Eldorado Berlin

ELDORADO KADEWE im Deutschen Fernsehen

Eldorado Berlin @ ARD/ Degeto/ Constantin Film, UFA, Photo: Dávid Lukács

ELDORADO KADEWE im Deutschen Fernsehen

 

Von Holger Jacobs

Holger Jacobs

28.12.2021

Ein sechsteiliges Erotik-Drama am Montagabend auf ARD

Für TV-Serien zu Weihnachten gibt es es eine lange Tradition im Deutschen Fernsehen. Mit der Idee, dass in der Zeit zwischen Weihnachten und dem Jahreswechsel viele Menschen zu Hause sind und deshalb gerne die langen Abende vor dem TV verbringen, brachte das ZDF speziell in den 60er und 70er Jahren große Produktionen, wie „Die Schatzinsel (1966) oder „Der Seewolf“ (1971) heraus.

Und jetzt „ELDORADO KADEWE“, 6 Teile zu je 45 Minuten, allerdings alle an einem einzigen Abend, was bedeutete, dass die Zuschauer ganze 4 Stunden vor der Glotze verweilen mussten, um das Finale nicht zu verpassen. Von den anfänglich 3 Millionen Zuschauern (bei den Quoten bedeutete das Platz zwei hinter der ZDF-Krimiserie „Mord in der Familie“ mit 5 Millionen Zuschauern) blieben am Ende nur noch die Hälfte übrig. Aber immerhin.

In der Serie „ELDORADO KADEWE“ geht es um die wilden 20er Jahre in Berlin mit viel Zeit-Kolorit und sexuellen Ausschweifungen vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise und dem Aufkommen des Nationalsozialismus.

Damit erinnert diese Serie natürlich sehr an den Mehrteiler „BABYLON BERLIN“, von 2017, der zunächst auf dem Privatsender SKY und dann ein Jahr später auf ARD ausgestrahlt wurde. Er war so erfolgreich, dass bisher schon 28 Episoden (je 45 Minuten) in drei Staffeln gedreht wurden, die vierte Staffel wurde Anfang 2021 produziert und soll im zweiten Halbjahr 2022 ausgestrahlt werden.

Kaufhaus des Westens, 1907 -cc- Landesarchiv Berlin

Das Kaufhaus des Westens

Das KaDeWe, zusammen mit der Bar ELDORADO titelgebend für die TV-Serie, ist heute wohl das bekannteste Warenhaus in ganz Deutschland und zählt mit 60.000 qm Verkaufsfläche zu den größten in Europa. Seine wechselvolle Geschichte spiegelt auch die Geschichte unseres Landes wieder.
Zur Blüte der Kaiserzeit von dem jüdisch-stämmigen Textilkaufmann Adolf Jandorf 1907 eröffnet, zeugte es vom Wohlstand einer aufstrebenden Supermacht auf dem europäischen Kontinent.
Gleich von Beginn an zielte es mit seinen zunächst 24.000 qm Verkaufsfläche auf die gehobene Kundschaft in dem damals noch eigenständigen Ort Charlottenburg vor den Toren Berlins. Der Standort am Wittenbergplatz war schlau gewählt, denn erst 5 Jahre zuvor war hier eine Station der neuen U-Bahnlinie entstanden.
Der erste Weltkrieg bereitete der großen Euphorie ein jähes Ende. Dennoch konnte sich das KaDeWe auch in den 20er Jahren auf Grund seines guten Rufes behaupten. 1926 verkaufte Jandorf alle seine insgesamt sieben Warenhäuser an seinen Konkurrenten Hermann Tietz, der wiederum im Jahre 1934 auf Druck der Nationalsozialisten seine Warenhäuser für einen Bruchteil des Wertes verkaufen musste.
Der neue (arische) Eigentümer der jetzt HERTIE (aus Hermann Tietz) genannten Firmengruppe wurde Georg Karg, der ehemalige Prokurist des KaDeWe. Im Kriegsjahr 1943 zerstört, wurde es 1950 teilweise wiederaufgebaut und über die Jahrzehnte immer erweitert.
Seit 2015 ist das Haus im Besitz der italienischen Warenhauskette La Rinascente, die wiederum zur thailändischen CENTRAL GROUP gehört.
Seit 2016 wird das KaDeWe mit einem Budget von 180 Millionen Euro grundsaniert und in 4 Segmente aufgeteilt. Die Ausführung übernahm der niederländische Star-Architekt Rem Koolhaas.

KaDeWe 2013

Kaufhaus des Westens, 2013 -cc- Jörg Zägel

Kritik

Wie oben bereits erwähnt, haben die TV-Serien „Babylon Berlin“ und „Eldorado KaDeWe“ viel gemein.
In ihrer Ausführung und Qualität sind sie dennoch sehr unterschiedlich.
Während „Babylon“ in erster Linie eine Kriminalserie ist (mit manchmal mehreren Kriminal- Spionage- und Verschwörungsgeschichten gleichzeitig), so ist „Eldorado KaDeWe“ doch in erster Linie ein Liebesfilm, eingebunden in die Geschichte des Warenhauses.
Und genau dies ist sein Problem: Keines der beiden Themen – Warenhaus versus Liebe –  kann die Oberhand gewinnen, aber keines dieser beiden Themen ist für sich allein befriedigend ausgearbeitet.
Im Liebesdrama gibt es zwar explizite Sexszenen, die manchmal sogar an den französischen Erotikstreifen „Adèle“ („Blau ist eine warme Farbe“) erinnern, aber nie kann der Zuschauer dieser durch Gesellschaft und Konventionen unterdrückten lesbischen Liebe wirklich emotional folgen.
Immer wenn Fritzi Jandorf (eine fiktive Tochter des Warenhaus-Gründers) mit ihrer großen Liebe Hedi Kron, einer Warenhaus-Angestellten, zusammenkommt, gibt es zwar viele heiße Küsse, nackte Haut und Gestöhne, aber die Durchzeichnung ihrer Charaktere bleiben mir etwas zu oberflächlich. Zumal gleich danach wieder auf andere Geschehnisse umgeschaltet wird.
Dabei spielen beide, Lia von Blarer als Fritzi Jandorf und Valerie Stoll als Hedi Kron, diese schwierigen Rollen wirklich überzeugend.

Auch über das KaDeWe hätte ich in der Serie gerne mehr erfahren. Hier wird das Augenmerk in erster Linie auf die Hass-Liebe zwischen dem bürgerlichen KaDeWe-Prokuristen Georg Karg (Damian Thüne) und dem Sohn des Hauses, Harry Jandorf (Joel Basman) gelegt.
Und Harry selbst findet sich allzu oft in irgendwelchen halbseidenen Bordellen wieder, zugedröhnt mit Kokain.

Bar Eldorado

Bar Eldorado, 1932 -cc- Bundesarchiv

Das titelgebende „ELDORADO“ gab es wirklich, eine Transvestiten-Bar in den 20er Jahren (Martin-Luther-Str. 13), in dem Fritzi und Hedi in der TV-Serie ihre lesbische Liebe offen zeigen können.
Das Tanzlokal „Moka Effti“ (damals Ecke Friedrichstraße/ Leipzigerstraße) in „Babylon Berlin“ versprüht dabei aber deutlich mehr Glanz.

Beide Serien zeigen ausgiebig die ärmlichen Verhältnisse in der Weimarer Republik, in der viele noch nicht einmal genug zu essen hatten, geschweige denn eine anständige Wohnung. Hedi Kron muss sich dazu noch um ihre behinderte Schwester Mücke kümmern, die mit dem Down-Syndrom geboren wurde.
Dass die Kamera allerdings manchmal (aus Versehen?) Straßenszenen mit Autos und Menschen aus der Jetzt-Zeit einfängt, ist nicht zu verzeihen.
Hier hat es offensichtlich an ausreichend Budget gemangelt, um die Bilder digital nachzubearbeiten. In einem Interview behauptete Regisseurin Julia von Heinz zwar, sie hätte das absichtlich gemacht, mich aber überzeugt das nicht.
Gerade in diesem Punkt ist die Technik bei „Babylon Berlin“ um einiges besser. Hier fühlt man sich wahrlich in die 1920er Jahre zurückversetzt, die Szenen sind perfekt auf Vergangenheit gestaltet und inszeniert.

Etwas Positives zum Schluss: Gut gefallen hat mir bei „Eldorado KaDeWe“ die Entwicklung der Fritzi Jandorf (Lia von Blarer) von einer zunächst unsicheren, jungen Frau, die noch nicht weiß, wohin sie gesellschaftlich und sexuell möchte, zu einer selbstbewussten, starken Persönlichkeit, die sich auch im Beruf durchsetzen kann. Ihr Outfit am Schluss, grauer Herrenanzug mit weißer Bluse, Krawatte und kurzer Bob-Frisur, ist auch optisch einfach klasse!

Fazit: Auch wenn mir „Babylon Berlin“ deutlich besser gefallen hat, so ist „Eldorado KaDeWe“ durchaus sehenswert.
Und von den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts kann man ja gar nicht genug bekommen…

„Eldorado KaDeWe“ von Julia von Heinz
Eine Koproduktion der ARD/ Degeto mit der Constantin Film (Oilver Berben) und der UFA in Babelsberg
Mit: Lia von Blarer (Fritzi Jandorf), Valerie Stoll (Hedi Kron), Joel Basman (Harry Jandorf), Damian Thüne (Georg Karg), Jörg Pose (Adolf Jandorf), Victoria Trauttmansdorff (Cordula Jandorf), Neele Buchholz (Mücke Kron), Christine Grant (Erica), Oliver Polak (Hermann Tietz)

Weiter zu sehen in der ARD Mediathek

Bilderserie mit 20 Fotos der Produktion (Fotos: Dávid Lukács):

„Eldorado Berlin“ @ ARD/ Degeto/ Constantin Film, UFA, Photo: Dávid Lukács

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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