Die neuen Filme im Kino 29.6.2017

Axolotl Overkill - Helene Hegemann @ Constantin Film

Die neuen Filme im Kino 29.6.2017

 

Von Holger Jacobs

29.6.2017

„AXOLOTL OVERKILL“ – Drama – DE – 2017

Regie: Helene Hegemann
Cast: Jasna Fritzi Bauer, Mavie Hörbiger, Aly Jover, Nikolai Kinski
Filmverleih: Constantin Film

Bevor ich Helene Hegemann, die Autorin und Regisseurin des Film „Axolotl Overkill“, kennenlernte traf ich ihren Vater 2006 zusammen mit Christoph Schlingensief in der Volksbühne Berlin. Ich begann damals mit einer Fotoserie mit Portraits bekannter Persönlichkeiten, die mir zu ihrem Bild jeweils einen handgeschrieben Text verfassten. Leider wurde aus der Photosession mit Schlingensief nichts mehr, dafür konnte ich aber am Ende meiner Serie Helene Hegemann für mein Projekt gewinnen. Hier seht Ihr das Portrait und den Text von Hegemann aus dem Jahr 2013:

„words“ – Helene Hegemann, Foto: Holger Jacobs

Unsere Wege liefen wieder auseinander, bis ich 2015 hörte, dass sie ihren Roman „axolotl Roadkill“ verfilmte. Und jetzt sitze ich als Filmkritiker über meinem Text und versuche ihren Film so gut ich kann zu rezensieren.

Mir gefiel der Film gut, auch wenn ich altersmäßig natürlich einer ganz anderen Generation angehöre. Aber ich mag diese frische Lebendigkeit, dieses Gefühl: immer drauf los, mir kann keiner. Deshalb mag ich auch so die Inszenierungen an der Schaubühne mit den Schülern der Ernst-Busch Schauspielschule (zuletzt „Dantons Tod“). So viel geballte Energie sieht man sonst kaum noch!

Der Film „Axolotl Overkill“ hat nur eine ungefähre Handlung und lebt mehr von seiner Atmosphäre und dem (Lebens-) Gefühl der Protagonisten. Und sehr viel (zu meiner Freude) Berliner Lokalkolorit. Der Club King Size kommt vor, das Restaurant Grill Royal, das Berghain (oder so etwas, dass wie das Berghain aussieht ((Achtung: absolutes Film und Fotoverbot!)), die Friedrichstrasse und der Parkplatz auf dem Tacheles-Gelände (gibt es jetzt nicht mehr – werden gerade Wohnungen gebaut (bonjour la gentrification!).

Kurz gesagt geht es um das junge Mädchen Mifti (eigentlich Mafalda), deren Mutter gerade gestorben ist und die bei einer Tante und deren Sohn wohnt. In die Schule gegangen wird selten, mal hängt man hier ab, mal da. Mal schläft man mit demjenigen oder sogar mal mit einem Taxifahrer, wenn kein anderer (oder andere) zur Stelle ist. Es gibt nur eine Konstante: Ein Liebesverhältnis zu einer ca. 20 Jahre älteren Frau. Am Schluss fahren beide zusammen zu einem nahe gelegenen Landhaus. Doch kaum dort angekommen schnappt sich Mifti den teuren Wagen der Liebhaberin und haut wieder ab…

Sehr stark ist Jasna Fritzi Bauer als Mifti, toll auch Mavie Hörbiger als deren Busenfreundin Ophelia. Die ältere Liebhaberin (Aly Jover) war nicht so mein Typ. Ganz schlecht kommen die Männer bei Helene Hegemann weg. Entweder sehen sie bescheuert aus oder sie verhalten sich bescheuert oder beides. Außer Nikolai Kinski (ja, er Sohn von Klaus), dessen Karriere immer mehr Fahrt aufnimmt. Ich traf ihn einmal zu einer Lesung im Soho House Berlin.

Ein schöner Film, der Spass macht. Übrigens: Ein Axolotl ist ein Lurch!

Für alle, die so jung sind wie Mifti oder zumindest noch wissen, wie sich das anfühlt.

9 Bilder: Jasna Fritzi Bauer, „Axolotl Overkill“ © Constantin Film

 

„THE BEGUILD“ – Drama – USA – 2017

Regie: Sofia Coppola
Cast: Nicole Kidman, Kirsten Dunst, Elle Fanning, Colin Farrell
Filmverleih: Universal Pictures

Die berühmte Tochter Sofia des noch berühmteren Vaters Francis Ford Coppola hat sich mittlerweile seit vielen Jahren als ernstzunehmende Filmemacherin etabliert. Der Film „Lost in Translation“ von 2004 war ihr großer Durchbruch, der mit einem Oscar für die beste Regie belohnt wurde. So einen Mega-Erfolg konnte sie seitdem aber nicht mehr landen. Dafür hat sie eine Linie gefunden: Filme über Frauen, bzw. Frauenschicksale.

Ob es die fünf in den selbstgewählten Tot gehenden Schwestern aus „Suicid Virgins“ sind oder  die Frau von Ludwig IV., „Marie-Antoinette„, immer steht bei Sofia Coppola die Frau im Mittelpunkt.

So auch in ihrem neusten Werk. Dabei griff sie auf den Roman „The Beguiled“ von Thomas Cullinans aus dem Jahr 1971 zurück, der bereits im Jahr der Buchveröffentlichung verfilmt wurde. Mit keinem geringeren als Clint Eastwood. Und während die erste Verfilmung aus der Sicht des verwundeten Soldaten, der im amerikanischen Bürgerkrieg von fünf Internatsschülerinnen, einer Lehrerin und einer Direktorin, gesund gepflegt wird, erzählt wird, so ist es dieses Mal aus der Sicht der Frauen. Das dabei der Mann nicht gut wegkommt ist klar. Ich ziehe (nicht nur aus männlicher Sicht) den ersten Film vor.

Der Film „The Beguiled“ von Sofia Coppola wurde dieses Jahr im offiziellen Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes gezeigt und gewann den Preis für die beste Regie.

Für Fans von Kostümfilmen und Frauenrechten.

12 Bilder: Kirsten Dunst und Colin Farrell, „The Beguiled“ (Die Verführten) @ Universal

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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