Garten der irdischen Freuden im Gropius-Bau
Von Holger Jacobs
26.07.2019
Die Natur als Ausgangspunkt von sinnlicher Erfahrung, politischem Gedankengut und ausschweifenden Träumen ist zurzeit im Museum Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen – ein Highlight in diesem Sommer!
Geschichte
Die Kunst hat sich schon immer mit der Natur auseinandergesetzt. Einzelne Künstler erreichten dabei geniale Schöpfungen, wie z.B. Paul Cezanne mit seinen Stilleben. Neben der Portraitmalerei und religiöser Themen gehörte die Naturmalerei immer schon zu den meist gewählten Motiven der Vergangenheit und der Gegenwart in der Kunst.
Während früher das Thema Natur in der Kunst in erster Linie dazu diente, beim Betrachter ein wohliges Gefühl von Schönheit zu erzeugen, sind heutige Künstler dazu übergegangen, in diesem Thema auch politische Botschaften oder gesellschaftliche Kritik zu äußern.
Genau in diesem Spannungsfeld bewegt sich die Ausstellung „Garten der irdischen Freuden“ im Martin-Gropius-Bau.
Ausgangspunkt für die Ausstellung ist das berühmte Triptychon „Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch aus dem 16. Jahrhundert. Dieses dreiteilige Werk zeigt sowohl die Schöpfungsgeschichte, wie Gott die Natur schuf, den Garten Eden mit Adam und Eva, als auch das finale Ende mit der Hölle am Schluss. Im Mittelteil, der hier in der Ausstellung alleine gezeigt wird, ist die wahre Freude zu sehen, wie Menschen sich dem Eros und der Sinnlichkeit hingeben, eingebunden in völliger Harmonie mit der Natur.
Der Betrachter könnte diese Arbeit auch als den Zyklus des Lebens interpretieren, von der Erschaffung der Welt, dem Zeugen neuen Lebens und seinem Ende.
Der größte Teil der Ausstellung gehört der sinnlichen Naturerfahrung.
Hier mein Video von derAusstellung „Garten der irdischen Freuden“:
Klimaveränderung und Eingriff in die Natur
Kaum ein Thema beschäftigt uns am Beginn des 21. Jahrhunderts mehr als der Klimawandel.
Das Anthropozän, also der Eingriff des Menschen in die Natur, ist dermaßen stark, dass dramatische Katastrophen zu befürchten sind, wenn der Mensch nicht schnell handelt.
Die einzigen, die dies länderübergreifend wirklich verstanden haben, sind Schulkinder im Alter von 10 – 18 Jahren, die mittlerweile in ganz Europa und Nordamerika jeden Freitag auf die Straße gehen. FRIDAYS FOR FUTURE ist Dank der 16-jährigen, schwedischen Umweltaktivistin Greta Thunberg ein weltweites Phänomen geworden.
Und jeder Politiker, der das nicht begreift, wird gnadenlos abgestraft, wie zuleztz bei der Europawahl zu sehen war, als alle alteingesessenen Parteien herbe Verluste einstecken mussten und nur die GRÜNE PARTEI Gewinne verbuchen konnte. Mittlerweile wird ihr Vorsitzender Robert Habeck schon als nächster deutscher Bundeskanzler gehandelt.
Ausstellung „Garten der irdischen Freuden“
Während also Caspar David Fridrich vor 200 Jahren noch kitschige Sonnenuntergänge malte, sehen die Ergebnisse heutiger Künstler ganz anders aus. Der Südafrikaner Rashid Johnson baute im Lichthof des Gropius-Baus eine Mauer aus Topfpflanzen mit einem im Innern versteckten Klavier, die Japanerin Yayoi Kusama bemalte einen ganzen Raum mit ihren berühmten „Dots“, in dem selbst übergroße Tulpen im Pünktchenrausch untergehen.
Die Marrokanerin Hicham Berradas zeigt mit „Mesk-Ellil“ ein technisches Meisterwerk und ein herausragendes Beispiel sinnlicher Naturerfahrung: Mittels künstlichem Mondlicht wird der Tag-und-Nachrythmus einer bestimmten Jasmin-Pflanze so manipuliert, dass sie genau dann ihren wunderbaren Duft versprüht, wenn die Zuschauer während des Tages an ihr vorbeiziehen. Normalerweise verströmt sie nur nachts ihr betörendes Parfum.
Oder der Chinese Zheng Bo, der in Videos zeigt, wie er durch Berührung mit Bäumen und Blättern einen Orgasmus nach dem anderen bekommt.
Und die Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist, deren wunderbare Videoarbeiten ich bereits 1999 im Musée d‘ Art Moderne in Paris erleben durfte (mit der Installation „F3“, welche ein Appartement zeigte, in dem an jeder Ecke und in jedem Gegenstand ein Fernseher versteckt war, in denen Videos ganz unterschiedlicher Art in Dauerschleife zu sehen waren).
Pipilotti Rist zeigt im Gropius-Bau die Installation „Homo Sapiens Sapiens“, in welcher an der Decke eine ovale Leinwand zu sehen ist und darunter auf dem Fußboden Sitzkissen. Auf der Leinwand läuft ein Video, indem zwei nackte Frauen einen Garten für sich erobern und quasi jede Pflanze einmal selbst ausprobieren…Zheng Bo und Pipilotti Rist sollten vielleicht zusammenarbeiten.
Fazit: Großartig!
„Garten der irdischen Freuden“
26. Juli bis 1. Dezember 2019
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstrasse 7
10963 Berlin
Tel. 030 254860
Mi-Mo 10-19 Uhr, Di geschlossen
Hier unsere Bilderserie mit 26 Fotos der Ausstellung:
english text
(pictures above)
Garden of Earthly Delights in the Gropius Building
By Holger Jacobs
07/26/2019
Nature as a starting point for sensual experience, political ideas and extravagant dreams can currently be seen in the Museum Martin-Gropius-Bau in Berlin – a highlight this summer!
History
Art has always dealt with nature. Individual artists achieved ingenious creations, such as Paul Cezanne with his still lifes. In addition to portraiture and religious themes, nature painting was certainly among the most chosen motifs of the pass and of the presence.
In early times the subject of nature in art was primarily intended to create a pleasant sense of beauty in the viewer, but today’s artists have begun to express political messages or social criticism in this topic as well.
It is precisely in this field of complexity that the exhibition „Garden of Earthly Delights“ in the Martin-Gropius-Bau is moving.
The starting point for the exhibition is the famous triptych „Garden of Lusts“ by Hieronymus Bosch from the 16th century. This three-part work shows both the story of creation, how God created nature, the Garden of Eden with Adam and Eve, and the final with hell at the end. In the middle section, which is shown here alone in the exhibition, the true joy is to see how people indulge in eros and sensuality, bound in complete harmony with nature.
The viewer could also interpret this work as the cycle of life, from the creation of the world, the witness of new life, to its end.
The largest part of the exhibition belongs to the sensual experience of nature.
Climate change and Anthropocene
Hardly any topic occupies us more than climate change at the beginning of the 21st century. The Anthropocene, that is the intervention of man in nature, is so strong that dramatic catastrophes are to be feared if man does not act fast. The only people who have discovered this nationwide and across borders are schoolchildren between the ages of 10 and 18, who are now taking to the streets every Friday in Europe and North America. FRIDAY FOR FUTURE has become a worldwide phenomenon thanks to 16-year-old Swedish environmental activist Greta Thunberg.
And every politician who does not understand this point is mercilessly punished, as to see in the European elections, when all the old-established parties have suffered with heavy losses, only the GREEN PARTY won. Meanwhile, its chairman in Germany, Robert Habeck, has good chances to be the next German Chancellor …
Exhibition „Garden of Earthly Delights“
So while Caspar David Fridrich painted cheesy sunsets 200 years ago, the creative results of today’s artists look very different.
The South African Rashid Johnson built a wall of potted plants with an inside hidden piano in the courtyard of the Gropius building. The Japanese Yayoi Kusama painted a whole room with her famous „Dots“, in which even oversized tulips are completely drowned in the rush of dots.
The Morrocan Hicham Berradas shows with „Mesk-Ellil“ a technical masterpiece and an outstanding example of sensual experience of nature:
With the help of artificial moonlight the day-and-night-rythme of a specific jasmine plant is manipulated so that it exudes its wonderful fragrance, when the Spectators pass her by during the day. Normally, the plant only releases her bewitching perfume at night.
Or the Chinese Zheng Bo, who shows in videos how he gets an orgasm by touching trees and leaves.
And the Swiss artist Pipilotti Rist, whose wonderful video works I was already able to watch in 1999 at the Musée d ‚Art Moderne in Paris.
Pipilotti Rist shows in the Gropius building the installation „Homo Sapiens Sapiens“, in which an oval canvas can be seen on the ceiling and under it cushions on the floor. On the screen is a video showing two naked women conquering a garden and trying out each plant for themselves … Zheng Bo and Pipilotti Rist should work together.
Conclusion: great!
„Garden of Earthly Delights“
26th July to 1st December 2019
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstrasse 7
10963 Berlin
Tel. 030 254860
Wed – Mon 10 am-7 pm, Tue closed
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.