Julia Banholzer, Staatliche Ballettschule Berlin, Photo Holger Jacobs

Ballett Gala zum 70. Geburtstag der Staatlichen Ballettschule Berlin

Julia Banholzer, Staatliche Ballettschule Berlin, Photo: Holger Jacobs

Ballett Gala zum 70. Geburtstag der Staatlichen Ballettschule Berlin

 

Von Holger Jacobs

Holger Jacobs

22.01.2022

Wertung: 🙂 🙂 🙂 🙂 (vier von fünf)

English text

In einer großen Gala in der Staatsoper feierte die Staatliche Ballettschule Berlin ihren 70. Geburtstag

Die Staatliche Ballettschule Berlin konnte sich keinen besseren Ort für ihre Geburtstagsfeier aussuchen:
Von der Bühne der Staatsoper Unter den Linden leuchteten am Freitag Abend mehr als als 50 Augenpaare von Kindern und Jugendlichen zwischen 9 und 18 Jahren auf 1380 erwartungsvolle Zuschauer.

Ballett Gala zu Ehren von 70 Jahren Staatliche Ballettschule Berlin, Photo: Holger Jacobs

Geschichte

Die Berliner Ballettschule wurde im Jahre 1951 von der früheren DDR gegründet, damals noch unter dem Namen „Fachschule für künstlerischen Tanz“, in der Niederlagstr. 3 in Berlin-Mitte.
Die Gründung wurde durch die bekannte Tänzerin für Ausdruckstanz, Gret Palucca (*1902) angeregt, die ab 1924 selber eine Tanz-Schule in Dresden geführt hatte.
Ab 1969 zog die Ballettschule in die Erich-Weinert-Straße am Prenzlauer Berg, wo sie sich heute noch befindet.

Nach der Wende wurde das Land Berlin Träger der Schule und die bisher separat existierende Artistenschule und die Ballettschule wurden zusammengeführt. Da sich die Schule immer größerer Beliebtheit erfreute und immer mehr Schüler kamen, wurde im Jahre 2002 vom Berliner Senat beschlossen, den gesamten Häuserkomplex zu erneuern.
Das Architektenbüro von Gerkan Marg & Partner (Hauptbahnhof Berlin, Flughafen Tegel, Flughafen BER) bekam den Zuschlag für den Umbau der Schulgebäude und für die Neubauten der Ballettsäle und des Internats, sowie für einen Campus mit Grün- und Freiflächen.

Die heutige Staatliche Ballettschule bietet einen 9-jährigen Lehrgang ab der 5. Klasse mit gleichzeitiger Schulausbildung bis zum Abitur an.
Zurzeit werden 280 Schüler aus 28 Nationen von ca. 20 Lehrerinnen und Lehrern betreut, darunter auch von der Primaballerina des Staatsballetts, Polina Semionova.

Im Jahre 2020 erschütterte ein Skandal die Schule, als mehrere Lehrer*innen dem damaligen Schulleiter und dem Leiter des Landesjugendballetts Machtmissbrauch gegenüber ihren Schülerinnen und Schülern wegen übertriebener Härte und Strenge in der Ausbildung vorwarfen. Die Beschuldigten wurden daraufhin entlassen, obwohl ihre Schuld nie bewiesen werden konnte. Ein Gericht sprach sie später von jeglicher Schuld frei, die Entlassungen mussten rückgängig gemacht werden. Eine endgültige Aufarbeitung dieser Fälle ist aber leider bis heute durch die Berliner Senatsverwaltung nicht erfolgt.

Staatliche Ballettschule Berlin in Prenzlauer Berg, CC Wikimedia Commons

Die Ballett Gala zum 70. Geburtstag

Trotz der Corona-Pandemie saßen in der Staatsoper am Freitag Abend dicht gedrängt Familien, Freunde und Verwandte der Tänzerinnen und Tänzern, die sich auf der Bühne alle Mühe gaben, dem Publikum ihr Können zu präsentieren.

Moderiert von der Schauspielerin Nadine Heidenreich, wurden sechs verschiedene Choreographien gezeigt, vom Klassischen Ballett bis in die Moderne.

Den Auftakt machten 35 noch sehr junge Schülerinnen und Schüler des 2. – 5. Ausbildungsjahres mit der Choreographie „Dance, Dance, Dance“ von Giorgio Madia mit der Musik von Benny Goodman „Sing, Sing, Sing“. Moderne Musik aber in klassischen Kostümen und mit klassischen Tanz.

„Dance, Dance, Dance“, Ballettschule Berlin, 2. – 5. Jahrgang © Staatliche Ballettschule Berlin

Der zweite Auftritt zeigte das Pas de deux der berühmten Balkonszene aus „Romeo und Julia“ von Serge Prokofiew (Uraufführung 1938) mit den ehemaligen Studierenden der Ballettschule Elisabeth Tonev (heute beim Dutch National Ballet) und Victor Caixeta (heute Solist beim Mariinsky Theater in St. Petersburg) – allerdings ohne Balkon. Der war wohl auf die Schnelle nicht aufzutreiben gewesen…

Noch klassischer wurde es im dritten Teil mit der Choreographie „Paquita“ von Marius Petipa aus dem Jahr 1881 mit 20 Tänzer*innen der älteren Jahrgangsstufen.


Der zweite Teil brachte nach der Pause die Höhepunkte des Abends:

Zunächst zeigte der zukünftige Intendant des Staatsballetts Berlin (ab Saison 2023/ 2024), CHRISTIAN SPUCK, seine Choreographie „Nocturne“ mit zwei Solo-Tänzern aus seinem bisherigen Züricher Ballett-Ensemble, Katja Wünsche und Chen Aitchison-Dugas (siehe Bilderserie weiter unten).
Dabei zeigte sich, dass Christian Spuck der richtige Mann für die Zukunft des Berliner Staatsballetts sein könnte:
Zwar kam die Musik mit der „Nocturne“op 55 Nr.1 von Frederic Chopin noch aus dem vorletzten Jahrhundert, Tanz, Choreographie und Kostümauswahl entsprachen aber unserer Zeit.
Somit die perfekte Symbiose aus Klassik und Moderne!
Genauso, wie es das Staatsballett Berlin gerade in jüngster Vergangenheit gezeigt hat: vom Klassiker „LA BAYADÈRE“ (mit Polina Semionova) bis zum Modern Dance von „HALF LIFE“ (1,2 Millionen Views unseres Videos bei Youtube) der israelischen Choreographin Sharon Eyal.

Richtig „Hip“ wurde es dann im fünften Teil mit der Musik der französischen Elektro-Band Daft Punk und der Choreographie „Better, Faster, Stronger“ von Giorgio Madia, wobei laut seiner Aussage die Jugendlichen viel eigene Improvisation mit einfließen lassen konnten.

Auch der sechste Teil war eine Mischung aus verschiedenen Stilrichtungen: Primaballerina POLINA SEMIONOVA, noch am Nachmittag bei den Proben zu „Dornröschen“, der nächsten Premiere des Staatsballetts am 13. Mai 2022, ist wahrhaftig auf allen Ebenen und in allen Stilrichtungen des Balletts zu Hause. An diesem Abend zeigte sie einen Solo Part der Choreographie „Cinque“ von Mauro Bignonzetti (*1960), welchen sie bereits bei der Staatsballett Gala „FROM BERLIN WITH LOVE“ am 27. August 2020 in der Deutschen Oper gezeigt hatte.

Ehrengast Polina Semionova mit „Cinque“, Photo: Holger Jacobs


Doch der Höhepunkt kam, wie sollte es anders sein, zum Schluss.

Unter dem Titel „ABOUT US“ wurden neun mehr oder weniger kurze Choreographien von Kelvin O. Hardy, einem der Lehrer der Ballettschule, mit Schülern der 4. bis 9. Ausbildungsjahre präsentiert.
In immer wieder wechselnden Konstellationen, mit Musik aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, von Peter Gabriel, Linkin’ Park bis Steve Reich, in hautengen Bodysuits, sprangen, liefen, rollten und tanzten 30 Energiebündel über die Bühne der Staatsoper.
Ein absoluter Eye-Catcher, dem ich noch stundenlang hätte zusehen können.

Fazit: Die Staatliche Ballettschule Berlin verdient unbedingt mehr Aufmerksamkeit beim Berliner Publikum. Es sollten häufiger Aufführungen von Ihnen auf den großen Bühnen der Stadt stattfinden. Ein neuer Kooperationsvertrag mit dem Staatsballett Berlin seit dem letzten Jahr wird hier vielleicht etwas in Bewegung bringen.
Mehr davon!

Staatliche Ballettschule Berlin und Schule für Artistik
Erich-Weinert-Straße 103
10409 Berlin

Bilderserie mit 10 Fotos des Abends:

„ABOUT US“ von Kelvin Hardy, vorne v.l.n.r. Ana Goncalves, Lucia Corcoles, Rashmi Torres, Ané Bierman, Staatliche Ballettschule Berlin, Photo: Holger Jacobs

English text

 

Ballet Gala for the 70th birthday of the Berlin State Ballet School

 

By Holger Jacobs

Holger Jacobs
01/22/2022

Rating: 🙂 🙂 🙂 🙂 (four out of five)

The Berlin State Ballet School celebrated its 70th birthday in a grand Gala at the State Opera

The Berlin State Ballet School could not have chosen a better place for its birthday party:
On Friday evening, more than 50 brilliant pairs of eyes of young dancers between the ages of 9 and 18 looked from the stage of the Staatsoper Unter den Linden to hundreds of expectant spectators in the audience.

Staatliche Ballettschule Berlin, Photo Holger Jacobs

Ballett Gala zu Ehren von 70 Jahren Staatliche Ballettschule Berlin, Photo: Holger Jacobs

 

History

The Berlin Ballet School was founded in 1951 by the former GDR (East-Germany), at that time still under the name „School for Artistic Dance“, at Niederlagstr. 3 in East-Berlin.
The foundation was inspired by the well-known dancer for expressive dance, Gret Palucca (*1902), who herself had run a dance school in Dresden in 1924.
From the year 1969 the Ballet School moved to Erich-Weinert-Straße in Prenzlauer Berg, where it is still located today.
After the reunification of East- and West-Germany, the state of Berlin became the school’s sponsor and the previously separated Artist School and Ballet School were merged.
As the school became more and more popular and took in more and more students, it was decided in 2002 to renovate the entire building complex.
The architectural office of Von Gerkan Marg & Partner (built also the Berlin Central Station, Tegel Airport ans BER Airport) was awarded the contract for the conversion of the school building and the new ballet halls and the boarding school, as well as a campus with green and open spaces.
Today’s State Ballet School offers a 9-year course from the 5th grade with simultaneous school education up to the Abitur.
Currently, 280 students from 28 nations are being taught by around 20 teachers, including the state ballet’s prima ballerina, Polina Semionova.

In 2020, a scandal shook the school when several teachers accused the headmaster of the school and the head of the Landesjugendballett of abusing their students because of excessive harshness and strictness in their training. The accused were then released, but their misbehavior could never be proven. A court later acquitted her of any guilt, and the dismissals had to be reversed. Unfortunately, the Berlin Senate Administration has not yet carried out a final investigation of these cases.

Staatliche Ballettschule Berlin in Prenzlauer Berg, CC Wikimedia Commons

 

The Ballet Gala

Despite the corona pandemic, families, friends and relatives of the dancers, who made every effort on stage to present their skills to the audience, sat tightly packed in the State Opera on Friday evening.

Moderated by the actress Nadine Heidenreich, six different choreographies were shown, from classical ballet to modern.

35 still very young students from the 2nd to 5th year of training started with the choreography „Dance, Dance, Dance“ by Giorgio Madia with the music by Benny Goodman „Sing, Sing, Sing“. Modern music but in classical costumes and with classical dance.

„Dance, Dance, Dance“, Ballettschule Berlin, 2. – 5. Jahrgang © Staatliche Ballettschule Berlin

The second performance showed the Pas de Deux of the famous balcony scene from „Romeo and Juliet“ by Serge Prokofiev (premiered in 1938) with the former students of the Ballet School Elisabeth Tonev (today in the Dutch National Ballet) and Victor Caixeta (today a soloist with the Mariinsky Theater in St . Petersburg) – but without a balcony. It probably couldn’t be found so quickly…

It got even more classic in the third part with the choreography “Paquita” by Marius Petipa from 1881 with 20 older dancers.

The second part of the evening brought the highlights after the break:

First, the future director of the Berlin State Ballet (from the 2023/2024 season), CHRISTIAN SPUCK, showed his choreography „Nocturne“ with two solo dancers from his previous Zurich ballet ensemble, Katja Wünsche and Chen Aitchison-Dugas.
It seems that Christian Spuck could be the right man for the future of the Berlin State Ballet:
Even if the music „Nocturne“ op 55 No.1 by Frederic Chopin came from the before last century, the dance, choreography and choice of costumes corresponded to ours time (see series of images below). In that way it’s the perfect symbiosis of classic and modern!
Just as the Staatsballett Berlin has recently shown: from the classic „LA BAYADÈRE“ (with Polina Semionova) to the modern dance of „HALF LIFE“ (1.2 million views of our video on YouTube) by the Israeli choreographer Sharon Eyal.

It got really „hip“ in the fifth part with the music of the French electro band Daft Punk and the choreography „Better, Faster, Stronger“ by Giorgio Madia, whereby, according to his statement, the young people were able to incorporate a lot of their own improvisation.

The sixth part was also a mixture of different styles:
prima ballerina Polina Semionova, who came right from her rehearsal of „Sleeping Beauty“ (the next premiere of the State Ballet on May 13, 2022), is truly at home on all levels and in all styles of ballet.
On this evening she showed a solo part of the choreography „Cinque“ by Mauro Bignonzetti (*1960), which she had already shown at the Staatsballett Gala „FROM BERLIN WITH LOVE“ on August 27, 2020 in the Deutsche Oper.

Staatliche Ballettschule Berlin, Photo Holger Jacobs

Ehrengast Polina Semionova mit „Cinque“, Photo: Holger Jacobs

But the best part came, how could it be otherwise, at the end.
Under the title „ABOUT US“, nine more or less short choreographies were presented by Kelvin O. Hardy, one of the teachers at the ballet school, with students from the 4th to 9th years of training.
In constantly changing constellations, with music from the second half of the 20th century, like Peter Gabriel, Linkin‘ Park or Steve Reich, in skin-tight bodysuits, 30 bundles of energy jumped, ran, rolled and danced across the stage of the State Opera.
An absolute eye-catcher that I could have watched for hours.

Conclusion: The Berlin State Ballet School definitely deserves more attention from the Berlin public.
There should be more performances of the students of the Ballet School on the big stages of the city.
A new cooperation agreement with the Staatsballett and the Ballet School last year will perhaps set something in motion here.
More of that!

Berlin State Ballet School and Artistic School
Erich-Weinert-Strasse
10310409 Berlin

Photo series with 10 photos of the evening:

Staatliche Ballettschule Berlin, Photo Holger Jacobs

„ABOUT US“ von Kelvin Hardy, left to right first raw: Ana Goncalves, Lucia Corcoles, Rashmi Torres, Ané Bierman, Staatliche Ballettschule Berlin, Photo: Holger Jacobs

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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