Modedesigner Rudi Gernreich auf dem Kudamm in Berlin

Rudi Gernreich - TUTTI FRUTTI - Pop Kudamm ph: Holger Jacobs

Modedesigner Rudi Gernreich auf dem Kudamm in Berlin

 

Von Holger Jacobs

12.05.2023

Eine Ausstellung auf dem Kurfürstendamm zeigt Textildesign von dem Designer des Monokini

Wenn man in den 50er und 60er Jahren über deutschsprachige Modedesigner nachdachte, fielen hauptsächlich zwei Namen: ULI RICHTER und RUDI GERNREICH.

Während ULI RICHTER (*1926) auch nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland blieb und seine Karriere in Berlin machte, war der aus einer jüdischen Familie stammende und in Wien geborene RUDI GERNREICH (*1922) wegen der Judenverfolgung in die USA geflohen, wo er sich in Los Angeles niederließ.
Sein Vater war Strumpfhersteller und seine Tante besaß in Wien eine Mode-Boutique. So war der kleine RUDI von Kindesbeinen an von Mode umgeben.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich änderte sich für RUDI GERNREICH sein gesamtes Leben. Aus Angst vor den Nazis verließ die Mutter (der Vater hatte sich das Leben genommen) zusammen mit dem 16-jährigen RUDI Österreich für immer und ging in die USA. In Los Angeles hielt die Mutter sich zunächst mit Brotbacken über Wasser, welches der kleine RUDI von Haustür zu Haustür verkaufte.

Doch das Interesse für Mode hielt bei RUDI GERNREICH auch in der Neuen Welt an.
Nach einem Kunststudium an der Los Angeles Art Center School schloss er sich einer Tanzschule an, für die er sowohl tanzte, als auch die Kostüme schneiderte. Ab 1951 zeichnete er Kleidung für den Wiener Immigranten Walter Bass und später für den Holocaust Überlebenden Renée Firestone in Los Angeles.

Rudi Gernreich 1951 -CC-Wikimedia Commons/ Jim Gruber

1960 gründete GERNREICH seine eigene Modemarke, die er in Los Angeles und New York verkaufte. Anders als seine Kollegen, verkaufte er aber auch an Modeketten, die Kleidung für wenig Geld verkauften. Er fand, dass gutes Design nicht teuer sein muss.

Bald machte sich RUDI GERNREICH nicht nur durch seine Mode einen Namen, sondern auch als Aktivist für eine freie Gesellschaft.
Er wollte ein modernes Design für eine moderne Gesellschaft des 20. Jahrhundert.
Dazu gehörten nicht nur seine Ansichten über gute Kleidung für Jedermann, sondern auch die Befreiung von allen Zwängen, die uns einschränken.
Basis ist der Körper des Menschen, der zur Geltung gebracht werden sollte.
Als bekennender Homosexueller gründete er 1950 zusammen mit seinem damaligen lover Harry Hay die Mattachine Society, eine Organisation, welche sich um die Rechte von Schwulen kümmerte. Da Homosexualität in den 50er Jahren in den USA noch verboten war, saß RUDI GERNREICH auch einige Zeit im Gefängnis.

Seinen internationalen Durchbruch jedoch feierte RUDI GERNREICH mit dem berühmten Monokini, den er für eine Story des Magazins LOOK über futuristisches Design zeichnete.

MONOKINI – Rudi Gernreich -CC- Museum Hasselt/ Wikimedia Commons

Wie RUDI GERNREICH später sagte, sollte sein Monokini nicht unbedingt Kleidung, sondern vielmehr ein politisches Statement gegen die gesellschaftliche Unterdrückung des Individuums sein.
Die Veröffentlichung des Monikini brachte große Kontroversen und Diskussionen. Da er schwul war, konnte ihm aber keiner Sexismus vorwerfen. Vielmehr nahm er damit schon die sexuelle Revolution, die 4 Jahre später unter den Jugendlichen in den USA und anderen westlichen Ländern ausbrach, vorweg.
Freie Liebe, freier Sex – der befreite Körper!
In den 70er Jahren erfand er den Unisex.
Und 1974 kreierte er die String-Badehose, gedacht für Männer, wie für Frauen. Die Idee dazu wäre ihm gekommen, als Los Angeles im selben Jahr die Nackt-Badestrände verboten hatte…
RUDI GERNREICH beeinflusste das Design vieler seiner Nachfolger, wie PACO RABANNE, BALENCIAGA oder ANDRÈ COURRÈGES. Er starb 1985 als einer der bekanntesten Designer des 20. Jahrhunderts in Los Angeles.
Das Museum of Modern Art in New York besitzt heute über 100 Kleidungsstücke von RUDI GERNREICH in seiner Sammlung.

POP KUDAMM, ph: Holger Jacobs

Ausstellung „Tutti Frutti – Oh Rudi“

Die Show präsentiert die einzige vollständige Sammlung von RUDI GERNREICHS Seidenschals, die ein Zeichen sind für sein großes Talent als außergewöhnlicher Designer von Farben, Formen und Mustern.

Über 15 Jahre haben die Sammler Paul Graves und Frank Wilde in allen Ecken der Welt nach den originalen Seidenschals von RUDI GERNREICH gesucht. Das Ergebnis ihrer Bemühungen ist jetzt in dieser Ausstellung am Kudamm zu sehen.

Der Ort der Ausstellung ist ebenfalls ungewöhnlich. Zehn über-und nebeneinander gestapelte silberfarbene Überseecontainer bilden die POP KUDAMM, eine Location für besondere Präsentationen.

Der Titel der Ausstellung „Tutti Frutti“ geht auf den gleichnamigen Song von LITTLE RICHARD zurück, in dessen Text er über eine spezielle Form des Sexualverkehrs spricht…

Die Ausstellung „Tutti Frutti…Oh Rudi“ wird im Rahmen der BERLIN DESIGN WEEK gezeigt

„Tutti Frutti …Oh Rudi“
Vom 12. – 29.05.2023
Mi – So 14 – 20 Uhr
Pop Kudamm
Kurfürstendamm 229
10719 Berlin

Bilderserie mit 5 Fotos der Ausstellung „Tutti Frutti…Oh Rudi“:

Rudi Gernreich „Tutti Frutti…Oh Rudi“, ph: Holger Jacobs

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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