Die neuen Filme im Kino: OPPENHEIMER

Film "Oppenheimer © Universal Pictures

Die neuen Filme im Kino: OPPENHEIMER

Von Holger Jacobs

31.08.2023

Wertung: 🙂 🙂 🙂 (drei von fünf)

for english text click here

Das heiß erwartete Filmepos über den Atomphysiker Robert Oppenheimer stellt sich als überfrachtete Ton- und Bilderschau heraus

Regisseur CHRISTOPHER NOLAN („The Dark Night“, „Tenet“, „Inception“) erzählt hier die Geschichte des berühmten amerikanischen Physikers ROBERT OPPENHEIMER, beginnend von seiner Jugend, über die Leitung zum Bau der ersten Atombombe, bis zu seiner Anhörung nach dem Krieg wegen früheren Kontakten zur Kommunistischen Partei der USA, bei der ihm schließlich die Sicherheitsfreigabe für staatliche sicherheitsrelevante Informationen im Bereich der Wissenschaft, Technologie und Militär entzogen wird.

Das Drehbuch (CHRISTOPHER NOLAN) des Films basiert auf der Biografie „J. Robert Oppenheimer“ von KAI BIRD und MARTIN SHERWIN (Pulitzerpreis).

Buch „J.R. Oppenheimer“, erschienen im Ullstein Verlag © Ullstein

Handlung

Der Film ist als Rahmenhandlung ausgelegt.
Es beginnt mit der Anhörung vor einem Ausschuss zur Sicherheitsanhörung (Sicherheitsfreigabe – siehe oben) im Jahre 1954. Er muss sich zu den Vorwürfen erklären, er wäre ein sowjetischer Spion, weil er früher in seiner Jugend Kontakte zu Mitgliedern der Kommunistischen Partei der USA hatte. Während Oppenheimer in der Anhörung (in Schwarz-Weiß gedreht) von den vielen Stationen aus seinem Leben berichtet, werden diese Erinnerungen (jetzt in Farbe) als Rückblenden gezeigt.
Diese Rückblenden beginnen chronologisch mit Oppenheimers Studienzeit, mit seinen Aufenthalten im englischen Cambridge (hier trifft er Physiker NILS BOHR, gespielt von KENNETH BRANAGH) und Göttingen in Deutschland (Begegnung mit dem deutschen Physiker WERNER HEISENBERG, gespielt von MATHIAS SCHWEIGHÖFER), sowie seiner ersten Lehrtätigkeit an der University of California, Berkley, und seinen Kontakten zu liberalen, freiheitlich denkenden, kommunistisch angehauchten Studierenden und Professoren.
Hier kommt es auch zu der komplizierten Beziehung mit der Medizinstudentin JEAN TATLOCK (FLORENCE PUGH), die aktives Mitglied der Kommunistischen Partei der USA ist. Anfang der 40er Jahre lernt ROBERT OPPENHEIMER die Studentin KITTY HARRISON (EMILY BLUNT) kennen, ein ehemaliges Mitglied der Kommunistischen Partei. Sie heiraten 1940.
In dieser Zeit finden OPPENHEIMER und seine Physiker-Freunde heraus, dass sich Atome spalten lassen und dabei eine enorme Energie freigesetzt wird.
Als die USA Ende 1941 in den Krieg gegen Deutschland eintreten wird den Physikern bewusst, dass die bedeutenden Atomwissenschaftler in Deutschland es schaffen könnten, mit der Kernspaltung eine Bombe zu bauen, die verheerender wäre, als alles bisher Dagewesene (der nach Amerika emigrierte ALBERT EINSTEIN soll persönlich Präsident ROOSEVELT auf diese Gefahr hingewiesen haben).
ROOSEVELT beauftragt daraufhin im Sommer 1942 das Militär mit der Herstellung einer Atombombe, um diese WAFFE noch vor den Nazis zu besitzen.
Codename: Manhattan-Project.

Robert Oppenheimer ca. 1944 in Los Alamos -CC- Wikimedia Commons

General LESLIE GROVES (MATT DAMON) wird als militärischer Leiter dieses Projekts ernannt.
Er beruft ROBERT OPPENHEIMER zum wissenschaftlichen Leiter (OPPENHEIMER hatte kurz zuvor ein Sommercamp mit den führenden Physikern der USA in Berkley organisiert, was aber nicht im Film vorkommt).
Eine ganze Stadt wird in der Wüste von New Mexico aus dem Boden gestammt und Hunderte Wissenschaftler werden zusammen mit ihren Familien nach Los Alamos gebracht.
Als am 16. Juli 1945 der erfolgreiche erste Test einer Atombombe in der Wüste von New Mexico stattfindet ist OPPENHEIMER sowohl fasziniert wie entsetzt.
Nach dem Abwurf von zwei Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki, versucht er die Politiker von einer Beschränkung der Kernwaffen zu überzeugen. Und auch von der Entwicklung der noch viel stärkeren Wasserstoff-Bombe rät er ab.
Im aufkeimenden Antikommunismus der MCCARTHY-Ära in den USA wird daraufhin unter Federführung seines alten Widersachers, dem republikanischen Abgeordneten  LEWIS STRAUSS (ROBERT DOWNEY JR.), eine Hetzkampagne gegen OPPENHEIMER gestartet, in Folge dessen es zu der Anhörung vor dem Sicherheitsausschuss kommt.
Am Ende dieser Anhörung verliert er seine Sicherheitsfreigabe für Fragen zur nationalen Sicherheit, womit er zukünftig keinen politischen Einfluss mehr ausüben kann. Seine Glaubwürdigkeit ist beschädigt.
Am Ende des Films sprechen ALBERT EINSTEIN (TOM CONTI) und ROBERT OPPENHEIMER über die Möglichkeit, ob die Kettenreaktionen von Atombomben weitere Kettenreaktionen in der Atmosphäre auslösen könnten, die eines Tages die ganze Welt vernichtet…

„OPPENHEIMER“, Filmplakat © Universal Pictures

Kritik

Der zweite große Blockbuster in diesem Sommer, nach „Barbie“ (kultur24 berichtete), konnte mich nicht so ganz überzeugen.
Warum, dass erzähle ich Euch hier:

1. Den Hauptdarsteller, CILLIAN MURPHY, kenne ich noch aus dem Batman Film „The Dark Knlight“, ebenfalls von Christopher Nolan gedreht, indem er den Bösewicht Craven spielt, der als Psycho-Arzt seinen Feinden eine Droge verabreicht, die grauenhafte Angstzustände erzeugt, speziell, wenn Craven dazu noch eine Krähenmaske aufsetzt. Beim Anschauen des neuen „Oppenheimer“ Films habe ich das fiese Gesicht von CILLIAN MURPHY alias Craven irgendwie nicht aus dem Kopf bekommen.

2. Das Durcheinander der vielen Lebensstationen des J. ROBERT OPPENHEIMER mit seinen zahlreichen Begegnungen mit Wissenschaftlern in den USA und Europa, mit den vielen wissenschaftlichen Gesprächen über die Quanten-Theorie und die Kernspaltung, die aber leider immer nur kurz angeschnitten wird, ohne dass der Zuschauer davon irgendwas versteht. Dazu kommt noch seine andauernde Auseinandersetzung mit dem republikanischen Politiker LEWIS STRAUSS (toll gespielt von ROBERT DOWNEY JR), der nach dem Krieg als Vorsitzender der Atomic Energy Commission (AEC) die Demontage von OPPENHEIMER vorantreibt.
Und dann wäre da noch die (Sex-) Affäre mit JEAN TATLOCK (FLORENCE PUGH), die mit deftigen Nacktszenen (mussten für die asiatischen Länder rausgeschnitten werden) intensiv ausgeschlachtet wird. Das ganze gipfelt in einer Szene, in der beide nackt im Verhörraum der Atomenergiekommission inmitten der Anwälte und Kommissionsmitglieder auf einem Stuhl sitzen und es miteinander treiben. Vor den Augen seiner anwesenden Frau Kitty (EMILY BLUNT). Auch wenn das nur als Phantasie gemeint ist fand ich es einfach nur peinlich.

3. Die sehr komplexe und wie ich finde spannende Technik zur Entwicklung der Atombombe wird nur unzureichend angeschnitten. Das einzige, was dem Zuschauer erklärt wird, ist, dass es irgend etwas mit Quanten-Physik zu tun hat…

4. Der dröhnende Lärm, der manchen Szenen unterlegt wird, ließ mir fast das Trommelfell platzen. Ich kann nur jedem Zuschauer raten Ohropax mitzunehmen…

Doch natürlich gibt es auch die guten Seiten des Films.

Selbst wenn ich den Hauptdarsteller CILLIAN MURPHY nicht besonders mag, so spielt er doch hervorragend. Zumal er dem echten ROBERT OPPENHEIMER sehr ähnlich sieht.
Ein weiteres Highlight ist MATT DAMON als General GROVES, dem militärischen Leiter von Los Alamos. Wie MATT DAMON hier den etwas dumpfbackigen, aber dennoch pfiffigen und letztlich auch durchsetzungsfähigen Soldaten spielt ist grandios. Die Körperhaltung, der Gesichtsausdruck – das ist große Schauspielkunst! Hier blitzt mal wieder das genial Spiel des MATT DAMON aus „Good Will Hunting“ auf.
Dagegen fällt EMILY BLUNT als OPPENHEIMERS Frau KITTY stark ab. Am Anfang konnte ich sie kaum wiedererkennen. Ich denke, sie hatte wohl etwas Schwierigkeiten in diese nicht sehr dankbare Rolle hineinzufinden.

Eine technisch und optisch sehr gut gemachte Szene ist der Moment der Zündung der ersten Atombombe. Der starke Blitz der Explosion lässt die Leinwand komplett weiß erscheinen – und kein Ton ist zu hören. Bis plötzlich nach einer gefühlten Ewigkeit die Schallwellen eintreffen und den Kinosaal erbeben lassen.

Fazit: Interessante, aber zu komplex erzählte Geschichte über den Vater der Atombombe. Für Fans von CHRIOSTOPHER NOLANS Verschachtelungs-Erzählweise und für Menschen, die die Kernenergie immer schon für Teufelszeug hielten.
Für Kinder nicht geeignet.

Unsere Bilderserie mit 14 Fotos aus dem Film „Oppenheimer:

In der Anhörung, Oppenheimer (Cillian Murphy) und Kitty (Emily Blunt), „Oppenheimer“ © Universal Pictures

 

English text

 

The new films in the cinema: „Oppenheimer“

 

By Holger Jacobs


08/31/2023

Rating: 🙂 🙂 🙂 (three of five)

The long-awaited epic film about the nuclear physicist Robert Oppenheimer turns out to be an overloaded sound and image show

Director CHRISTOPHER NOLAN („The Dark Night“, „Tenet“, „Inception“) tells the story of the famous American physicist ROBERT OPPENHEIMER, starting from his youth, to being in charge of building the first atomic bomb, to his post-war hearing because of his previous contacts with the US Communist Party, which ultimately led to his security clearance for government security-related information in the fields of science, technology and the military being revoked.
The film’s screenplay (CHRISTOPHER NOLAN) is based on the biography J. Robert Oppenheimer” by KAI BIRD and MARTIN SHERWIN (Pulitzer Prize).

Buch „J.R. Oppenheimer“, erschienen im Ullstein Verlag © Ullstein

Story

The film is designed as a framework story.
It begins with a hearing before a Security Hearing Committee (Security Clearance – see above) in 1954. He has to answer allegations that he was a Soviet spy because of his early youth contacts with members of the US Communist Party. During the hearing (shot in black and white), OPPENHEIMER talks about the many stages of his life, these memories (now in color) are shown as flashbacks.
These flashbacks begin chronologically with Oppenheimer’s student days, with his sojourns in Cambridge, England (here he meets physicist NILS BOHR, played by KENNETH BRANAGH) and Göttingen, Germany (meets German physicist WERNER HEISENBERG, played by MATHIAS SCHWEIGHÖFER), as well as his first teaching position at the University of California, Berkley, and his contacts to liberal, free-thinking, communist-leaning students and professors.
This is also where the complicated relationship with medical student JEAN TATLOCK (FLORENCE PUGH), who is an active member of the US Communist Party, comes about.
In the early 1940s, ROBERT OPPENHEIMER met the student KITTY HARRISON (EMILY BLUNT), a former member of the Communist Party. They marry in 1940.

Robert Oppenheimer ca. 1944 in Los Alamos -CC- Wikimedia Commons

During this time, Oppenheimer and his physicist friends discovered that atoms can be split and enormous energy is released.
When the USA entered the war against Germany at the end of 1941, the US-physicists became aware that the important nuclear scientists in Germany could manage to use nuclear fission to build a bomb that would be more devastating than anything that had ever existed before (ALBERT EINSTEIN, who emigrated to America, is said to have personally pointed out this danger to President Roosevelt).
ROOSEVELT then commissioned the military to produce an atomic bomb in the summer of 1942 in order to get the weapon before the Nazis.
Code name: Manhattan Project.

General LESLIE GROVES (MATT DAMON) is appointed military leader of this project.
He appoints ROBERT OPPENHEIMER as scientific director (OPPENHEIMER had recently organized a summer camp with the USA’s leading physicists in Berkley, but this does not appear in the movie).
An entire city is sprung from the ground in the New Mexico desert and hundreds of scientists and their families are brought to Los Alamos.
When the first successful test of an atomic bomb took place in the desert of New Mexico on July 16, 1945, OPPENHEIMER was both fascinated and horrified.
After two atomic bombs were dropped on the Japanese cities of Hiroshima and Nagasaki, he tried to convince politicians to limit nuclear weapons. And he also advises against developing the even more powerful hydrogen bomb (H-Bomb).
In the burgeoning anti-communism of the MCCARTHY era in the USA, a smear campaign against OPPENHEIMER is launched under the leadership of his old adversary, the Republican MP LEWIS STRAUSS (ROBERT DOWNEY JR.), which leads to the hearing before the Security Committee.
At the end of this hearing, he will lose his security clearance for national security matters, meaning he will no longer be able to exercise political influence in the future. His credibility is damaged.

At the end of the movie, ALBERT EINSTEIN (TOM CONTI) and ROBERT OPPENHEIMER talk about the possibility of whether the chain reactions of atomic bombs could trigger further chain reactions in the atmosphere that will one day destroy the entire world…

„OPPENHEIMER“, Filmplakat © Universal Pictures

Critics

The second big blockbuster this summer, after “Barbie” (kultur24 reported), didn’t quite convince me.
I’ll tell you why here:
1. I know the main character, CILLIAN MURPHY, from the Batman movie “The Dark Knlight”, also directed by CHRISTOPHER NOLAN, in which he plays the villain Craven, who, as a psycho doctor, administers a drug to his enemies that causes terrible anxiety, especially when Craven also puts on a crow mask. While watching the new “Oppenheimer” film, I somehow couldn’t get the nasty face of CILLIAN MURPHY aka Craven out of my head.
2. The confusion of the many stages of J. ROBERT OPPENHEIMER’s life with his numerous encounters with scientists in the USA and Europe, with the many scientific discussions about quantum theory and nuclear fission, which unfortunately are only ever briefly touched on without the Viewer understands something about it.
Added to this is his ongoing conflict with the Republican politician LEWIS STRAUSS (greatly played by ROBERT DOWNEY JR), who, after the war, as chairman of the Atomic Energy Commission (AEC), pushed forward the dismantling of OPPENHEIMER.
And then there is the (sexual) affair with JEAN TATLOCK (FLORENCE PUGH), which is exploited intensively with hearty nude scenes (had to be cut out for Asian countries). The whole thing culminates in a scene in which both of them sit naked on a chair in the interrogation room of the Atomic Energy Commission among the lawyers and commission members and have sex with each other. In front of his wife Kitty (EMILY BLUNT), who is present. Even if it was just meant to be a fantasy, I just found it embarrassing.
3. The very complex and, in my opinion, exciting technology for developing the atomic bomb is only touched upon insufficiently. The only thing explained to the viewer is that it has something to do with quantum physics…
5. The pounding noise that is used in some scenes nearly burst my eardrums. I can only advise every spectator to take ear plugs with them…

But of course there are also the good sides of the movie.
Even if I don’t particularly like the lead actor, CILLIAN MURPHY, he’s an excellent performer. Especially since he looks very much like the real ROBERT OPPENHEIMER.
Another highlight is MATT DAMON as General GROVES, the military chief of Los Alamos.
How MATT DAMON plays the somewhat dull-cheeked, but nevertheless smart and ultimately assertive soldier is terrific. The posture, the facial expression – that’s great acting! Here the brilliant game of MATT DAMON from „Good Will Hunting“ flashes again.

On the other hand, EMILY BLUNT as OPPENHEIMER’S wife KITTY falls far behind.
At first I could hardly recognize her. I think she may have had some trouble getting into this not very rewarding role.
A technically and visually very well done scene is the moment the first atomic bomb is detonated.
The powerful flash from the explosion makes the screen appear completely white – and there is no sound. Until suddenly, after what feels like an eternity, the sound waves arrive and shake the cinema hall.
Conclusion:
Interesting, but too complex story about the father of the atomic bomb.
For fans of CHRIOSTOPHER NOLAN’S nested storytelling and for people who always thought nuclear energy was the devil’s stuff.
Not suitable for children.

Here the picture series with 16 photos of the movie „Oppenheimer:

In der Anhörung, Oppenheimer (Cillian Murphy) und Kitty (Emily Blunt), „Oppenheimer“ © Universal Pictures

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

Cookies help us deliver our services. By using our services, you agree to our use of cookies.