die Menschen wie unter einem Vergrößerungsglas: vereinzelt und kaputt. Aber: Nichts ist wie es scheint.

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Das Tanzfestival Tanz im August findet an mehreren verschiedenen Orten statt, insbesondere im Haus der Berliner Festspielen, Volksbühne Berlin, Sophiensäle und Hebel am Ufer statt.

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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