Die Götterdämmerung der Angela Merkel

Angela Merkel tritt vor die Presse am 24.03.2021

Die Götterdämmerung der Angela Merkel

 

Von Holger Jacobs

25.03.2021

Eine missratene Ministerpräsidenten-Konferenz mit einer überforderten Kanzlerin führt zu noch mehr Corona-Chaos in Deutschland

Das hat es in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende des Krieges noch nie gegeben: Dass eine amtierende Kanzlerin / Kanzler einen Fehler eingesteht und sich dafür öffentlich entschuldigt.

Wenn überhaupt ist ähnliches nur einmal, 1974, passiert, als Willy Brandt, damals amtierender Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, die Spionage-Affäre um Günter Guillaume auf seine Kappe nahm und von seinem Amt zurücktrat.
Zur Erinnerung: Günter Guillaume hatte sich als einer der engsten Berater des Bundeskanzlers Willy Brandt in dessen unmittelbare Nähe eingeschleust, obwohl er ein Agent der Staatsicherheit der DDR war. Brandt hatte sich von ihm täuschen lassen. Deshalb dankte er als Kanzler ab.

Auch im Bundestag wurde am Mittwoch der Ruf nach der Vertrauensfrage der Kanzlerin gestellt, was sie aber prompt zurückwies.

Was war passiert?

Am Montagmittag gegen 14.00 Uhr begann im Kanzleramt der 19. Bund-Länder-Gipfel, um für die nächsten Wochen einen Fahrplan gegen die Ausbreitung des Corona-Virus zu organisieren.
Physisch anwesend waren neben der Kanzlerin wie fast immer Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (hat ja nur wenige Hundert Meter zu gehen) und der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (will sich so oft wie möglich zeigen, da er Kanzlerkandidat der CDU/ CSU im nächsten Bundestagswahlkampf werden will).
Alle anderen wurden per Videobild zugeschaltet.

Zunächst wurden diejenigen Punkte besprochen und abgesegnet, die im Vorfeld durch die Beschlussvorlage schon bekannt waren:
Verlängerung aller bereits bei der letzten MPK beschlossenen Maßnahmen (Öffnungen der Schulen, Geschäfte und Museen ab einer Inzidenz von unter 50, Aufhebung aller Lockerungen wieder bei einer Inzidenz vor mehr als 100.

Da die Inzidenz am Montag aber bereits bundesweit bei 108 lag, muss also ab dem 29. März (Beginn der Maßnahmen dieses Gipfels) wieder alles schließen, was zaghaft ein paar Wochen vorher geöffnet wurde – was eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 18. März bedeutet.

Danach gab es noch einen längeren Streit um die neuen Urlaubsregelungen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, Meglenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Niedersachsens Ministerpräsident Hubert Heil regten an, zumindest die Bürger des eigenen Bundeslandes in Ferienwohnungen und Campinganlagen reisen lassen zu dürfen.
Doch die anderen MP’s, einschließlich der Kanzlerin, wiesen diesen Vorschlag zurück. Es würde dabei zu einer zu großen Mobilität kommen und unvorhergesehene Begegnungen mit anderen Urlaubern wäre nicht auszuschließen.
Demgegenüber wurde beschlossen zu prüfen, ob und wie man die zahlreichen Touristenreisen nach Mallorca stoppen könnte.

Um 17.30 Uhr wurde eine Pause vereinbart.
Sie sollte eigentlich nur eine eine Viertel Stunde dauern. Alle warteten vor ihren Bildschirmen, aber erst 3 Stunden später, um 20.30 Uhr, tauchte die Kanzlerin wieder vor ihrem Monitor auf und verkündete, man wolle nun, um die Infektionswelle zu brechen, ganze 5 Tage lang um Ostern herum einen kompletten Lockdown durchsetzen – eine sogenannte „Osterruhe“.

Alle 16 Ministerpräsidenten waren zunächst ziemlich verwundert, hatten sie davon im Vorfeld doch noch nichts gehört.

Angela Merkel muss in dieser 3-stündigen Pause wohl mit verschiedenen Beratern, Kabinettsmitglieder und dem Kanzleramt gesprochen und mit ihnen diesen Plan ausgeheckt haben.
Bis um 2.00 Uhr morgens wurde dann darüber debattiert, ob dies denn rechtlich überhaupt möglich sei. Die Kanzlerin meinte ja, im übrigen würde Sie sich am nächsten Tag nochmals genauer und weitreichender darüber informieren.

Um 2.30 Uhr traten Merkel, Müller und Söder dann vor die Kameras und verkündeten diese Maßnahmen.
Als am nächsten Tag weitergehende Untersuchungen zum gewünschten Osterruhetag am Gründonnerstag gemacht wurden, stellte sich aber heraus, dass dies aus ganz verschiedenen Gründen gar nicht durchführbar ist.
Daraufhin trommelte die Kanzlerin am Mittwoch morgen noch einmal alle Ministerpräsidenten zusammen und verkündete, dass sie die Osterruhetage wieder zurücknehmen müsse.
Um 12.00 Uhr am Mittwoch trat Angela Merkel dann im Kanzleramt vor die Kameras und entschuldigte sich öffentlich für ihren Fehler.

Vom Corona-Meister zum Corona-Deppen

Im letzten Jahr zur ersten Corona-Welle war Deutschland von allen europäischen Ländern bewundert worden.
Wir hatten die niedrigsten Infektions- und Todeszahlen, die Bürger blieben alle diszipliniert zu Hause und die Intensivplätze in den Krankenhäusern waren nicht überlastet (anders als z.B. in Frankreich, Spanien und Italien).
Restaurants und Geschäfte durften dann ab Mai 2020 wieder öffnen, Museen und Galerien konnten ihre Kunst zeigen.
Auch der Beginn der 2. Welle Anfang Novemer 2020 wurde noch ganz gut gemanagt.
Alle begriffen, dass es noch einmal ernst werden würde.

Zu wenig Impfstoffe

Doch kaum war die Jahreswende in größtmöglicher Zurückhaltung und Enthaltsamkeit geschafft, begann mit dem Start der Impfungen Ende Dezember 2020 das allgemeine Corona-Chaos.

Schnell stellte sich nämlich heraus, dass viel zu wenig Impfdosen von der EU bestellt worden waren. Zahlreiche Impfstationen, die schon im Laufe des Dezembers in ganz Deutschland aufgebaut wurden, blieben leer oder waren nur zu einem Teil ausgelastet.
Heute, nach 3 Monaten, sind gerade mal 11 Millionen Bürger geimpft worden. Das heißt, um mindestens 60 Millionen Deutsche zu impfen (d.h. ¾ der 82 Millionen Einwohner) bräuchte man bis Dezember 2021.
Die Kanzlerin hatte aber wiederholt behauptet, bis Ende September wären wir alle geimpft?

Zu wenig Tests

Die zweite Strategie, das Testen, welches laut Minister Spahn bereits ab Anfang März 2021 für alle kostenlos einmal die Woche geschehen sollte, läßt sich ebenfalls nicht umsetzen, weil auch hier zu wenig Testpackungen bestellt wurden.
Dieses Mal ist nicht die EU schult, sondern der Gesundheitsminister Jens Spahn selbst, der nicht genug Tests eingekauft hat.
Größte Schmach für ihn:
Selbst bei ALDI konnte man plötzlich Corona-Antigen-Tests kaufen.
Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, erklärte am Donnerstag in ihrer Regierungserklärung, sie wolle nun selbst für ihr Bundesland die nötigen Tests sorgen, auf den Bund könnte man sich nicht mehr verlassen.

Hinzu kommt, dass Jens Spahns Ehemann, Daniel Funke, sich wohl an der Vergabe von Maskenherstellung bereichert haben soll.
Ähnlich, wie bereits der Sohn von Armin Laschet, die CDU-Abgeordneten Georg Nüßlein, Nikolas Löbel, Mark Hauptmann (haben mittlerweile alle ihr Amt niedergelegt) und der CSU Finanzminister Alfred Sauter.
Und das ist nur die Spitze.
6-stellige Summen sollen geflossen sein…
Das Ganze erinnert an den Spendenskandal der Union aus dem Jahre 2001.
Wodurch Angela Merkel übrigens erst zur Vorsitzenden der CDU und damit zur späteren Kanzlerin wurde.

Jens Spahns Mismanagement

Weiterhin stellte sich heraus, dass sich Gesundheitsminister Spahn bereits bei der Bestellung von Hygiene-Masken im letzten Jahr übers Ohr hauen ließ.
Sein Ministerium hatte Masken bei der Schweizer Firma Emix für 6 Euro eingekauft, auf dem freien Markt bezahlt man aber nur 1 Euro.
Die Differenz, mehrere Milliarden, zahlen nun wir, die Steuerzahler.

Ergebnis:
Die Umfragewerte der CDU fielen in den Keller.
Während die Forschungsinstitute die Union Mitte des letzten Jahres noch bei 36 % sahen, sind sie jetzt auf 26 % abgestürzt.
Die Grünen liegen dafür wieder bei 22 %. Tendenz steigend.
Heute erklärte der mögliche Spitzenkandidat der Grünen, Robert Habeck, er würde am liebsten nach der Bundestagswahl ein Bündnis mit der SPD eingehen.

Noch gibt es links der Mitte noch keine Mehrheit – noch.
Es wäre dann die erste Bundesregierung, bei der nach 16 Jahren keine CDU mehr beteiligt wäre…

 

 

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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