Krypto-Kunst: der neue Markt mit Millionen Gewinn

Krypto-Art by Beeple and Aeforio © kultur24.berlin

Krypto-Kunst: der neue Markt mit Millionen Gewinn

 

Von Holger Jacobs

13.02.2021

English text

Eine neue Kunstform erobert die Welt

Fast unbemerkt von der klassischen Kunstwelt hat sich eine neue Kunstform entwickelt, die sich noch vor kurzem keiner vorstellen konnte:
Werke, die nur aus Nullen und Einsern bestehen.

Erst als am Donnerstag bei Christie’s in New York ein solches Bild für 69 Millionen Dollar versteigert wurde, so viel, wie ein Picasso oder Warhol kostet, wurde auch die Allgemeinheit darauf aufmerksam.

Die Möglichkeiten in der digitalen Welt sind fast unerschöpflich. Sogar eine neue Währung ist daraus entstanden: Die Krypto-Währung.
Ein Bitcoin liegt zurzeit bei 50.000 US-Dollar.

Besonders aber in der visuellen Welt werden unglaubliche Dinge geschaffen. Virtuell Reality oder Augmented Reality erlauben Architekten Ihren Kunden die Häuser zu zeigen, so wie sie eines Tages aussehen werden, in 3D Animation. Diese Renderings (Bilder) sind mittlerweile kaum mehr von realen Fotos zu unterscheiden.
Auch die Kinowelt lebt davon. Fast alle Action Filme werden heute mit Augmented Reality realisiert. Filme wie „The Transformers“, „Avatar“ und natürlich alle „Avengers“ wären ohne diese Technik nicht möglich.

Warum dieser Hype auf dem Kunstmarkt?
Jeder Computer kann heute eine jpeg Datei öffnen und aus den Nullen und Einsen ein Bild darstellen. So wie eine jpeg Datei sind auch andere Dateien überall in der Welt auf jedem Computer zu öffnen und damit auch zu kopieren.

In der Kunst aber zählt nur das Original.

Auch die Fotografie hatte lange mit diesem Problem zu kämpfen.
Da Vergrößerungen von Negativen (oder jetzt von Dateien) in unendlicher Zahl zu realisieren sind, waren Fotografien auf dem Kunstmarkt bis in die 70er Jahre nicht viel Wert, selbst wenn der Fotograf noch so berühmt war. Nur sogenannte Vintage Prints, also Vergrößerungen, die der Meister noch selbst zu seinen Lebzeiten gemacht hatte, wurden hoch gehandelt.
Das änderte sich mit einem Schlag, als die Düsseldorfer Kunstakademie Ende der 70er Jahre ein eigenes Studienfach nur für Fotografie einführte und dieses mit den Professoren Hilla und Bernd Becher besetzte. Die aus ihrer Klasse hervorgehenden Schüler hatten eine Idee: Ihre Arbeiten mit einer Nummerierung zu versehen und nur in kleiner Stückzahl bis maximal 10 anzubieten. Mit dieser Methode konnten Künstler wie Thomas Struht, Candida Höfer, Axel Hütte und Thomas Ruff auch auf dem Kunstmarkt, selbst als Zeitgenossen, hohe Preise erzielen. Andreas Gursky, vielleicht der bekannteste und erfolgreichste unter ihnen, macht von jedem seiner Motive nur 6 Vergrößerungen – und das auch nur in einem einzigen Format.

Für die digitale Kunst war also die Frage, wie kann ich einem binären Code aus Nullen und Einsen etwas hinzufügen, dass es als Original identifiziert?
Hier kam den digitalen Künstlern die Erfindung der Krypto-Währung zugute.
Seit 2009 gibt es digitale Währungen im Netz, die nur als binärer Code existieren und nicht als real existierende Münzen angefasst oder bei sich zu Hause im Tresor gehortet werden können.
Damit ein Besitzer von Krypto-Einheiten nicht selbst seine „Coins“ unendlich vervielfältigen kann, wurden Blockchains eingeführte.
Ein Blockchain ist eine erweiterte Liste von Datensätzen, die wie in einer Kette (Chain) miteinander verbunden sind. In jedem einzelnen Block ist eine ganz bestimmte Information „eingekerbt“, z.B. wie viele „Bitcoins“ gerade im Umlauf sind.
Jeder neue Block greift nun auf die Informationen des vorhergehenden Blocks zurück. Stimmen die alten zu den neuen Informationen nicht überein, kann der neue Block nicht aufgebaut werden und ein Fehler wird signalisiert.
Damit sind in der digitalen Welt selbst nicht real existierende Güter in ihrer Menge nachweisbar.
Aber der einzelne Bitcoin selbst ist natürlich kein Original, sondern ein austauschbares Gut (austauschen = fungible, von lateinisch fungibilis).

Doch für die Kunstwelt braucht man Originale.

NFT

Um Originale in der digitalen Welt zu erzielen wurden NFT’s, sogenannte Non-Fungible-Tokens, erfunden, was übersetzt soviel heißt wie „nicht austauschbare Zeichen“.
Diese werden einer digitalen Datei hinzugefügt, wodurch sie als einzigartig gekennzeichnet wird.
Zum Schluss wird diese mit einem NTF gekennzeichneten Datei auf einer Blockchain gespeichert.
Diese einmalige Datei (auch „Nifties“ genannt) kann jetzt von einem Käufer erworben werden.

Nur so war es möglich, dass die Datei „Everydays. The First 5000 Days“ des US-amerikanischen Grafikers BEEPLE (mit richtigem Namen Mike Winkelmann) bei der Auktion des Hauses Christie’s schließlich die Rekordsumme von 69 Millionen Dollar erzielen konnte. Denn es ist ein Original.
Dieses Bild (oder besser diese Datei) von BEEPLE besteht aus 5000 Einzelbildern, welcher er seit 2007 auf Instagram gepostet hat.  Es hat eine Dateigröße von 21.000 x 21.000 Pixeln (siehe Foto).
Selbst traditionelle Auktionshäuser wie Christie’s (gehört über die Artemis-Gruppe dem französischen Milliardär Francois Pinault) haben jetzt auf Grund des Hypes beschlossen, mit der digitalen Kunst zu handeln. Bezahlt wurde die Arbeit von Beeple übrigens mit der Krypto-Währung Ether.

„Everydays: The First 5000 Days“ by Beeple, sold for 69 Million Dollar

Schon seit einiger Zeit entwickelte sich, zunächst abseits des klassischen Kunstmarktes, eine große Nachfrage nach Krypto-Kunst.
Dabei entstanden eigene Plattformen, auf denen diese gehandelt werden. Einiger der größten Plattformen heißen OPEN SEA, MARKERS PLACE oder NIFTY GATEWAY. Alle haben natürlich einen INSTAGRAM Account, auf dem man direkt mitbieten kann.

Mittlerweile werden auch andere Sammlerstücke mit dieser Technik angeboten. Zum Beispiel eine Sammlerkarte des Fußballers Robert Lewandowski vom FC Bayern. Oder sogar Musikwerke. Die kanadische Sängerin GRIMES verkaufte auf Nifty Gateway eines ihrer Musikstücke für 6 Millionen Dollar.
Und die Band KING OF LIONS bietet zurzeit ihr neues Album auf OPEN SEA an.

Welchen künstlerischen Wert hat Krypto-Kunst?

Die künstlerische Qualität dieser digitalen Arbeiten ist als klassischer Kunstliebhaber doch sehr anzweifeln.
Die gezeigten Werke ähneln den Bildern auf Kunstmessen wie z.B. der „Affordable Art Fair“, wo überwiegend Amateure ihre „Kunstwerke“ anbieten.
Von „kitschig“, über „schon oft gesehen“ bis einfach nur „schlecht“ wäre hier zu urteilen.
Bildercollagen, wie das von BEEPLE, gab es schon von zig anderen Künstlern.
Ich erinnere hier nur an die wunderbaren Collagen von Chuck Close oder die Polaroids von David Hockney, die ich deutlich besser finde (siehe Foto).

Polaroids by David Hockney © Pinterest

Aber dieses in erster Linie sehr junge Publikum, welches sich für digitale Kunst interessiert, scheint sich nicht um einen klassischen Kunstanspruch zu kümmern. Wichtig sind vielmehr eine hohe Follower-Zahl des Künstlers auf sozialen Medien und ein möglichst dekoratives Design. Deshalb finden wir viele an Mangas erinnernde Figuren oder auch Cartoons – Motive, die jeder noch aus seiner Kindheit kennt (siehe die Bildergalerie weiter unten).

Wird sich Krypto-Kunst duchsetzen?

Eigentlich ist es völlig egal, mit welcher Technik ein Kunstwerk entsteht. Entscheidend ist die Qualität.
Ob gemalt, fotografiert, gefilmt, mit Ton geformt oder am Computer generiert wird. Einzig zählt die Qualität.
Doch über Qualität streitet man sich schon so lange, wie es Kunst gibt.
Was früher von den Kunstsalons ausgeschlossen wurde, ist heute Millionen Wert.

Meine Meinung:
Auch in der Krypto-Kunst werden sich die wirklich guten Arbeiten durchsetzen. Und was heute Rekordsummen einbringt, kann morgen schon vergessen sein.
Im Wien des 18. Jahrhunderts war der Komponist Antonio Salieri der gefeierte Star und Wolfgang Amadeus Mozart kaum bekannt.
Heute kennt niemand mehr Salieri und Mozart wird neben Beethoven als der größte Komponist aller Zeiten gefeiert.
So können sich die Ansichten ändern.

Die Bildergalerie mit 11 Arbeiten, gesehen auf NIFTY GATEWAY:

Krypto-Art by Aeforio

English text:

 

Crypto art: the new market with millions in profit

 

By Holger Jacobs


02/13/2021

A new art form is conquering the world

Almost unnoticed by the classical art world, a new art form has developed that no one could imagine until recently: works that consist only of zeros and ones.
It wasn’t until yesterday when such a picture was auctioned off at Christie’s in New York for 69 million dollars, as much as a Picasso or Warhol costs, that the general public became aware of it.
The possibilities in the digital world are almost unlimited. Even a new currency has emerged from it: the Crypto Currency.
One Bitcoin is currently $ 50,000.

But especially in the visual world, incredible things are created. Virtual Reality or Augmented Reality allow architects to show their customers the houses as they will look in the future, in 3D animation. These renderings (images) can now hardly be distinguished from real photos.

The cinema world also lives from it. Almost all action movies today are made by augmented reality. Movies like „The Transformers“, „Avatar“ and of course all „Avengers“ would not be possible without this technology.

Why this hype in the art market?
Every computer today can open a jpeg file and display a picture made by the zeros and ones. Just like a jpeg file, other files can be opened and thus copied on any computer anywhere in the world.
In art, however, only the original counts.

Photography has also struggled with this problem for a long time. Since negatives (or now files) can be copied in infinite numbers, photographs were not of much value on the art market until the 1970s, no matter how famous the photographer was. Only so-called vintage prints (copies that the master had made by himself during his lifetime) were highly traded.
All of a sudden, that changed when the Düsseldorf Art Academy established a special Course of study for Photography at the end of the 1970s and nominated Hilla and Bernd Becher as professors. Their students finally had an idea: to number their work and only offer them in a small edition up to a maximum of 10. With this method, artists like Thomas Struht, Candida Höfer, Axel Hütte and Thomas Ruff were able to achieve high prices on the art market, even as contemporary artists. Andreas Gursky, perhaps the best known and most successful among them, only makes 6 copies of each of his pictures – and only in a single format.

The digital art had the same problem: How can I make a binary code of zeros and ones identified as original?
And this is where the digital artists benefited from the invention of the Crypto Currency.
Since 2009 there have been digital currencies on the net that only exist as binary code: It cannot be touched as a real coin or hided in the safe at home.
Then so called Blockchains were invented to verify the transactions of Crypto Currencies.
A Blockchain is an expanded list of data that are linked together like a chain. A very specific piece of information is „scratched“ in each individual block, for example, how many „Bitcoins“ are currently in circulation.
Each new block now uses the information from the previous block. If the old and new information do not match, the new block cannot be built and an error is signaled.
This means that even in the digital world, the amount of goods can be proven. But a single Bitcoin is of course not an original, it is exchangeable (→ fungible, from the Latin fungibilis).
But the art world needs originals!

NFT

In order to achieve originals in the digital world, so-called non-fungible tokens, NFTs, were invented. Translated: Non-exchangable-signs.
These are added to a digital file, which makes it unique.
Then, this file with the NTF (also called „Nifties“) is saved on a blockchain. The file is now available for purchase by a buyer.
In this way it was possible for the NFT file “Everydays. The First 5000 Days“ by the US graphic artist BEEPLE (real name Mike Winkelmann) at Christie’s in an online auction that lasted from February 25 to March 11, 2021, to gain the record sum of 69 million dollars. Even traditional auction houses like Christie’s (owned by the French billionaire Francois Pinault via the Artemis Group) have now decided to deal in digital art due to the hype.

„Everydays: The First 5000 Days“ by Beeple, sold for 69 Million Dollar on Thursday

The picture (or rather the file) “Everydays. The First 5000 Days “by BEEPLE consists of 5000 individual images that he has posted on Instagram since 2007. It has a file size of 21,000 x 21,000 pixels.
For some time now, there has been a great demand for crypto art outside of the classic art market. They created their own platforms on which these works are traded. Some of the largest platforms are OPEN SEA, MARKERS PLACE or NIFTY GATEWAY.
Of course, all of them have an account on INSTAGRAM, where you can bid directly.
In the meantime, other collectibles are also offered with this technology. For example, a collector’s card from soccer player Robert Lewandowski from FC Bayern. Or even musical works. Canadian singer GRIMES sold one of her pieces of music for $ 6 million on Nifty Gateway. And the band KING OF LIONS is currently offering their new album on OPEN SEA.

What is the value of Crypto Art?

If you look as an art connoisseur at the digital works on these platforms, you are certainly skeptical.
The works shown are similar to works at art fairs such as „Affordable Art Fair“, where mostly amateurs offer their „works of art“.
From “cheesy” to “already seen many times” to just “bad” would be to judge here.

Picture collages like the one from BEEPLE have been made by dozens of other artists before, but even better.
I only remember the wonderful collages by Chuck Close or the Polaroids by David Hockney (see picture below).

Polaroids by David Hockney © Pinterest

But this primarily very young audience, which is interested in digital art, does not seem to care about a classic art claim. What is much more important are many followers on social media and a design that is as decorative as possible.
That is why we find many characters or cartoons that are reminiscent of mangas or comic – motifs that everyone knows from his childhood.

Will Crypto Art prevail?

It depends on the quality.
In fact, it doesn’t really matter what technology is used to create a work of art.
Whether it‘ s painted, photographed, filmed, shaped with clay or generated on a computer.
The only thing that counts is the quality. But quality has been argued for as long as there has been art.
In the 19th century many Avantgarde art works, like the Impressionists, were excluded from Art Salons.
One hundred years later they are worth millions of Dollars.

My Opinion:
Works with high quality will prevail. And what brings in record sums today may be forgotten tomorrow.
In 18th century in Vienna the composer Antonio Salieri was the celebrated star and Wolfgang Amadeus Mozart hardly known.
Today nobody knows Salieri anymore and Mozart is celebrated alongside Beethoven as the greatest composer of all time.
So the views can change.

11 designs/ works found on NIFTY GATEWAY:

Krypto-Art by Aeforio

 

Author: Holger Jacobs

Founder & Editorial Director of kultur24.berlin ug.
Founder & Editorial Director of kultur24 TV on Youtube.
Former correspondent for fashion in Paris.
Photographer, writer and filmmaker.

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