Coronavirus – Die Modebranche am Abgrund

Chanel Boutique in Berlin am 30.03.2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Coronavirus – Die Modebranche am Abgrund

Von Lea Altpeter

01.04.2020

English text

„Corona hält die Mode in Atem“ schreibt die Vogue.
Allerdings scheint die Modebranche im Moment eher still zu stehen.

Die Pariser Men’s Fashion Week, die für den 23. bis 28. Juni vorgesehen war, und La Semaine de la Haute Couture, die vom 5. bis 9. Juli stattfinden sollte, wurden beide abgesagt.

Die BERLIN FASHION WEEK (vorgesehen für die die Woche vom 28. Juni bis zum 5. Juli 2020) ist zurzeit noch nicht abgesagt. Allerdings ist wohl damit zu rechnen.

DIOR Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Die Men’s Fashion Week in Mailand, die vom 19. bis 23. Juni eingeplant war, wird verschoben und mit der Women’s Fashion Week der Stadt im September 2020 zusammengeführt. Auch die für Juni geplanten Herrenmoden-Shows in London werden nicht stattfinden. Selbst die kleinsten Kollektionspräsentationen sind vorerst gestrichen.

GUCCI Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Adidas, Deichmann, Zara und die Kaufhäuser Karstadt/ Kaufhof wollen ab April keine Miete mehr für geschlossene Läden zahlen.
Eine Sprecherin von Adidas erklärte, das Unternehmen sei darüber mit den Vermietern in engem Austausch. Die größte Warenhauskette Deutschlands Galeria Karstadt/ Kaufhof hat heute beim Amtsgericht in Essen ein Schutzschirmverfahren beantragt.
Der Gesamtumsatz im Textilbereich lag in Deutschland im letzten Jahr bei 35 Milliarden Euro.
In der Bekleidung- und Textilindustrie in Deutschland arbeiten ca. 100.000 Menschen, viele davon sind jetzt von Arbeitslosigkeit oder zumindest Kurzarbeit (60 % des letzten Lohnes) betroffen. Für wie lange?

ADIDAS Geschäft auf der Tauentzienstraße in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

In Deutschland warnt der Handelsverband Textil (BTE) vor einer „noch nie dagewesenen Insolvenzwelle“, die Modehändler und –lieferanten treffen könnte.
„Geschäfte, die geschlossen haben, machen keinen Umsatz“, schreibt die Vogue weiter.
Grund für die riesigen Verluste ist aber nicht nur die Schließung von Geschäften, dazu kommen noch Störungen in Produktions- und Lieferketten.
Rund ein Viertel der Modeimporte stammen laut Statistischem Bundesamt für Deutschland aus China, was es für Deutschland zum wichtigsten Lieferland für Mode macht.
Produktionsengpässe in China sind also auch in Deutschland spürbar. Außerdem gab das Deutsche Mode Institut vor einigen Tagen bekannt, dass am Ende der ersten Lockdown-Woche die Google-Suchanfragen nach Mode-Onlineshops nicht etwa gestiegen, sondern um circa ein Drittel zurückgegangen seien.

GUCCI Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Um gegen die Insolvenzwelle anzukämpfen, haben sich dreizehn führende Modeunternehmen zusammengetan, darunter Bogner, Marc Cain und Marc O’Polo, und wenden sich mit einem Vorschlag für schnelle Hilfe in einem offenen Brief an die Bundesregierung.
Die Unterzeichner schlagen vor, dass die Bundesregierung den Top 30 Unternehmen aus der Textilbranche einen Liquiditätsfonds von 850 Mio. Euro zur Verfügung stellt, um den Facheinzelhandel mit der Herbst/Winter Kollektion (ab Juli in den Läden) beliefern zu können.

MCM Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Donatella Versace, Giorgio Armani und Dolce & Gabbana haben derweil hohe Beträge für die Bekämpfung des Virus gespendet.
Der Luxuskonzern LVMH stellt nun in seinen Fabriken anstelle von Parfüms für Givenchy oder Christian Dior Handdesinfektionsmittel her.
Das Gel soll kostenlos Gesundheitseinrichtungen in Frankreich überlassen werden.
Armani und Prada in Italien haben ihre Produktion auf Atemmasken und Schutzanzüge umgestellt, ähnlich wie bereits Firmen (Trigema) in Deutschland.
Eine Atemmaske mit PRADA-Logo?

PRADA Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Was wird aber aus der Modebranche, sobald die Krise überstanden ist?
Es besteht die Hoffnung, dass wir uns in Zukunft auf lokal produzierte und verkaufte Artikel freuen können.
Große Designer, wie Giorgio Armani, Silvia Venturini Fendi und Angela Missoni, sind sich einig:
Diese Krise ist eine Gelegenheit, das Überflüssige zu beseitigen, und das starke Marketing und das Influencing zu reduzieren.
Sie arbeiten nun an kleineren Kollektionen mit stärkeren Botschaften, und dies könnte das ultimative Ergebnis dieser ganzen Turbulenzen für die Modebranche sein.

Versace Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

English text

Coronavirus – The fashion industry on the way to bankruptcy

„Corona holds fashion in suspense“ writes the German Vogue.
However, it seems more like the fashion world is standing still at the moment.

Paris men’s Fashion Week, scheduled for June 23-28, and Haute Couture Week, scheduled for July 5-9, were both cancelled.
The BERLIN FASHION WEEK (scheduled for the week from June 28 to July 5, 2020) has not yet been canceled. However, this is to be expected.

DIOR Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

The men’s Fashion Week in Milan, which was scheduled from June 19 to 23, will be postponed and merged with the city’s women’s shows in September 2020. The men’s fashion shows planned for June in London will not take place either. Even the smallest collection presentations have been cancelled for the time being.

GUCCI Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Adidas, Zara, Deichmann and the department store Karstadt/ Kaufhof no longer want to pay rent for closed stores from April on. A representative of Adidas explained that the company is in close contact with the landlords about this issue. The largest department store chain in Germany, Galeria Karstadt/ Kaufhof, applied for a protective shield procedure at the Essen district court.
The textile industry in Germany had last year a turnover of 35 billion euros.
Around 100,000 people work in the clothing and textile industry in Germany, many of whom are now affected by unemployment or at least short-time work (60% of their last income). For how long?

ADIDAS Geschäft auf der Tauentzienstraße in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

In Germany, the textile trade association (BTE) warns of an “unprecedented wave of bankruptcy” that could hit fashion retailers and suppliers. “Closed shops don’t make any sales,” the German Vogue continues. However, the closing of shops is not the only reason for the huge losses; there are also disruptions in production and supply chains. According to the Federal Statistical Office, around a quarter of the fashion imports for Germany come from China, which makes the country Germany’s most important fashion supplier. Production bottlenecks in China are therefore very noticeable in Germany. In addition, a few days ago, the German Fashion Institute announced that, at the end of the first week of lockdown, Google searches for fashion online shops had not increased as expected, but decreased by around a third.

GUCCI Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

To fight the wave of bankruptcy, thirteen leading fashion companies, including Bogner, Marc Cain and Marc O’Polo, have teamed up by addressing an open letter to the German federal government with a suggestion for quick help. The signatories propose a concept according to which the government should provide the top 30 textile companies with a liquidity fund of 850 million euros in order for them to supply the retailers with the autumn/winter collection (July to November).

MCM Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Meanwhile, Donatella Versace, Giorgio Armani and Dolce & Gabbana have donated large amounts to fight the virus, and the luxury company LVMH now produces hand sanitisers instead of Givenchy or Christian Dior perfumes. The gel is to be given to healthcare institutions in France free of charge.

Versace Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

But what will become of the fashion industry once the crisis is over? There is hope that we could witness a comeback of small-batch products produced and sold locally. Great designers like Giorgio Armani, Silvia Venturini Fendi and Angela Missoni agree: this crisis is an opportunity to eliminate the superfluous and to reduce the strong marketing and influencing. They are now working on smaller collections with stronger messages, and this could be the ultimate result of all this turmoil for the fashion industry.

PRADA Boutique auf dem Kudamm in Berlin am 30. März 2020 © Holger Jacobs/ kultur24.berlin

Author: Lea Altpeter

Lea Altpeter – Business Studentin an der Cass Business School in London

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