Premiere von REPLAY in der Schaubühne Berlin
Von Holger Jacobs
Wertung: 🙂 🙂 🙂 (drei von fünf)
15.12.2024
Ein „Replay“, dass kein „Replay“ war
Es ist schon lange her, dass mich der Weg in die Schaubühne Berlin führte.
Die letzte Kritik, die ich über eine Inszenierung am Lehniner Platz schrieb, war noch vor der Corona-Pandemie: „Amphitryon“ in der Regie von Herbert Fritsch im Oktober 2019.
Als die Angst vor der Pandemie sich endlich verzogen hatte, fand ich in der Schaubühne nur noch Stücke, die mich nicht so sehr reizten, dass ich darüber berichten wollte.
Um so mehr freute ich mich nun endlich gestern Abend wieder zu diesem mir sehr geliebten Ort zurückzukehren.
Denn hier habe ich wunderbare Stunden verlebt.
Unvergessen die Premiere von „Richard III.“ am 7. Februar 2015 in der Regie von Intendant Thomas Ostermeier.
Und auch die Aufführung von „Fabian“ nach Erich Kästner 2015 in der Regie von PETER KLEINERT mit jungen Schülern der Ernst Busch Schauspielschule sind mir noch in sehr guter Erinnerung.
In den „Fabian“ bin ich, soweit ich mich erinnere, allein vier Mal gegangen – einschließlich der allerletzten Vorstellung.
Und natürlich „Dantons Tod“ von Georg Büchner im Jahre 2016, wieder in der Regie von PETER KLEINERT und wieder mit Schülern der Ernst Busch, einschließlich dem heutigen neuen Star am Schauspielhimmel: JONAS DASSLER.
Gerne würde ich wieder Aufführungen mit Studenten dieser Talentschmiede in der Schaubühne sehen.
Erst kürzlich berichtete ich von der Abschlussaufführung des Jahrgangs 2025 an der Ernst Busch.
Gerne auch wieder in der Regie von PETER KLEINERT.
Handlung „Replay“
Das Stück beginnt mit dem Auftritt der Schauspielerin EVA MECKBACH, die über den weiblichen Zyklus spricht und ihn in Verbindung bringt mit dem Zyklus des Menschen und dem Zyklus des Lebens.
Im anschließenden Bild sehen wir eine Familie in der DDR, Vater (RENATO SCHUCH) und Mutter (RUTH ROSENFELD) mit einer acht- (CAROLIN HAUPT) und einer zehn-jährigen Tochter (EVA MECKBACH).
Die Mutter lebt ganz für ihre Karriere als Opernsängerin.
Sie bekommt eines Tages ein Angebot die Brünhilde bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth zu singen.
Voller Tatendrang nimmt sie das Angebot an (in Ausnahmefällen durften DDR-Bürger ausreisen, aber nur, wenn ihre Familienmitglieder in der DDR blieben), bleibt aber nach der Opernsaison in der BRD und lebt fortan in München, ohne Kontakt zu ihrer früheren Familie in der DDR.
Sie hatte keinem von ihrer Entscheidung etwas erzählt, noch nicht einmal ihrem Ehemann.
Nur zwei Jahre später fällt die Mauer und die jüngere Tochter zieht zur Mutter nach München.
Die ältere will von ihrer Mutter aber nichts mehr wissen und geht später nach Paris.
Trotz der Entfernung bleiben aber alle vier in Kontakt.
Bei einem Wiedersehen in München flammen die alten Konflikte auf.
Die jüngere Tochter schnappt sich den Liebhaber (CHRISTOPH GAWENDA) der Mutter und heiratet ihn.
Die Ältere bleibt mit ihrem Trauma allein.
Kritik
Schon der Name der Autorin und Regisseurin von „Replay“, YAEL RONEN, hatte mich endlich mal wieder dazu bewogen in die Schaubühne zu gehen.
Ich kenne diese israelische Theaterautorin (1976 in Jerusalem geboren) noch gut aus ihrer Zeit als Hausregisseurin im Maxim Gorki Theater, welches sie aber 2019 zugunsten der Schaubühne verließ.
YAEL RONENS Werke am Gorki Theater, wie z.B. „EROTIC CRISES“ vom Oktober 2014, sind mir noch in guter Erinnerung geblieben.
Intendant THOMAS OSTERMEIER ist bekannt dafür, dass er ein gutes Händchen dafür hat, herausragende Künstler an sein Haus zu holen, bzw. von anderen Häusern abzuwerben.
So z.B. HERBERT FRITSCH von der ehemaligen Volksbühne aus FRANK CASTORFS Zeiten, als auch die US-amerikanische Schauspielerin RUTH ROSENFELD, die ich so häufig in der Volksbühne bewundern durfte.
Ganz besonders in „Ohne Titel – Nr. 1“ von HERBERT FRITSCH im Januar 2014, meine allererste Kritik für mein neugegründetes Kulturmagazin kultur24.berlin!
Auch wenn es in „Replay“ keine eindeutige Hauptrolle gibt, so ist doch RUTH ROSENFELD als Mutter die wichtigste Person in diesem Stück.
Die an der Hanns-Eisler Hochschule in Berlin ausgebildete Opernsängerin RUTH ROSENFELD ist natürlich prädestiniert für diese Rolle, besonders, wenn sie mal wieder voller Inbrunst eines ihrer Arien vor den Kindern zum Besten gibt.
Slapstick-hafte Einlagen mit eingeschlossen.
Daneben dürfen auch die beiden Töchter ihre Schauspielkunst beweisen.
Und die beiden Männer stehen ihnen in nichts nach.
Einzig die Story selber hinkt.
Ausgerechnet der sonst so handlungssicheren YAEL RONEN will es hier nicht gelingen, ihre Idee von dem immer wiederkehrenden Schicksal des Menschen schlüssig darzulegen.
Von Replay – Wiederholung keine Spur.
Und auch die Anspielung auf Erich Kästners Roman „Das Doppelte Lottchen“ von 1949 konnte ich nicht nachvollziehen.
Denn dort waren Zwillinge in zwei unterschiedlichen Welten aufgewachsen, ohne voneinander zu wissen und begegneten sich erst durch einen Zufall.
Hier aber wachsen beide Kinder in der DDR auf und ihre Wege trennen sich erst nach der Wende 1989. Wobei die beiden auch später immer genau wissen, wo sich die andere gerade aufhält.
Fazit: Leider bin ich trotz dem tollem Spiel der Darsteller etwas enttäuscht.
Ich hatte mehr erwartet.
„Replay“ von Yael Ronen
Uraufführung am 14.12.2024
Schaubühne am Lehniner Platz
Buch und Regie: Yard Ronen
Bühne: Magda Willi, Kostüme: Amit Epstein
Mit: Ruth Rosenfeld, Christoph Gawenda, Carolin Haupt, Eva Meckbach, Renato Schuch,
Bilderserie mit 5 Fotos der Aufführung:
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and videographer.