Die Blume von Hawaii in der Komischen Oper Berlin
Von Holger Jacobs
21.12.2021
Wertung: 🙂 🙂 🙂 🙂 (vier von fünf)
Zum Jahresausklang noch einmal ein Höhepunkt in der Berliner Kulturlandschaft
Als Intendant Barrie Kosky zum großen Schlussapplaus am Sonntagabend auf die Bühne trat wurde es emotional: Er wies daraufhin, dass „Die Blume von Hawaii“ nun seine letzte Weihnachtsoperette sein werde, die er in der Komischen Oper auf die Bühne bringt. Denn am Ende dieser Saison, im Juli 2022, wird endgültig Schluss sein mit seiner Intendanz an diesem Hause.
Barrie Kosky erzählt, wie er nacheinander 10 Operetten jeweils zum Ende eines Jahres entweder selbst inszenierte oder inszenieren ließ, um dem Publikum diese Musiktheaterform näher zu bringen. Ein ganz besonderes Augenmerk legte er dabei auf die jüdischen Komponisten, die in den 20er und 30er Jahren in Berlin tätig waren und hier große Erfolge feierten, wie Emmerich Kalman, Erich Wolfgang Korngold, Paul Abraham.
Als die Nazis ab 1933 allen jüdischen Musikern Auftrittsverbote erteilten, war es für diese begabten Künstler meistens für immer vorbei.
Ein paar jüdische Komponisten versuchten nach Hollywood zu gehen, wie Max Steiner, Franz Waxman, Erich Zeisl und Miklós Rózsa, um Filmmusik zu schreiben, doch nur wenige konnten an ihre früheren Erfolge anknüpfen. Der große Durchbruch, wie ihn Hans Zimmer (Oscar für die Filmmusik von „Der König der Löwen“) erleben durfte, blieben die Ausnahme.
Hier möchte ich auf das lesenswerte Buch des berühmten Geigers Daniel Hope hinweisen, der über die jüdischen Emigranten in Hollywood recherchiert hat: „Sounds of Hollywood. Wie Emigranten aus Europa die amerikanische Filmmusik erfanden“, Daniel Hope, Rowohlt Verlag.
Ganz schlimm traf es Paul Abraham, dessen konzertante Operette „Die Blume von Hawaii“ nun in der Komischen Oper zu hören ist:
Nachdem er 1930 von Wien nach Berlin gegangen war, wurde er in der deutschen Hauptstadt zunächst zum gefragtesten Komponisten seiner Zeit.
Seine musikalischen Bühnenstücke wie „Viktoria und ihr Husar“, „Ball im Savoy“ und eben „Blume von Hawaii“ waren die Hits auf den Berliner Bühnen. Mit seinen modernen Kompositionen, die viele Elemente des gerade in den USA neu aufgekommenen JAZZ miteinbezog (hört und seht dazu auch das Video mit einem Song der Berliner Aufführung), galt er als Erneuerer des in die Jahre gekommen Genres der Operette.
Paul Abraham ging nach der Machergreifung Hitlers 1933 zunächst zurück nach Wien und Budapest, doch als auch dort die Nazis einmarschierten, floh er über Paris und Kuba nach New York. Dort wollte aber keiner seine Musik hören. Nach kurzer Zeit wurde er Nervenkrank und landete in einer Nervenheilanstalt auf Long Island.
1956 wurde er in die Psychiatrie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf überwiesen. Vier Jahre später war er tot.
Es ist wohl Barrie Kosky zu verdanken, der Paul Abraham aus der Vergessenheit geholt hat. Seitdem die Operette „Ball im Savoy“ in der Komischen Oper im Jahre 2013 erfolgreich auf die Bühne kam, werden jetzt auch in anderen deutschen Theatern wieder Stücke von Abraham gespielt.
Die Blume von Hawaii
Uraufgeführt am 24. Juli 1931 im Neuen Theater in Leipzig, ist „Die Blume von Hawaii“ eine erfundene Erzählung (Libretto von Alfred Grünwald) über die wahre Geschichte der letzten Königin von Hawaii, Liliʻuokalani (siehe Photo).
Seit Mitte des 19. Jahrhundert wurde Hawaii immer mehr durch amerikanische Großgrundbesitzer kolonialisiert und die einheimische Bevölkerung zurückgedrängt. 1898 wurde Hawaii schließlich durch einen Putsch offiziell von den USA annektiert. Königin Liliʻuokalani musste abdanken.
1959 wurde Hawaii zum 50. US-amerikanischen Staat deklariert.
Paul Abraham nahm diese eigentlich traurige Geschichte zum Vorwand, daraus aber eine heitere und vergnügliche zu machen, die sich hauptsächlich auf das süße Leben im palmenreichen Pazifik-Staat bezieht, wo es immer warm ist und das ganze Jahr die Sonne scheint.
Inhalt
Ende des 19. Jahrhunderts besetzen die USA die südpazifische Inselgruppe Hawaii. Die Hawaiianische Prinzessin Laya lebt im Exil in Paris, soll aber zurückkommen, um den Hawaiianischen Prinzen Lilo-Taro zu heiraten. Der US-Gouverneur sieht darin allerdings eine Verschwörung und hat deshalb die Idee seine Nichte Bessie mit Lilo-Taro zu verheiraten. Beim traditionellen Blumenfest soll Prinzessin Laya zur „Blume von Hawaii“ gekürt werden, was Gouverneur Harrison unbedingt verhindern will. Als Laya mit dem Schiff aus Frankreich eintrifft, wird sie sofort verhaftet.
Doch der Schiffskapitän Stone hat sich während der Überfahrt in Prinzessin Laya verliebt und hilft ihr. Und auch Prinz Lilo-Taro hat sein Herz an die schöne Laya verloren und will sich das Leben nehmen, sollte er sie nicht zur Frau bekommen. Zum Schluss macht die Operette einen Sprung und landet mit allen Beteiligten im Spielerparadies Monte Carlo. Lilo-Taro hat seine Prinzessin bekommen und Kapitän Stone vergnügt sich mit der Tänzerin Susanne Provence.
Hier könnt Ihr ein wenig in die Musik von „Die Blume von Hawaii“ reinhören:
Kritik
Zwar ist die Operette „Die Blume von Hawaii“ nur konzertant zu sehen, also ohne Bühnenbild und szenischen Veränderungen von Akt zu Akt.
Doch das wichtigste, die Musik, ist zu hören. Und die ist ganz wunderbar (seht/ hört dazu auch das Video).
So befindet sich das gesamte Orchester auf der hinteren Bühne und vor ihr sitzen, stehen oder tanzen die Sänger/ Darsteller in den schönsten Kostümen und geben ihr Bestes (ganz besonders Jörn-Feix Alt als Joker Jim, perfekt in Tanz und Gesang), so dass auch diese Aufführung zu einem großen Erfolg wird.
Moderiert wird der Abend durch die Conférencier/ Conférencieuse Andreja Schneider (seht dazu auch die Bilderserie am Ende).
Begeisterter Beifall und viele Bravorufe, erst recht, als Barrie Kosky „himself“ auf die Bühne tritt (siehe oben).
Ein schöner Ausklang eines ereignisreichen Kulturjahres, indem ab der zweiten Jahreshälfte alle Kulturinstitutionen trotz der Corona-Pandemie wieder öffnen durften.
Ob wir im kommenden Jahr abermals einen Lockdown erwarten müssen? Hoffentlich nicht!
„Die Blume von Hawaii“ von Paul Abraham
Komische Oper Berlin
Konzertante Premiere war am 19. Dez. 2021.
Musikalische Leitung: Koen Schoots, szenische Einstudierung: Esteban Munoz
Kostüme: Katrin Kath-Bösel, Dramaturgie: Maximilian Hagemeyer
Mit: Alma Sadé (Prinzessin Laya/ Susanne Provence), Tansel Akzeybek (Prinz Lilo-Taro), Johannes Dunz (Kapitän Stone), Jörn-Felix Alt (Joker Jim), Josefine Mindus (Raka), Mirka Wagner (Bessie), Julian Habermann (Buffy), Andreja Schneider (Kanako Hilo), Kakao Hilo/ Conférencier/ Conférencieuse: Andreja Schneider
Es spielt das Orchester der Komischen Oper
Tickets hier
Bilderserie mit 7 Photos der Produktion:
Author: Holger Jacobs
Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.