Berlinale 2020 – Hillary, Schwesterlein, Persian Lessons
Von Dr. Friederike Danne
„Hillary“ von Nanette Burnstein
Diese 4-teilige Doku-Serie der amerikanischen Regisseurin Nanette Burstein ist aus meiner Sicht der bislang beste Beitrag der diesjährigen Berlinale, wenn auch nicht im Wettbewerb.
Natürlich ist es auch der Versuch einer Image-Aufbesserung – aber was für ein gelungener!
Abseits der aus der Regenbogenpresse bekannten Episode ihres Lebens als betrogene First Lady der USA (Lewinskygate) zeichnet der Film das Bild einer unabhängigen, intelligenten engagierten und sehr charismatischen Frau, einer echten Feministin im besten Sinne des Wortes und das seit den 70er Jahren, beginnend im mittleren Westen der USA.
Dass Hillary Clinton bei der Präsidenten wahl in den USA 2016 dem jetzigen Amtsinhaber Donald Trump unterlag bleibt nach Betrachtung dieses Portraits weiter unfassbar und unglaublich. Angereichert wird die Serie mit Interviews von der ganzen Familie, mit Hillary selbst, mit Bill Clinton und mit Tochter Chelsea, sowie mit Mitarbeitern, Journalisten und engen Freunden.
Ein Stück Politgeschichte der Vereinigten Staaten von Amerika.
Fazit: absolut sehenswert
Seht dazu auch unser Video auf kultur24 TV von der Pressekonferenz in Berlin mit Hillary, bei der sie über ihren fehlgeschlagen Wahlkampf 2016 spricht, sowie über das Urteil zu Harry Weinstein Affäre, über Julian Assange, sowie über Donald Trump:
„Schwesterlein“ von Véronique Reymind und Stéphane Chuat mit Nina Hoss, Lars Eidinger, Marthe Keller, Thomas Ostermeier
Der Wettbewerbs-Film der beiden Schweizer Regisseurinnen Stephanie Chuat und Veronique Raymond schildert das Leiden des leukämiekranken Schauspielers Sven (Lars Eidinger) und die Beziehung zu seiner Zwillingsschwester Lisa (Nina Hoss).
Sven lebt durch Schauspielen.
Lisa ist Autorin mit Schreibblockade, sie schreibt Stücke fürs Theater.
Beide arbeiteten an der Berliner Schaubühne, Lisa bis sie mit ihrer Familie in die Schweiz zog und Sven bis er zu krank wurde, um die Rolle seines Lebens als Hamlet an der Berliner Schaubühne weiter zu spielen (Schaubühnen-Intendant Thomas Ostermeier kommt hier in seiner eigenen Rolle vor).
Lisa liebt ihren Bruder und tut alles Menschen mögliche, um ihn gesund zu machen. Sie wünscht sich nichts mehr als das.
Nina Hoss zeigt uns ihr Mitleid bis zur Schmerzgrenze. Sven ist sterbenskrank, die Hoffnung noch einmal auf der Bühne zu stehen hält ihn am Leben.
Lars Eidinger zeigt uns diese Krankheit über die Schmerzgrenze hinaus.
Lisa schreibt ein Stück für Sven, Hänsel und Gretel, bis das Spiel ausgespielt ist.
Wenn man wie ich Krankheit und Tod aus dem Berufsalltag kennt, ist dieser Film treffend wie kaum ein anderer.
Die Kunst ist das Spiel, welches am Leben erhält.
Den beiden großartigen Protagonisten gebührt die allerhöchste Anerkennung und Achtung für Ihre Authentizität in diesem bemerkenswerten Film.
Zurzeit ist Lars Eidinger noch als „Richard III.“ von Shakespeare in der Schaubühne in Berlin zu sehen. Nächste Vorstellungen am 18. und 19. April 2020.
„Persian Lessons“ von Vadim Perelman mit Lars Eidinger und Nahuel Perez Biscayart
Und noch einmal Lars Eidinger: in dem Film „Persian Lessons“, einem Film der Reihe Berlinale Special Gala, kämpft der jüdische Belgier Gilles (Nahuel Perez Biscayart) in einem Konzentrationslager ums Überleben, in dem er sich als Perser ausgibt und dem Nazioffizier Klaus Koch (Lars Eidinger), der nach dem Krieg ein Restaurant in Teheran eröffnen will, ein erfundenes Farsi unterrichtet. Die erfundenen Vokabeln entlehnt er den Namenslisten der Häftlinge, so dass das künstliche Farsi zu einem Ausdruck des Gedenkens an die Opfer der Shoa wird.
Hier spielt Lars Eidinger einen Nazi und zeigt dessen Einfalt, Manipulierbarkeit, Naivität und Brutalität.
Der Theater, wie auch der Kino-Zuschauer, bekommt den Eindruck, dass Rollen, egal welcher Bandbreite, Lars Eidinger einfach eingegossen werden wie in einen Kelch und sie dann zur Essenz verdichtet wieder aus ihm heraus kommen.
Seine enorme Popularität, sowohl als Theater- wie als Filmschauspieler, ist sicher auch seiner Vielfältigkeit und Wandlungsfähigkeit geschuldet und ganz sicher nicht grundlos. Er ist wahrhaftig ein großer Barde!
English text
BERLINALE 2020 – Hillary, little sister, Persian Lessons
Friederike Danne
02/26/2020
„Hillary“ by Nanette Burnstein.
This 4-part documentary series by the American director Nanette Burstein is, in my view, the best contribution to this year’s Berlinale so far, if not in competition. Of course it is also an attempt to improve her image – but what a successful one!
Aside from the episode of her life as a betrayed first lady of the USA (Lewinskygate) known from the rainbow press, the film depicts the image of an independent, intelligent, committed and very charismatic woman, a real feminist in the best sense of the word and since the 1970s, beginning in midwestern United States.
After considering this portrait, the fact that Hillary Clinton was subject to the current incumbent Donald Trump in the 2016 US presidential election remains incredible and unbelievable. The series is enriched with interviews by the whole family, with Hillary himself, with Bill Clinton and with daughter Chelsea, as well as with employees, journalists and close friends.
A piece of the political history of the United States of America.
Conclusion: absolutely worth seeing
Please regard our video on Youtube channel kultur24 TV from the press conference in Berlin with Hillary Clinton, where she talks about Donald Trump, Julian Assange and Harry Weinstein:
„Sister Little“ by Véronique Reymind and Stéphane Chuat with Nina Hoss, Lars Eidinger, Marthe Keller, Thomas Ostermann.
The competition film by the two Swiss directors Stephanie Chuat and Veronique Raymond describes the suffering of the leukemia actor Sven (Lars Eidinger) and the relationship to his Twin sister Lisa (Nina Hoss).
Sven lives through acting. Lisa is a writer with a writer’s block, she writes plays for the theater.
Both worked at the Berlin Schaubühne, Lisa until she moved to Switzerland with her family and Sven until he became too ill to continue playing the role of his life as Hamlet at the Berlin Schaubühne (Schaubühnen director Thomas Ostermeier comes here in his own role).
Lisa loves her brother and does everything possible to make him healthy. She wants nothing more than that. Nina Hoss shows us her pity to the pain limit. Sven is terminally ill, the hope of being on stage again keeps him alive.
Lars Eidinger shows us this disease beyond the pain threshold. Lisa writes a piece for Sven, „Hansel and Gretel“, until the game is over.
If somebody like me as a doctor, knows illness and death from everyday work, this film is apt like no other.
Art is the game that keeps alive. The two great protagonists deserve the highest recognition and respect for their authenticity in this remarkable film.
Lars Eidinger in his real life as theater actor is currently still playing „Richard III.“ by Shakespeare in the Schaubühne in Berlin.
Next performances on April 18 and 19, 2020.
„Persian Lessons“ by Vadim Perelman with Lars Eidinger and Nahuel Perez Biscayart.
And once again Lars Eidinger: in this movie „Persian Lessons“, a film from the Berlinale Special Gala series, the Belgian Jew Gilles (Nahuel Perez Biscayart) fights for survival in a concentration camp, in which he pretends to be a Persian and teaches the language Farsi to Nazi officer Klaus Koch (Lars Eidinger), who wants to open a restaurant in Tehran after the war.
He borrowed the invented vocabulary from the prisoners‘ lists of names, so that the artificial Farsi became an expression of the memory of the victims of the Shoah.
Here Lars Eidinger plays a Nazi with simplicity, manipulability, naivety and brutality. The theater, as well as the cinema viewer, gets the impression that Lars Eidinger fits every role. His enormous popularity, both as a theater and film actor, is certainly due to his diversity and versatility.
He is truly a great actor!
Author: Friederike Danne
Dr. Friederike Danne arbeitet als Kinderärztin im Krankenhaus Charité in Berlin.