Fabian von Erich Kästner an der Schaubühne Berlin
von Holger Jacobs (Text und Fotos)
26.1.2015.
Wertung: 🙂 🙂 🙂 🙂 (vier von 5 möglichen)
„FABIAN – Der Gang vor die Hunde“ – eine Bühnenfassung des bekannten Romans von Erich Kästner an der Schaubühne Berlin.
Premiere war am 24.Januar 2015.
Als Erich Kästner seinen Roman „Fabian“ 1931 herausbringen wollte, verlangte die damalige Deutsche Verlags-Anstalt verschiedene Streichungen (er war ihnen sexuell zu sehr aufgeladen) und selbst der Untertitel „Der Gang vor die Hunde“ wurde entfernt. Dabei hatte Kästner ganz bewusst auf die Endzeit-Stimmung der Weimarer Republik kurz vor der Machtergreifung Hitlers hinweisen wollen. Erst 2013 erschien die ungekürzte Romanfassung mit dem richtigen Untertitel im Atrium Verlag.
Worum geht es?
Der Germanist Dr. Jakob Fabian (gespielt von Timocin Ziegler) arbeitet in den 20-er Jahren in Berlin als Werbetexter und hält sich mehr schlecht als recht über Wasser. Dafür genießt er umso mehr das ausschweifende Nachtleben Berlins in zweifelhaften Etablissements mit all seinen Kuriositäten, erotischen Begegnungen und wechselnden Bekanntschaften. Er spürt sehr wohl das Unmoralische in dieser Halbwelt, kann sich aber nicht von ihr lösen. Sein Freund Stephan LaBude (Tim Riedel) glaubt noch an das Gute im Menschen, wird jedoch umso mehr enttäuscht, als seine Doktor-Arbeit nicht anerkannt wird (was sich später als schlechter Scherz des Assistenten seines Doktor-Vaters herausstellt). Er nimmt sich kurze Zeit später das Leben. Fabian lernt auf einer Party Cornelia Battenberg (gespielt von Llewellyn Reichmann) kennen und verliebt sich in sie. Mit ihr versucht er eine dauerhafte Bindung einzugehen. Doch diese lässt sich auf eine Affäre mit einem Filmdirektor ein, weil der ihr Versprechungen für eine Filmrolle macht. Zu guter letzt wird er auch noch aus seiner Firma entlassen. Am Ende des Romans verlässt Fabian schließlich Berlin, um nach Dresden, seiner Heimatstadt, zurückzukehren. Dort stirbt er bei dem Versuch ein Kind vor dem Ertrinken zu retten, weil er selbst gar nicht schwimmen kann…
Der Regisseur Peter Kleinert machte aus der Romanvorlage eine spannende Bühnenfassung mit jungen Schülern der Ernst Busch Schauspielschule. Dies war sicher eine gute Wahl, merkt man ihnen doch ihre Spielfreude in jeder Szene an. Sie sprühen förmlich vor Energie und können damit das Gefühl und die Stimmung des Romans wunderbar zum Ausdruck bringen. Gerade die beiden Haupt-Protagonisten, Timocin Ziegler als Fabian und Llewellyn (sprich elle-lyn) Reichman sind hervorragend besetzt, die anderen fünf stehen ihnen aber in nichts nach. Kaum eine andere Inszenierung an einem Berliner Theater bringt zurzeit so gut den Sprit von Berlin auf die Bühne, wie diese Inszenierung. Man gewinnt den Eindruck, dass sich Berlin, was seine Vergnügungssucht anbelangt, in 70 Jahren kein bisschen verändert hat. Und dass die Jugendlichen damals dieselben Probleme hatten wie heute.
In den weiteren Rollen: Tim Riedel, Janine Meißner, Stella Hinrichs, Gregor Schulz, Florian Donath. Die nächsten Spieldaten seht ihr auf:
http://www.schaubuehne.de/de/spielplan/index.html
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.