Cosi Fan Tutte an der Deutschen Oper Berlin

Cosi Fan Tutte - Deutsche Oper Berlin Foto: Holger Jacobs

Cosi Fan Tutte an der Deutschen Oper Berlin

 

Von Holger Jacobs

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26.09.2016

🙂 🙂 🙂 🙂 (vier von fünf)

Liebe Opernfreunde,

Intro

die erste Oper einer neuen Spielzeit ist immer etwas Besonderes. Eine bis auf den letzten Platz besetzte Deutsche Oper wartete Sonntag Abend gespannt auf die ersten Klänge der frivolsten Oper von Wolfgang Amadeus Mozart.

Inhalt

Im Neapel des 18. Jahrhunderts haben sich die beiden Offiziere Ferrando und Guglielmo mit den hübschen Schwestern Dorabella und Fiordiligi verlobt. Dabei rühmen sie sich deren unbedingte Liebe und Treue. Doch der Adlige Don Alfonso hört die beiden und äußert seine Skepsis: Frauen könnten nie treu sein!

Als die beiden Verliebten vehement protestieren, schlägt ihnen Don Alfonso eine Wette vor: Wenn er beweisen könne, dass die beiden Damen ihre Treue brächen, würde er 1000 Dukaten von ihnen bekommen. Im anderen Fall würde er den beiden die gleiche Summe schulden. Völlig von der Liebe ihrer Angebeteten überzeugt, gehen die jungen Offiziere darauf ein.

Don Alonso hat einen Plan: den Schwestern wird vorgegaukelt die Offiziere mĂĽssten in den Krieg ziehen. Kaum sind sie weg, schleichen sich die beiden Offiziere als ausländische Adlige verkleidet mit Hilfe des Hausmädchens Despina in die Gemächer der Schwestern und beginnen mit aller Kunst der VerfĂĽhrung die hĂĽbschen Damen fĂĽr sich zu gewinnen – dieses Mal allerdings umschwärmen sie die jeweils andere…

Es kommt wie es kommen muss (oder wie es sich der Librettist Lorenzo da Ponte ausgedacht hat), mit List und Tücke (und dabei wird nicht vor angedrohtem Selbstmord halt gemacht) schaffen es die heißblütigen Latin Lovers, ihre Angeschmachteten für sich zu gewinnen. Kurz bevor schon die Ehen (mit den eigentlich falschen Partnern) geschlossen werden sollen, wird der Schwindel durch Don Alfonso aufgeklärt – und Peinlichkeit und Entsetzen überkommt die beiden Frauen. Doch auch die Männer haben nicht gut Lachen, denn schließlich haben sie verloren und die Kenntnis gewonnen, dass sie sich der Treue ihrer Frauen nie sicher sein können. Am Ende bleibt jeder bei seinem ursprünglichen Partner und versucht dennoch positiv in die Zukunft zu sehen.

Kritik

Als die Oper 1790 uraufgeführt wurde, war der Text wegen der unmoralischen Verhaltensweise seiner Protagonisten nicht unumstritten. So freizügig über die Moral der Menschen, hier der Frauen, zu schreiben, schien vielen zu weit zu gehen. So kam es, dass in manchen Aufführungen gänzlich andere Libretti unterlegt wurden. Erst im 20. Jahrhundert wurde es als einer der Meisterwerke Mozarts in seiner ursprünglichen Form anerkannt. Die Tatsache, dass Menschen, egal ob männlichen oder weiblichen Geschlechts, unter gewissen Umständen fremd gehen, ist eben nicht zu bestreiten – heute wie gestern.

Auch der 36-jährige Regisseur Robert Borgmann (Ernst Busch Schauspielschule in Berlin) glaubt, dass sich bestimmte Verhaltensmuster der Menschen nie ändern werden. Dass Liebesgefühle schwanken und sich neu entzünden können. Deshalb kreierte Borgmann (Regie und Bühne) ein betont zeitloses Bühnenbild. So gibt es viele sich spiegelnde Flächen, eine Ölförderanlage, ein durchgeschnittenes Cembalo und große drapierte Stoffbahnen, die sich auf einer unentwegt rotierenden Drehbühne befinden. Für die Kostüme holte er sich den gleichaltrigen Berliner Modedesigner Michael Sontag (Kunsthochschule Weissensee), der eine breite Couture-Palette von elegant über poppig bis sexy Domina erfand. Besonders gefiel mir eine lange Abendrobe in einem Nude Ton mit Tausenden von glitzernden Steinen besetzt, getragen von Despina im zweiten Akt. Aber auch der hautenge Catsuit aus schwarzen Lack, ebenfalls getragen von Despina, war ein Hingucker! Und Sängerin Alexandra Hutton hatte die Figur dazu. Ein Paukenschlag kommt am Schluss, wenn im letzten Aufzug alle Beteiligten (außer den beiden Offizieren) in zeitgenössische Strassenkleidung wechseln – ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass die Thematik heute so aktuell ist wie damals.

Die Ausrichtung der Regie klar: bunt-fröhlich, jung (ein übergroßes „Youth“ Zeichen erscheint während der Overtüre) und bitte alles nicht zu ernst nehmen, auch wenn es ein durchaus ernstes Thema ist. Doch Mozart wollte Spass haben und Robert Borgmann liefert.

Spass machen auch die Sängerinnen und Sänger. Besonders hat mir Nicole Car in der Rolle der Fiordiligi gefallen. Sie sang die gleiche Partitur bereits im Opernhaus in Sydney 2015. Nicole Car hat eine ausgereifte Stimme mit wunderschönem Klang. Ihre Arie am Ende es ersten Aktes ist einfach herrlich anzuhören und musikalisch für mich der Höhepunkt des Abends. Und Dirigent Donald Runnicles hatte alles im Griff (Takt), alle Einsätze stimmten, selbst wenn mal ein (für ihn nicht sichtbarer) Sänger hinter ihm im Zuschauerraum seine Arie zum Besten gab. Großer Applaus am Schluss. Als Teaser findet Ihr ein kleines Video auf kultur24.berlinTV

Eine ungewöhnliche Inszenierung, die im wahrsten Sinne des Wortes Spass macht und eine Empfehlung ist für jeden Liebhaber schöner Melodien, schöner Frauen und kleiner Frivolitäten.

Deutsche Oper Berlin
BismarckstraĂźe 35
10627 Berlin

Fiordiligi – Nicole Car
Ferrando – Paolo Fanale
Dorabella – Stephanie Lauricella
Don Alfonso – Noel Bouley
Despina – Alexandra Hutton
Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Inszenierung: Robert Borgmann
Nächste Vorstellungen: 28. September, 1., 9., 11. und 14. Oktober 2016

1. Akt, "Cosi Fan Tutte", Don Alfonso (Noel Bouley) wettet mit Ferrando (Paolo Fanale) und Guglielmo (John Ehest), dass Frauen nicht treu sein können, Deutsche Oper 2016 Foto: Holger Jacobs

40 Fotos: 1. Akt, „Cosi Fan Tutte“, Don Alfonso (Noel Bouley) wettet mit Ferrando (Paolo Fanale) und Guglielmo (John Ehest), dass Frauen nicht treu sein können, Deutsche Oper 2016 Foto: Holger Jacobs

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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