Gallery Weekend 2017 Berlin Review
Von Holger Jacobs
- Mai 2017
Das größte Ereignis bei diesem Gallery Weekend war sicher die Ausstellung von Jonas Burgert in der Galerie Blain Southern an der Potsdamer Strasse. Ein enormer Andrang herrschte das ganze Wochenende in der riesigen Halle der Galerie und auf den Sozialen Netzwerken wurden die Bilder dieses bemerkenswerten Malers 100-fach geteilt. Nicht nur sein größtes Werk, das 22 x 6 Meter lange Gemälde war die Sensation, sondern auch seine außergewöhnliche Malkunst. Technisch zwischen abstrakt und figurativ angesiedelt, erzählen seine Bilder von Menschen in ihren Traumwelten. Dabei setzt er die Farbe sehr expressiv ein, was mir sehr gut gefällt. Doch weniger agressiv wie damals noch die Jungen Wilden der 80er Jahre in Berlin (von denen Rainer Fetting gerade in der Galerie Deschler ausgestellt wird), sondern eher subtil. Die Traumwelten erinnern etwas an Neo Rauch, aber sie wirken weniger direkt, weniger erkennbar. Ganz große Kunst!
Angela Bulloch in der Galerie Esther Schipper:
Jürgen Klauke in der Galerie Guido W. Baudach:
Nancy Baron in der Galerie Kehrer:
Überhaupt die Szene um die Potsdamer Strasse war für mich einmal mehr das Highlight der Gallery Weekend. Diese Mischung aus Peep-Show und Varieté mit hochwertiger Kunst, schicken Restaurants und Boutiquen erinnert ein bisschen an das Berlin-Mitte der 2000er Jahre. Doch in der Potsdamer Strasse ist alles noch sehr ursprünglich geblieben. Hoffen wir mal, dass das noch lange so bleibt.
Im klassischen Charlottenburg könnte der Kontrast nicht größer sein. Und die Qualität der Kunst war sogar noch etwas höher. Das liegt hauptsächlich an den großen Galeristen des alten Berlin-West, die schon mehrere Jahrzehnte vor Ort sind und mittlerweile mit den besten Künstlern der Welt zusammenarbeiten. Bei Max Hetzler war es Günther Förg, bei Michael Hass war es Antoni Tapiès. Besonders der zusätzliche Kunstraum von Michael Haas, im nördlichen Charlottenburg an der Liese-Meitner-Strasse 7-9 gelegen, wirkt nach seiner Größe und Ausstattung eher wie ein Museum. Beeindruckend.
Günther Förg in der Galerie Max Hetzler:
Antoni Tapies, Jordi Alcaraz und Gino Rubert in der Galerie Michael Haas:
Kunstraum Michael Haas- wie ein Museum:
Galerist Volker Diehl vor einer Arbeit von Martin Assig:
Zurück in meiner „Heimat“ Berlin-Mitte, in der Linienstrasse. Hier sitzen ebenfalls ein paar Schwergewichte der Kunstszene. Da wären zunächst einmal die aus Norwegen stammenden Herren Gerhardsen und Gerner. Sie zeigten den Maler Markus Oehlen und ihren Liebling Julian Opie, der mit seinen aus dicken schwarzen Linien gemalten Menschen immer wieder auffällt.
Auch die Galerie Neugerriemschneider, in diesem herrlichen Innenhof mit dickem Schornstein und Fabrikgebäude, hat sehr viel Charme und gute Kunst. Dieses Mal waren es Arbeiten von Michael Majerus und Olafur Eliasson.
Zu den beiden Topgaleristinnen Monika Sprüth und Philomene Magers in der Oranienburger Strasse habe ich es dann nicht mehr geschafft. Aber da ich hier um die Ecke wohne, gehe ich dort ein anderes Mal vorbei.
Interessant war auf jeden Fall der mit Blattgold belegte Stromkasten an der Tucholskystrasse mit der Aufschrift „Human Stupidity“. Angesicht der vielen Kriege und sinnlosem Terror in dieser Welt kann man dem Statement nur zustimmen.
Schade, dass die meisten Galerien am 1. Mai schon wieder geschlossen hatten. Viele Interessierte und angereiste Touristen hätten sicher gerne das ganze freie Wochenende zum Kunstschauen genutzt.
Problematisch fand ich auch das auf dieselben Tage fallenden Kunstereignisse Art Cologne in Köln und Gallery Weekend in Berlin. Hier sollte seitens der Verantwortlichen eine bessere Koordination möglich sein.
Und wenn der Wettergott uns nächstes Jahr noch 10 Grad Celsius mehr beschert wäre das auch nicht schlecht – nur mal so ganz nebenbei bemerkt…
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.